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Eine Feier in preußischer Bescheidenheit Etwa 200 geladene Gäste kamen zusammen, um im Herzen Berlins das 60-jährige Bestehen dieser Zeitung zu feiern. Einmal mehr wurden die ostpreußischen Wurzeln sichtbar, aus denen in den zurückliegenden Jahren die breit aufgestellte Preußische Allgemeine Zeitung hervorgegangen ist. In feierlicher, aber auch preußisch-nüchterner Stimmung hat die Herausgeberin dieser Zeitung, die Landsmannschaft Ostpreußen, das 60-jährige Bestehen der aus dem Ostpreußenblatt hervorgegangenen Preußischen Allgemeinen Zeitung gefeiert. Gäste aus dem In- und Ausland diskutierten über die Geschichte und Zukunft des Blattes, vor allem aber über gesellschaftliche und allgemeinpolitische Herausforderungen der Bundesrepublik Deutschland, die ja seit vielen Jahren nicht weniger intensiv im Fokus der Berichterstattung dieser Zeitung stehen als das „Ur-Anliegen“ der Gerechtigkeit für Ostpreußen. Musikalisch umrahmt vom Cellistenduo David Drost
und Rouven Schirmer von den Berliner Cellharmonikern wechselte der Fokus mehrfach
von übergreifend-konservativen Anliegen mit teilweise gesamteuropäischer Größe zu
ganz spezifisch Ostpreußischem. Wie weit dabei der übernationale Ansatz gediehen
ist, zeigte die Anwesenheit eines Vertreters der russischen Botschaft, aber auch
das schriftliche Grußwort des litauischen Botschafters.
Ein Grußwort von Bayerns Ministerpräsident Horst
Seehofer verlas LO-Schatzmeister Friedrich-Wilhelm Böld in Vertretung von Ministerialdirektor
Paul Hansel. Hansel war wie 60 weitere Gäste wegen des Vulkanasche-bedingten Ausfalls
fast sämtlicher Flüge in Deutschland verhindert.
Zu denjenigen internationalen Gästen, die trotz solcher Hindernisse den Weg nach Berlin geschafft hatten, gehörte Dr. Massimiliano Lacota, der Generalsekretär der Europäischen Union der Flüchtlinge und Vertriebenen (EUFV). In exzellentem Deutsch würdigte der Rechtsanwalt den besonderen Rang der Preußischen Allgemeinen unter allen Periodika mit Bezug zur Vertriebenenproblematik. Der Entwicklungsvorgang Europas seit dem Ende des Kalten Krieges sei „bislang unvollendet geblieben. Er hat bisher noch nicht die erforderliche Energie und Sicherheit hervorgebracht, um seinen Zyklus zu vollenden. Denn es fehlt in diesem verzweigten und transversalen Szenario der Wiederherstellung von Recht und Legalität in den Ländern, die sich entlang dem heute imaginären und anachronistischen Eisernen Vorhang anordnen, die vorbehaltlose, auch moralische Anerkennung des Unrechts und des Raubs an Millionen europäischer Bürger – wie Finnen, Estländer, Letten, Litauer, Polen, Ukrainer, Deutsche, Italiener, Ungarn und viele weitere zwischen Ostsee, Kaukasus und Mittelmeer.“ Auf das von ihnen erlittene Unrecht sei „ein Schweigen gefolgt, das heute noch andauert und das wir nur als unerträglich bezeichnen können“. Doch Lacota machte den Zuhörern Mut: „Glauben Sie mir, die Gerechtigkeit siegt – Gott sei Dank – immer. Über jeden Missbrauch von Macht, über jeden Versuch, über andere Gewalt auszuüben, und über jedes Unrecht“, schloss er seine Ausführungen unter viel Applaus. Für seine
Forschungen zur ostpreußischen Gütergeschichte
wurde der Historiker Dr. Wulf D. Wagner der mit rund 7000 Euro dotierte
Gierschke-Dornburg-Preis
verliehen. Die Laudatio durch LO-Vize Wolfgang Thüne und
Wagners Dankesworte dokumentieren
wir ausführlicher in der kommenden Ausgabe dieser Zeitung.
Unter der Überschrift „60 Jahre für Deutschland: Die Preußische Allgemeine Zeitung – Rückblick und Ausblick“, zeichnete der Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, Wilhelm v. Gottberg, den nicht immer einfachen Weg vom 1950 gegründeten Ostpreußenblatt zur heutigen Preußischen Allgemeinen Zeitung nach. Entscheidend für das Überleben der Zeitung, das sei schon in den 90er Jahren klar geworden, war die Erschließung neuer Lesergruppen, denn: „Die weltweite Ostpreußenfamilie war erschreckend geschrumpft.“ Eine der Maßnahmen dafür war die Änderung des Zeitungstitels, hinzu kamen weitere Modernisierungen von der Redaktionstechnik über die Themenpalette bis zur Internetpräsenz. Dem Dreiklang von Freiheit, Recht und Frieden sei und bleibe die Zeutung „bindend verpflichtet“. Der Religionsphilosoph Harald Seubert nahm diese „preußische“ Wertetrias in seinem Festvortrag „Jenseits der Schweigespirale: Publizistik und Freiheit in Vergangenheit und Gegenwart“ spontan auf, denn sie korrespondiere mit der Trias von Publizität, Sittlichkeit und Wahrheit, die seinem vielfach von Applaus unterbrochenen Vortrag zugrunde lag. Temperamentvoll spannte Seubert einen weiten Bogen von Sokrates’ „Höhlengleichnis“ über die Rechtsphilosophie Immanuel Kants zu heutigen Problemen in der res publica der Deutschen, der wenig so sehr fehle wie eine konsequent der Wahrheit und Sittlichkeit verpflichtete politische Publizistik. Begeisterte Reaktionen zeigten, dass dieser anspruchsvolle Vortrag zum Glanzlicht der Feier wurde. Der guten Stimmung tat die flugtechnisch bedingte
Abwesenheit mehrerer prominenter Gäste keinen Abbruch. In preußischer Bescheidenheit
hatten die Veranstalter es zudem vorgezogen, über die Erfolge dieser Zeitung in
der letzten Zeit (noch) kaum zu sprechen. Auch die Macher des Blattes nahmen sich
weit zurück und blieben in Berlin fast ebenso unsichtbar wie die neuen Lesergruppen,
die das Blatt schon seit Jahren erobert hat: In Berlin feierte vor allem die traditionelle
„Ostpreußenfamilie“, auch wenn etwa die Hälfte der PAZ-Abbonnements erst seit 1993
begann. Die Masse der neuen Leser findet inzwischen im Internet zur Preußischen
Allgemeinen Zeitung – da bleibt genug Stoff für das nächste Jubiläum.
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