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Gibt es "Bierut-Dekrete"?
Auf den Präsidenten der tschechoslowakischen Exils-Regierung, Edvard Beneš, gehen die 142 "Beneš / Benesch-Dekrete" zurück, die am 28. März 1946 von der tschechoslowakischen Provisorischen Nationalversammlung genehmigt wurden. Einige dieser Dekrete, die die Ausbürgerung und Enteignung
von Personen deutscher oder magyarischer Volkszugehörigkeit aus der nach dem Zweiten
Weltkrieg wiedererrichteten Tschechoslowakei betreffen, sind noch in Kraft.
1. Gibt es vergleichbare Dekrete auf polnischer Seite?Niels von Redecker untersucht in seiner Studie "Die polnischen Vertreibungsdekrete und die offenen Vermögensfragen zwischen Deutschland und Polen" die 130 polnischen Verordnungen bzw. Dekrete im Zusammenhang mit der Entrechtung und Enteignung der Ostdeutschen sowie der Deutschen in Polen zwischen 1944 und 1955. Auf polnischer Seite sind diese "Rechtsakte" dokumentiert in dem:
Auf deutscher Seite sind sie aufgeführt in der
Niels von Redecker kommt zu dem Ergebnis, dass neun
Dekrete, die mit der Vertreibung der Deutschen in Zusammenhang stehen, noch in Geltung
seien. (Vgl. Redecker, Vertreibungsdekrete, S. 21.)
2. Geschichtlicher RückblickUrheber dieser polnischen Erlasse waren ja formal betrachtet mehrere Amtsträger, hinter denen die PPR (Polska Partia Robotnicza) stand, die wiederum der nationale Arm der sowjetischen Besatzungsmacht war. Die PPR (Polnische Arbeiterpartei) wurde in Polen Anfang 1942 gegründet, nachdem die KPP (Komunistyczna Partia Polski / Kommunistische Partei Polens) 1938 auf Befehl Stalins bzw. der Komintern (Kommunistische Internationale) unter Mitwirkung des in die Sowjetunion emigrierten Boleslaw Bierut aufgelöst worden war. Bierut wurde 1943 als ein Vertrauensmann Stalins in das von den Deutschen okkupierte Warschau eingeschleust. Im selben Jahr wurde Wladislaw Gomulka (Erster) Sekretär der PPR. Die "Moskowiter" (Bierut) verdrängten schließlich die "Heimatkommunisten" (Gomulka) völlig aus der Macht. Gomulka verlor letztlich auch sein Ministeramt für die "wiedergewonnenen Gebiete" (deutschen Ostgebiete), das er zunächst noch in der neuen kommunistischen Regierung (Lubliner Komitee) ausüben durfte. Im Dezember 1948 schlossen sich die PPR und die PPS
zur PZPR (Polska Zjednoczona Partia Robotnicza / Polnische Vereinigte Arbeiterpartei)
zusammen. Bis 1989 war die PZPR die kommunistische Regierungspartei der Volksrepublik
Polen.
3. Auswirkungen für die Deutschen
Stalin hatte auf der Potsdamer Konferenz behauptet, dass die deutsche Bevölkerung aus den Oder-Neiße-Gebieten "fortgegangen" sei. Um diese Behauptung glaubwürdig erscheinen zu lassen, hatte er jedoch zuvor in einem Streifen von 100 bis 200 km östlich von Oder und Neiße alle Deutschen vertreiben lassen. Nach Georg Friebe lehnte Stalin deshalb das Angebot Churchills ab, die Nachkriegskonferenz schon im Juni 1945 beginnen zu lassen, um so Zeit zu gewinnen. Da es für eine Vertreibung der Deutschen keine Legitimation
gab, wurde so kurzerhand deutsches Vermögen pauschal als "verlassen" bzw. "aufgegeben"
deklariert – auch wenn die Eigentümer noch anwesend waren. Anders verhalten sich die polnischen Verordnungen im Hinblick auf die Deutschen in Polen innerhalb der Grenzen vor dem Zweiten Weltkrieg. Diese waren wesentlich eindeutiger formuliert und beinhalteten sogar Strafverfolgungen wegen "Landesverrat".
Solche "Volksverräter" wurden z. T. als Zwangsarbeiter
in Internierungslager eingewiesen.
4. FazitZusammengefasst kann man sagen, dass die Vertreibung der "Reichsdeutschen" aus den Oder-Neiße-Gebieten im Gegensatz zu den Ausweisungen und Vertreibungen der "Volksdeutschen" aus Polen prinzipiell ohne (polnische) gesetzliche Grundlagen erfolgte; schlicht und einfach, um im Vorfeld der Potsdamer Konferenz "unauffällig" vollendete Tatsachen zu schaffen. Obgleich das begangene Unrecht der Vertreibung der
Deutschen von kommunistischen Machthabern begangen wurde, wird bis dato von offizieller
polnischer Seite nicht an diesen Tatsachen gerüttelt und keine wirkliche Versöhnung
mit den (vertriebenen) Deutschen gesucht.
5. Verwendete Literatur
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