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Kriegsziel: Siegfrieden

 


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Der Dritte der „Großen Drei“ fehlte in Casablanca: Roosevelt und Churchill bei einem Pressetermin

Westalliierte fordern unbedingte Kapitulation
Auf der Konferenz von Casablanca einigen sich Roosevelt und Churchill auf das Kriegsziel Siegfrieden
von Wolfgang Kaufmann

Vor 70 Jahren trafen Franklin D. Roosevelt und Winston Churchill in Casablanca zusammen und einigten sich dort auf die Forderung nach der bedingungslosen Kapitulation der Achsenmächte, was die deutsche Opposition schwächte und den Widerstandswillen in Deutschland erhöhte. Des Weiteren wurde nach intensiven Beratungen der Spitzenmilitärs beider Seiten vereinbart, Europa zunächst nur vom Süden her anzugreifen, aber den Luftkrieg gegen Deutschland zu intensivieren. Die US-Amerikaner sollten tagsüber, die Briten nachts angreifen.

Nach der alliierten Landung in Nordafrika im November 1942 lag die marokkanische Hafenstadt Casablanca im direkten Einflussbereich der Westmächte. So konnten der US-Präsident Franklin D. Roosevelt und der britische Premierminister Winston Churchill dort eine Geheimkonferenz abhalten. Auf dieser Konferenz mit dem Codenamen „Symbol“ sollte in Sonderheit geklärt werden, wie die immer noch recht knappen militärischen Ressourcen der beiden angelsächsischen Staaten im Weiteren einzusetzen seien. Zu den Gesprächen, die vom 14. bis 26. Januar 1943 andauerten, war auch der russische Diktator Josef Wissarionowitsch Stalin eingeladen, dieser sagte seine Teilnahme aber mit der Begründung ab, wegen der Kämpfe um Stalingrad unabkömmlich zu sein.

Außer Churchill und Roosevelt nahmen an der Konferenz auch die „Combined Chiefs of Staff“ (CCS), der im Vorjahr gegründete gemeinsame Operations- und Planungsstab ihrer beiden Staaten, teil, darunter der Chef des US-Generalstabs, General of the Army George C. Marshal, der Oberkommandierende der US Navy, Fleet Admiral Ernest J. King, der Kommandierende General der US-Luftwaffe, General of the Army Henry H. Arnold, der Erste Seelord der Royal Navy, Admiral of the Fleet Sir Dudley Pound, der Chef des Generalstabes der britischen Armee, Field Marshal Sir Alan Brooke sowie der Marshal of the Royal Air Force Charles F. Portal. In zwei bis drei täglichen Sitzungen bemühten sich die CCS-Angehörigen um einen Konsens hinsichtlich des weiteren Vorgehens gegen Deutschland und die anderen Achsenmächte. Dabei wurden besonders zwei Optionen diskutiert: die schnelle Umsetzung der bereits ausgearbeitet vorliegenden Pläne für eine Landung an der französischen Kanalküste und der Angriff auf die Südflanke der Festung Europa vom okkupierten Nordafrika aus. Angesichts der anhaltenden U-­Bootgefahr im Atlantik, die erst wenige Monate später, im Mai 1943, gebannt werden konnte, entschied sich die Konferenz schließlich für den Vorstoß von Süden her.

Das kam Churchill ungemein entgegen, denn damit schien die Position des Empire im Nahen Osten weiter gesichert. Immerhin stand ja nun die Verdrängung der zumindest potenziell immer noch gefährlichen deutschen und italienischen Verbände aus Tunesien auf der Agenda. Für die Zeit nach der Besetzung ganz Nordafrikas war dann der Sprung nach Sizilien geplant.

Parallel zur Weiterführung des Krieges im Mittelmeerraum galt die umgehende Verbesserung der U-Bootabwehr als das Gebot der Stunde. Der Chef des Generalstabes der britischen Armee hatte eindringlich davor gewarnt, dass der Kampf trotz der alliierten Überlegenheit verlorengehen könne, wenn es nicht gelänge, die lebenswichtigen atlantischen Nachschubrouten zu sichern. Ebenso einigte man sich nunmehr auf eine Unterstützung der lokalen Partisanen- beziehungsweise Opposition in allen deutsch besetzten Gebieten.

Der in Casablanca beschlossene vorläufige Verzicht auf eine zweite Front im Westen war nicht im Sinne Stalins. Aber dafür wurde die Möglichkeit eines Separatfriedens zwischen den Westmächten und Deutschland auf Kosten der Sowjetunion ausgeschlossen. Denn erstmals wurde auf der Konferenz von Casablanca explizit und öffentlich die Forderung nach der bedingungslosen Kapitulation (unconditional surrender) der Achsenmächte erhoben.

Um insbesondere Deutschland kriegsmüde zu machen, wurde auch noch eine deutliche Intensivierung des Bombenkrieges beschlossen. Die diesbezügliche Direktive, die ganz den Intentionen des Oberbefehlshabers der britischen Bomberflotte, Sir Arthur Harris, entsprach, besagte: „Vordringliches Ziel ist die fortschreitende Zerstörung und Desorganisation des deutschen militärischen, industriellen und wirtschaftlichen Systems sowie die Untergrabung der Moral des deutschen Volkes.“ Dabei war ein konzertiertes Vorgehen geplant, das die Deutschen nicht zur Ruhe kommen lassen sollte: Die Briten sollten weiter ihre nächtlichen Flächenangriffe unternehmen, die sich vorrangig gegen die städtische Zivilbevölkerung und Infrastruktur richteten, während der 8. Luftflotte der US-Amerikaner nun die riskante Aufgabe oblag, punktuelle Tagangriffe gegen einzelne Schlüsselziele der Rüstungsindustrie im Reich zu fliegen.

Die deutsche Reaktion auf die Forderung nach einer bedingungslosen Kapitulation bestand zunächst einmal in der Ausrufung des „Totalen Krieges“ im Rahmen von Joseph Goebbels’ Sportpalastrede vom 18. Februar 1943. Und tatsächlich sorgte das Schreckgespenst der völligen Niederlage für eine Verstärkung des Widerstandswillens unter der deutschen Bevölkerung. Desgleichen wurde die Widerstandsbewegung im Reich desavouiert, da nun zu erwarten stand, dass selbst ein erfolgreicher Putsch gegen Hitler zu keinen erträglichen Friedensbedingungen mehr führen würde. Auch führten die Bombenangriffe bei vielen Bombardierten eher zu einer Trotzreaktion denn zu einer Demoralisierung. Insofern ist es wohl nicht übertrieben, die Konferenz von Casablanca als Teilmisserfolg zu werten: Der aus zu viel Vorsicht resultierende Verzicht auf eine schnelle Landung in Frankreich, die psychologisch unbedachte Entscheidung zugunsten der Bomberoffensive und die Forderung nach der unbedingten Kapitulation verlängerten den Krieg, was nicht nur unter Russen und Deutschen zahlreiche weitere Opfer forderte, sondern auch auf westalliierter Seite.
 

Quelle:
Preußische Allgemeine Zeitung / Das Ostpreußenblatt Ausgabe 02/13, 12.01.2013

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