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Grundrecht auf Meinungsfreiheit unter Druck Eine Podiumsdiskussion, moderiert vom früheren LO-Geschäftsführer Rolf-Dieter Carl, bildete den Abschluss der Jubiläumsveranstaltung am vergangenen Sonnabend. In seiner einleitenden Stellungnahme zitierte Carl den Grundgesetzartikel 5 über die Meinungsfreiheit und warf die Frage auf, welche Einschränkungen hier schon bestünden, aber auch, ob der Umgang bestimmter Medien mit der Privatsphäre von Politikern immer von der Meinungsfreiheit gedeckt sei. LO-Vize Wolfgang Thüne warf ein, dass der Begriff „Meinungsfreiheit“ doppelt verstanden werden könne: „Meine ich, frei zu sein, oder habe ich das Recht, meine Meinung zu sagen.“ Letzteres erfordere immer öfter Mut, um gegen eine vermeintliche Mehrheitsmeinung, die aber oft nur die veröffentlichte Meinung sei, zu sprechen. Der Rechtsanwalt Michael Steiner ergänzte, im „geschützten Raum“ sei fast jeder zur „Individualisierung“ seiner öffentlich geäußerten Positionen in der Lage. Im öffentlichen Raum dagegen stünden vom „Mainstream“ deutlich abweichende Meinungen, und seien sie noch so klar begründet, schnell unter dem Verdikt der Dummheit oder zumindest der gesellschaftspolitischen Missbilligung. Professor Konrad Löw erinnerte daran, dass das Bundesverfassungsgericht selbst den überragenden Rang der Meinungsfreiheit als primärem Freiheitsrecht eindringlich betont habe − sogar so sehr, dass es gesetzliche Einschränkungen der Meinungsfreiheit, wie sie das Grundgesetz selbst punktuell ermögliche, wieder unter den Vorbehalt der Kontrolle des Verfassungsgerichts gestellt habe. Dennoch gebe es Einschränkungen, etwa die Verschärfung des Paragraphen 130 („Volksverhetzung“), der die Auschwitzlüge unter Strafe stelle. Kritik daran komme aber keineswegs nur „aus der ganz rechten Ecke“, sondern beispielsweise von US-amerikanischen Juristen mit ganz anderem politischen Standpunkt. Es sei aus seiner Sicht eine plausible Position, die mit der Neufassung dieses Paragraphen unter Strafe gestellten Meinungen gleichsam mit ihren Trägern „aussterben“ zu lassen und als „unbeachtliche Mindermeinung“ nicht weiter zu thematisieren. Thüne zitierte einen anerkannt brillanten US-amerikanischen Journalisten, der wegen Ansichten, die dem Mainstream zuwiderliefen, ab einem gewissen Zeitpunkt konsequent ignoriert wurde und faktisch nicht mehr publizieren konnte. Er zog sich schließlich aus seinem Beruf zurück, mit einem bewegenden Abschiedsbrief, in dem er klagte: „Es gab eine Zeit, wo die Feder einflussreicher war als das Schwert.“ Ihm selbst, so Thüne, sei es als jungem Meterologen im ZDF ähnlich ergangen, als er auch noch nach Unterzeichnung der Brandtschen Ostverträge in seinem Wetterbericht bei entsprechendem Anlass immer wieder von „Schlesien“ und „Ostpreußen“ sprach: „Die Maulkörbe waren Legion.“ Auch die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ drucke bestimmte Leserbriefe nicht mehr und er frage sich, von wem sie da beeinflusst werde. Steiner verwies auf den grundlegenden Unterschied, ob eine Meinung keine Mehrheit finde oder ob sie nicht geäußert werden könne. Er habe als Kind und Jugendlicher einen „gerechten und zuhörenden Vater“ gehabt und zuhause im Grunde jede Meinung vertreten dürfen. Später im Beruf und im öffentlichen Leben habe er dann andere Erfahrungen machen müssen, aber eher mit sozialer Kontrolle als mit direkten Verboten. Sein Fazit: „Noch darf man in Deutschland fast alles sagen, aber in den Medien kommt vieles nicht mehr durch.“ Thüne verwies darauf, dass in seinem Bereich der Meteorologie die Meinungsfreiheit bereits mit anderen Mitteln beschränkt würde. Von einer Organisation wie Greenpeace, kämen kaum verhüllte Drohungen, gegen diejenigen, die die Mehrheitsmeinung beim Thema „Erderwärmung“ bezweifelten: „Wir brauchen Klima-Outlaws. Wir wissen, wer ihr seid und wo ihr wohnt, ihr seid wenige, wir sind viele.“ Konrad Löw erinnerte an den in Berlin lebenden Historiker Ernst Nolte, der wegen seiner Thesen über die Beeinflussung Hitlers durch Stalin kaum mehr auftreten könne, ja sogar kaum noch zitiert werde: „Man wird einsam, wenn man seiner Überzeugung treu bleibt.“ Steiner verwies darauf, dass die Meinungsfreiheit nicht nur von gesellschaftspolitischer Seite unter Druck geraten könne. Manche Chefredakteure würden Mindermeinungen auch deswegen nicht bringen, weil sie befürchteten, dass die Kunden sie nicht lesen wollten.
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