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»Ich töte jede Nacht tausende Menschen« Im Verlauf der Combined Bomber Offensive (COB, gemeinsamen Bomber-Offensive) wurden zahlreiche deutsche Städte und Produktionsanlagen angegriffen. Dabei kam es insbesondere durch die nächtlichen Flächenbombardements der Briten zu großen Opfern unter der Zivilbevölkerung. Andererseits stießen die alliierten Piloten bei ihren zumeist völkerrechtswidrigen Attacken auf erheblichen Widerstand der Luftwaffe, die den Angreifern noch bis Anfang 1944 hohe Verluste zufügen konnte. Eines der wichtigsten Ergebnisse der Casablanca-Konferenz zwischen US-Präsident Franklin D. Roosevelt und dem britischen Premierminister Winston Churchill sowie den Spitzenmilitärs beider Mächte war die Entscheidung, den Bombenkrieg gegen Deutschland zu intensivieren. Hierzu erließen die Combined Chiefs of Staff (CCS), also die Stabschefs aller Teilstreitkräfte der USA und Großbritanniens, am 4. Februar 1943 die Direktive CCS 166/1/D. Demgemäß sollten die Amerikaner nunmehr verstärkt bei Tage „Präzisionsangriffe“ gegen die Rüstungsbetriebe des Gegners fliegen, während die Engländer ihre nächtlichen Flächenbombardements gegen deutsche Städte auszuweiten gedachten. Das vorrangige Ziel der Briten war „die Untergrabung der Moral des deutschen Volkes“. So stand es bereits in der Area Bombing Directive (General Directive No. 5 S.46368/D.C.A.S.) des Luftfahrtministeriums vom 14. Februar 1942 an Air Marshal Arthur Harris (1892–1984), den gerade neu ernannten Oberkommandierenden des Bomber Command der Royal Air Force (RAF). Er könne ab sofort ohne jede Beschränkung Angriffe durchführen lassen, um den Durchhaltewillen der Deutschen zu brechen. Und das versuchte Harris dann auch, beginnend mit dem ersten Area-Bombing-Unternehmen in der Nacht vom 28. zum 29. März 1942, in dessen Verlauf die Innenstadt von Lübeck zerstört wurde. Dass ein derartiges Vorgehen in eklatanter Weise gegen die Artikel 25 und 27 der Haager Landkriegsordnung von 1907 verstieß, die unter anderem den Angriff auf unverteidigte zivile Gebäude sowie die Zerstörung von Kulturgütern und Hospitälern verbieten, erschien dabei ohne jeden Belang. Vielmehr berauschte sich die britische Führung an immer neuen und brutaleren Phantasien. So verkündete der oberste Chef der britischen Luftwaffe, Air Chief Marshal Charles Portal (1893–1971), am 3. November 1942, man könne bis Ende 1944 gut und gerne 60 Millionen Wohnungen im Deutschen Reich zerstören und dabei 900.000 Zivilisten töten. Der Oberbefehlshaber der United Staates Army Air Forces (USAAF), General Henry H. Arnold (1886–1950), interessierte sich hingegen mehr für die ökonomischen „Flaschenhälse“ auf der gegnerischen Seite, das heißt die neuralgischen Punkte der deutschen Rüstungsindustrie. Diesbezüglich erbat er am 24. März 1943 genauere Zielinformationen von den Briten. Daraufhin tagte im Folgemonat ein anglo-amerikanisches Komitee, das einen Einsatzplan für die USAAF und die RAF im Rahmen einer bilateralen Combined Bomber Offensive verabschiedete. In der ersten Phase dieser gemeinsamen Bomber-Offensive sollten 18 Angriffe auf insgesamt 76 Ziele erfolgen, wobei die deutschen Flugzeugwerke das Primärziel darstellten. Dieser Einsatzplan wurde am 19. Mai 1943 anlässlich des Treffens von Roosevelt und Churchill in Washington von den Combined Chiefs of Staff für gut befunden. Damit war der Weg frei für eine entsprechende CCS-Direktive mit dem Decknamen „Pointblank“, was so viel heißt wie „direkt“ beziehungsweise „rundheraus“. Die Combined Bomber Offensive begann mit einem britischen Flächenangriff auf Düsseldorf in der Nacht vom 11. zum 12. Juni, der über 1.000 Menschen das Leben kostete. Die Amerikaner folgten am 13. Juni mit der Bombardierung von Kiel und Bremen. Im Rahmen der COB erfolgten alleine bis Ende 1943 weitere verheerende Nachtangriffe auf Bochum, Oberhausen, Köln, Krefeld, Mülheim an der Ruhr, Elberfeld, Gelsenkirchen, Aachen, Duisburg, Essen, Saarbrücken, Hamburg, Remscheid, Mannheim, Ludwigshafen, Nürnberg, Leverkusen, Berlin, Mönchen-Gladbach, München, Hannover, Hagen, Kassel, Leipzig und Frankfurt. Dabei kamen im Monatsdurchschnitt mindestens 8.100 deutsche Zivilisten ums Leben, wobei der Blutzoll, den Hamburg zwischen dem 24. Juli und 3. August infolge der „Operation Gomorrha“ erbringen musste, mit rund 35.000 Toten weit über diesem Durchschnitt lag; zudem wurden 277.000 Wohnungen, 24 Krankenhäuser und 58 Kirchen zerstört. Der Angriff auf Hamburg war nicht zuletzt deshalb so verlustreich, weil hier die USAAF und die RAF ausnahmsweise einmal eine konzertierte Aktion durchführten, denn ansonsten wollte sich Harris unter kein gemeinsames Kommando stellen. Anfänglich standen die Deutschen den Angriffen noch nicht wehrlos gegenüber. Aufgrund der Tatsache, dass das Dritte Reich im Sommer 1943 über 1.000 Abfangjäger aufbieten konnte und jeden Monat noch einmal genauso viele Maschinen vom Band liefen, entspannen sich ab August heftige und verlustreiche Luftkämpfe über dem Reichsgebiet. So wurden schon beim ersten Angriff der USAAF auf die Kugellagerwerke von Schweinfurt 60 Bomber abgeschossen, das waren immerhin 16 Prozent der eingesetzten Flugzeuge. Die Quote stieg dann bis zum 14. Oktober noch auf demoralisierende 26 Prozent. An jenem „Schwarzen Donnerstag“ verlor die 8. US-Luftflotte 77 von 291 Bombern – weitere 121 wurden beschädigt. Ursächlich verantwortlich hierfür war das Fehlen leistungsstarker Langstreckenbegleitjäger, wie sie dann ab 1944 allerdings mit der Republic P 47 „Thunderbolt“ und der North American P 51 „Mustang“ zur Verfügung standen. Und auch die Briten bezahlten ihre Nachtangriffe auf die Arbeiterviertel und Innenstädte 1943 noch recht teuer. Im Jahresverlauf mussten sie 13.000 Maschinen und annähernd genauso viele Besatzungsmitglieder abschreiben. Insofern war es mehr als doppeldeutig, wenn Harris zu dieser Zeit gegenüber einem Polizisten, der ihn um mehr Vorsicht im Straßenverkehr gebeten hatte, äußerte: „Junger Mann, ich töte jede Nacht tausende Menschen!“ Das Kräfteverhältnis änderte sich erst im Februar 1944 deutlich. In jenem Monat verlor die Luftwaffe 1217 Jagdflugzeuge, insbesondere während der „Big Week“ vom 20. bis 25., in der die Alliierten 3.800 Maschinen einsetzten, was durch eine Vervierfachung der Produktion möglich wurde. Dadurch entstand endlich die von den Anglo-Amerikanern erstrebte Luftüberlegenheit, die als zwingende Voraussetzung für die Landung in der Normandie galt.
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