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Wie Dresden zerstört wurde Am 25. Januar 1945 gab der britische Ministerpräsident Winston Churchill seinem Luftfahrtminister Sir Archibald Sinclair den Befehl, Städte in Mitteldeutschland anzugreifen. Der Air Chief Marshal Charles Portal hatte zunächst gezögert, weil er keinen militärischen Sinn darin sah; für Dresden zumal, der größten dieser Städte, gab es nicht einmal Zielkarten. Dennoch folgte er der Weisung des Premierministers. Am 8. Februar startete die 1. Ukrainische Front eine Großoffensive aus den Oderbrückenköpfen Steinau und Leubus. Die Rote Armee begann, die schlesische Hauptstadt Breslau einzuschließen. Am 17. Februar nahm sie Liegnitz ein. Bis zur sächsischen Landeshauptstadt Dresden waren es noch 170 Kilometer. Am 13. Februar wurde um 21.40 Uhr in Dresden Fliegeralarm gegeben. Von 22.09 bis 23.28 Uhr warfen 235 viermotorige „Lancaster“-Bomber, die entwickelt worden waren, um große Bombenmengen über weite Entfernungen zu transportieren und als Bombenteppiche beispielsweise über Wohngebieten abzuwerfen, 198 Minen-, 120 Spreng- und 205.428 Brandbomben auf die Altenstädter Innenstadt. Sie stießen kaum auf Luftabwehr, weil die Flakgeschütze im Februar an die Ostfront verlegt worden waren. Die schweren Sprengbomben („Wohnblock-Knacker“) erzeugten Druckwellen, die Dächer abdeckten, Fenster eindrückten und Brandmauern einstürzen ließen. In die so aufgerissenen Häuser regneten dann die Brandbomben, die das Mobiliar, die Dachstühle und so weiter in Brand setzten. Die dann folgenden Sprengbomben zwangen die Menschen, in den Luftschutzkellern zu bleiben und so zu ersticken oder zu verbrennen. Lösch- und Bergungstrupps wurden getroffen, Wasserleitungen zerstört, Feuerwehren vernichtet. Die Folge waren unkontrollierte Großbrände, die sich rasch zu einem nicht zu löschenden Feuersturm über eine Fläche von 15 Quadratkilometern vereinigten. Von 1.30 bis 1.45 Uhr folgte ein weiterer Angriff mit Spreng- und Brandbomben. Da die Alarmanlagen zerstört waren, konnte die Bevölkerung nicht einmal mehr gewarnt werden. Am Mittag des 14. Februar griff schließlich die 8. US-Luftflotte mit 311 B-17-Bombern („Flying Fortress“) und zirka 200 Jagdbombern vom Typ „Mustang“ an. Sie warfen schwere Sprengbomben und Container mit je 110 Stabbrandbomben auf das brennende Dresden. Einen Tag später warfen kurz vor 12 Uhr mittags 210 US-amerikanische „Fliegende Festungen“ und 141 Begleitjäger weiträumig verstreut etwa 3.700 Sprengbomben. Diese vierte Angriffswelle bleibt in vielen Berichten über die Zerstörung Dresdens merkwürdigerweise unerwähnt. Die zahlreichen Kasernen am Stadtrand Dresdens wurden ebenso wie viele Rüstungswerke verschont. Ziel war offenkundig, möglichst viele Frauen und Kinder zu töten, um die Kampfmoral der Deutschen zu erschüttern. Von nah und fern wurden Rettungskräfte in Marsch gesetzt: Feuerwehr, Soldaten, Hitlerjungen und BDM, Organisation Todt, Rotes Kreuz – sie spannten alle Kräfte an, um so viele Menschen wie möglich aus der Flammenhölle zu retten. In vielen Fällen blieb nur noch übrig, die Toten zu bergen und in Massengräbern beizusetzen. Die große Zahl war in der kurzen Zeit nicht zu bewältigen; Tausende mussten daher zwischen dem 20. Februar und dem 3. März verbrannt werden. Ihre Anzahl ist umstritten. Offiziell betrug sie 6.858. Wolfgang Schaarschmidt kommt in der neuesten, überarbeiteten Ausgabe seines überaus gründlichen Buches „Dresden 1945 – Daten, Fakten, Opfer“ zu einer höheren Zahl. Die Ermittlung der Verluste konnte durch das Kriegsende nicht abgeschlossen werden. Knapp ein Vierteljahr nach den Angriffen besetzte die Rote Armee Dresden. Die bis dahin zuverlässig geführte Verlustkartei der Vermisstennachweiszentrale ist nicht mehr vollständig erhalten. Man muss davon ausgehen, dass ein Teil davon in die Sowjetunion verbracht worden ist. In den vergangenen Jahrzehnten wurden immer wieder unterschiedliche Todeszahlen genannt. Vor Kriegsende wurden keine Zahlen veröffentlicht, auch wenn das immer wieder fälschlich behauptet wird. Während der DDR-Zeit richteten sich die genannten Zahlen nach dem Stand des Kalten Krieges. Sie schwankten zwischen „mehr als 300.000“ (Hans Loch, stellvertretender Vorsitzende des DDR-Ministerrats, 1955) und 35.000 identifizierten Leichen (Bürgermeister Berghofer 1988). Das Statistische Bundesamt im Westen, das die Gesamtverluste im Luftkrieg 1962 mit 635.000 Luftkriegstoten bezifferte, davon 570.000 deutsche Zivilisten, 32.000 ausländische Arbeiter und alliierte Kriegsgefangene, 25.000 Wehrmachtangehörige und 32.000 Angehörige von Polizei, Feuerwehr und Sicherheits- und Hilfsdienst (SHD), ging von 60.000 toten Dresdnern aus. Als der damals noch in Dresden lebende ehemalige Leiter der Abteilung Tote in der Vermisstennachweiszentrale, Hanns Voigt, der es wohl wissen musste, von 40.000 identifizierten Toten sprach und die Ansicht vertrat, insgesamt dürften 135.000 Tote ungefähr die richtige Zahl sein, wurde er von den DDR-Behörden heftig angegriffen – inzwischen hatte sich die politische Lage im Kalten Krieg offenbar verändert – und als „Nazi-Funktionär“ verleumdet, was, wie Schaarschmidt nachweist, nicht stimmt. Erwiesen hat sich, dass der lange nach Kriegsende in zwei Versionen aufgetauchte angebliche „Tagesbefehl“ des Befehlshabers der Ordnungspolizei Dresden, in dem von über 200.000 Toten die Rede war, eine plumpe Fälschung war. Eine vom damaligen Dresdner Oberbürgermeister Ingolf Roßberg eingesetzte Historikerkommission unter der Leitung des Professors Rolf-Dieter Müller vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt sollte, so der offizielle Auftrag, die Verlustzahlen so ermitteln, dass „rechtskonservativen und neonationalistischen Kreisen“ der Wind aus den Segeln genommen werde. Sie forscht nun seit mehr als fünf Jahren. Müller nannte immer mal wieder von ihm festgestellte Zahlen, die immer weiter schrumpften. Inzwischen liegt Müller bei mindestens 18.000 und höchstens 25.000. Das Ergebnis soll im Frühjahr der Öffentlichkeit übergeben werden. Wolfgang Schaarschmidt belegt seine
Forschungsergebnisse mit einer Unzahl von Quellen. Er kommt zu dem Schluss: „Im
Februar und März 1945 (sind durch) angloamerikanische Terrorangriffe mindestens
100.000 Menschen (in Dresden) getötet worden. Schätzungen von 100.000 bis 150.000
sind begründet.“
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