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Deutschland im totalen Krieg: Landauf, landab zelebrieren Politiker und Medien das Ende des Völkermordens vor 70 Jahren. In allen TV-Kanälen, auf den Radiowellen, im Blätterwald und im Internetdschungel wird scharf geschossen. In dutzenden publikumswirksamen Medienformaten geht Deutschland stets aufs Neue und immer wieder der totalen Niederlage entgegen. Da zu den ersten Kriegsopfern bekanntlich die
Wahrheit zählt, lohnt ein kritischer Blick auf die „todsicheren“ Fakten, mit
denen uns ARD und ZDF, „Spiegel“ und „Bild,“ Staatsmänner und Würdenträgerinnen
bombardieren. Denn wohin man auch sieht im medialen Kriegsgebiet, fleißig wird
übernommen, was anscheinend niemand mehr hinterfragt. Auf sechs wichtige Fragen
und Themenkomplexe zum Zweiten Weltkriegs, stehen hier Antworten, die gern
verschwiegen werden. Gleichwohl beruhen sie auf anerkannten historischen Fakten. War die Sowjetunion nur ein weiteres Kriegsopfer Adolf Hitlers, als die deutsche Wehrmacht am 22. Juni 1941 zum Unternehmen Barbarossa antrat? Ein „Molodjez“, ein Prachtkerl, sei dieser Hitler, freute sich Josef Stalin kurz nach Mitternacht des 23. August 1939 im Kreml. Soeben hatte er mit dem deutschen Diktator den folgenschwersten und fürchterlichsten Pakt des 20. Jahrhunderts geschlossen. Erst das Bündnis mit Stalin ermöglichte es Adolf Hitler, in den Krieg zu ziehen. „Der Zweite Weltkrieg ist eine Konsequenz des Paktes zweier Diktatoren. Beide gemeinsam erklärten dem Frieden in Europa quasi den Krieg“, stellt der russische Historiker Dmitrij Chmelnizki fest. Seiner Meinung nach könnte man genauso gut den 23. August 1941 als Tag des Kriegsbeginns festsetzen. Während Adolf Hitler danach Polen und seine
Verbündeten bekriegte, wandte sich der rote Diktator neben Polen gegen das
Baltikum und gegen Finnland. Ein geheimes Zusatzprotokoll des
deutsch-sowjetischen Nichtangrifsspaktes hatte diese Länder zum sowjetischen
Interessengebiet erklärt. Finnland beispielsweise wurde am 30. Oktober 1939
überfallen. 400 Bomber griffen ohne vorherige Kriegserklärung Helsinki und zwei
andere Städte an. Am 22. Juni 1941 trafen also zwei federführende Täter des
Zweiten Weltkrieges aufeinander. Waren Englands verheerenden Luftangriffe auf deutsche Städte eine Antwort auf vorangegangene Einsätze der deutschen Luftwaffe? Der Britische Historiker Richard Overy setzt sich in seinem 2014 erschienen Standardwerk „Der Bombenkrieg. Europa 1939 bis 1945“ mit dieser Frage auseinander. Er weist ausdrücklich darauf hin, dass sich die deutsche Luftwaffe bis in das letzte Kriegsjahr hinein bemühte, vor allem militärisch relevante Objekte zu bombardieren. Flughäfen, Hafenanlagen, Rüstungsfabriken oder militärische Ziele im Frontgebiet zählten dazu. Auch der deutsche Angriff auf Coventry am 14. November 1940 galt einem Zentrum der britischen Rüstungsindustrie, den Rolls-Royce-Flugzeugmotorenwerken. Es kam zu den 568 zivilen Opfern, weil die 17 anvisierten Fabriken über das ganze Stadtgebiet verstreut lagen. Ganz anders die Einsatzdoktrin der englischen Royal Air Force (RAF). Overy betont, dass es ihr schon ab 1928 um den Kampf gegen die feindliche Moral ging. Somit wurde die Zivilbevölkerung zum Angriffsziel. Erst in zweiter und dritter Linie folgten Wirtschaft, Industrie und Militär. Flächenbombardierungen, Demoralisierung der Zivilbevölkerung und eine tiefe Zerrüttung der Heimatfront waren das Ziel. Diese Überlegungen wurden zur Grundlage des strategischen Denkens der RAF. Mit einem Bauauftrag für 500 Bomber im Jahre 1938 und einer Gesamtzahl von fast 2.000 Bombern ging Großbritannien daher 1939 schon in den Krieg. Von Interesse ist auch ein Blick auf die historischen Daten. Der erste britische Luftangriff gegen eine deutsche Stadt richtete sich in der Nacht zum 12. Mai 1940 gegen Mönchengladbach. Also Wochen, bevor die Luftschlacht um England begann, und zwei Tage vor dem unglücklichen Angriff der deutschen Luftwaffe auf Rotterdam. Der britische Völkerrechtsexperte und Staatssekretär im britischen Luftfahrtministerium James Molony Spaight (1877–1968) erklärte: „Wir haben angefangen, Ziele auf dem deutschen Festland zu bombardieren, bevor die Deutschen begannen, Ziele auf dem britischen Festland zu bombardieren. Das ist eine historische Tatsache.“ Handelte es sich bei den deutschen Soldaten um eine Truppe von Kriminellen und Kriegsverbrechern? „Bei vielen Journalisten – sogar bei manchen Juristen und Historikern – ist eine Karikaturvorstellung der Wehrmacht entstanden, wonach Wehrmachtrichter nur Nazijustiz betrieben und Wehrmachtsoldaten den Freibrief hatten, Verbrechen an Nichtdeutschen zu begehen“, beklagt der amerikanischer Völkerrechtler, Historiker und ehemalige Sekretär des UN-Menschenrechtsausschusses Alfred Maurice de Zayas. Insgesamt dienten in der Wehrmacht 18,2 Millionen Männer. Natürlich waren auch kriminelle Menschen darunter, die Verwerfliches taten. De Zayas, der seit 2005 als Professor für Völkerrecht an der Geneva School of Diplomacy and International Relations in der Schweiz tätig ist und sich intensiv mit der Gerichtsbarkeit der Wehrmacht auseinandergesetzt hat, stellt aber fest: „Hunderte Feldurteile belegen, dass die Gerichte Ausschreitungen deutscher Soldaten gegen die Zivilbevölkerung in besetzten Gebieten ahndeten. Auf allen Kriegsschauplätzen, in Frankreich, Griechenland, Italien, Norwegen und in der Sowjetunion sind Plünderung, Vergewaltigung und Morde an Zivilisten bestraft worden.“ Bestätigt wird diese Aussagen beispielsweise auch von ganz unerwarteter Seite: Tausende deutscher Soldaten waren von sowjetischen Gerichten in den Jahren 1943 bis 1953 wegen Kriegsverbrechen zum Tode oder zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt worden. Seit Anfang der 90er Jahre werden sie von russischen Staatsanwaltschaften in großer Zahl rehabilitiert. 5.100 Urteile erklärten die Juristen nach eingehender Untersuchung bislang für null und nichtig. Nur 730 Rehabilitierungsanträge wurden abgelehnt. Es war also kein „öffentlicher Meineid“, wie manche Wehrmachtskritiker heutzutage behaupten, als am 7. Oktober 1955 600 ehemalige Angehörige der Wehrmacht und der Waffen-SS im Lager Friedland im Landkreis Göttingen einen öffentlichen Schwur leisteten: „Vor dem deutschen Volke und den Toten der deutschen und der sowjetischen Wehrmacht schwören wir, daß wir nicht gemordet, nicht geschändet und nicht geplündert haben. Wenn wir Leid und Not über andere Menschen gebracht haben, so geschah es nach den Gesetzen des Krieges.“
Waren die Kriegsverbrechen der Roten Armee eine Reaktion auf Gräueltaten deutscher Verbände in der Sowjetunion? Als im Oktober 1944 erste Verbände der Roten Armee deutsches Reichsgebiet betraten, „hub ein Rauben, Morden, Schänden und Metzeln an, das auch neutralen Betrachtern die Vorstellung der altmongolischen Horde einflößte“, schreibt der Berliner Historiker Jörg Friedrich. Entschuldigend werde dieses Verbrechen immer wieder als Vergeltung für deutsche Untaten in der Sowjetunion gewertet. Zunächst einmal gilt festzuhalten, dass kein Verbrechen ein anderes aufwiegt. Es ist zynisch, einer vergewaltigten Frau zu erklären, dass das, was ihr angetan wurde, weniger schlimm sei, weil andere anderswo ebenfalls Unrecht begangen hätten. Der Sowjetsoldat, der raubt, vergewaltigt und mordet, begeht zweifellos im Augenblick seiner Tat ein Verbrechen. Darüber hinaus gibt es zehntausende „blutige“ Beweise, die belegen, dass die marodierenden Soldaten der Roten Armee wohl nicht von Rache, sondern von krimineller Energie getrieben waren: Sie mordeten, plünderten und schändeten ebenso in den Ländern, die sie von den Nationalsozialisten „befreiten“. Nach der Einnahme Budapests im Februar 1945 überfielen marodierende Rotarmisten sogar das Gebäude der schwedischen Gesandtschaft und vergingen sich an den Frauen darin, ungeachtet ihrer Nationalität. Ebenso wurden ukrainische, russische und weißrussischen Frauen, die aus deutscher Zwangsarbeit befreit wurden, zu ihren Opfern. „Diese „verbreiteten Vorkommnisse“, so der englische Historiker Antony Beevor in seinem Buch „Berlin 1945: Das Ende“: „führen alle Versuche ad absurdum, das Verhalten der Roten Armee mit Vergeltung für das brutale Vorgehen der Deutschen in der Sowjetunion zu rechtfertigen.“
Der Holocaust zählt zu den schrecklichsten Menschheitsverbrechen. Aber stimmt es, dass die Mehrheit der Deutschen ihn gut geheißen hat? Stimmt die Behauptung vom Tätervolk? „Das deutsche Volk hat in seiner überwiegenden Mehrheit die an Juden begangenen Verbrechen verabscheut und hat sich nicht an ihnen beteiligt“, erklärte Konrad Adenauer 1953 in einer Rede im Deutschen Bundestag. Viele Aussagen auch und gerade von Verfolgten stützen Adenauers Behauptung. Ein wichtiger Zeuge ist zum Beispiel der Romanistikprofessor Viktor Klemperer. In seinen Tagebüchern beschreibt er sein Leben und sein Leiden als verfolgter Jude. Er notiert aber auch: „Fraglos empfindet das Volk die Judenverfolgung als Sünde.“ Immer wieder ist in seinen Aufzeichnungen nachzulesen, wie mitfühlend ein Großteil der Bevölkerung auf ihn als verfemten Träger des Judensterns reagiert. Der Bayreuther Politikwissenschaftler Konrad Löw hat viele hundert ähnliche Briefe, Tagebücher und sonstige Aufzeichnungen ausgewertet („Deutsche Schuld 1933–1945?: Die ignorierten Antworten der Zeitzeugen“) und fand, dass sie meist Klemperers Aussagen bestätigen. Sein Fazit: „Wir dürfen nicht zögern, die Verbrechen des NS-Regimes als wichtigen Teil der deutschen Geschichte zu bekennen. Aber wir sollten jenen entgegentreten, die allgemein von deutscher Schuld sprechen, wenn damit gemeint ist, dass die große Mehrheit der damals lebenden Deutschen mitschuldig gewesen sei.“
Hat der Marshallplan das deutsche Wirtschaftswunder bewirkt? Wie wichtig war er für den Wiederaufbau nach dem Krieg? Das amerikanische European Recovery Program (ERP), nach dem damaligen US-Außenminister George Marshall auch Marshall-Plan genannt, wird hierzulande mit geradezu mysthischer Verklärung gesehen. Nur durch die 1,4 Milliarden Dollar, die Westdeutschland gemäß ERP erhielt, waren Wiederaufbau und Wirtschaftswunder möglich, heißt es. Bei genauerem Hinsehen allerdings wird der Mythos zum Hirngespinst. Deutschland war bei weitem nicht der größte Geldempfänger. Frankreich erhielt mit 2,8 Milliarden US-Dollar das zweifache. England bekam sogar 3,4 Milliarden. Gleichzeitig musste die damaligen Westzonen Reparationen leisten. Sachwerte in Höhe von 1,35 Milliarden US-Dollar gingen in Form von Demontagen an die Alliierten. Die Besatzungskosten hatte das Land ebenfalls zu tragen. Zudem wurden ihm als einzigem Staat die Marshall-Millionen nur als Kredit gewährt. Misst man den Hilfsgeldern tatsächlich
entscheidende Bedeutung bei, müssten andere Länder, die stärker davon
profitierten, die Folgen des Krieges noch leichter überwunden haben. Das
Gegenteil ist der Fall: Während Deutschland schon 1952 nicht mehr zu den
bedürftigen Staaten gezählt wurde, gab es in England noch bis 1954
Lebensmittelrationierungen. Keine Dollar-Millionen, sondern menschliche Tatkraft
bewirkten wohl eher den wundersamen wirtschaftlichen Wiederaufstieg. Studien
belegen zum Beispiel, dass Ostpreußen, Schlesier, Pommern, Sudetendeutsche und
andere Vertrieben bei ihrem Neustart enormes ökonomisches Potenzial freisetzten.
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