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Das »Zentrum« wird größer Nach langem Tauziehen haben Politiker von Union und FDP mit dem BdV einen Kompromiss für die Zukunft des Vertriebenenzentrums gefunden. Erika Steinbach hat wesentliche Ziele durchgesetzt. Nach langem Hin und Her war am Donnerstag vergangener Woche endlich die Kuh vom Eis: Die schwarz-gelbe Bundesregierung, genauer die Fraktionschefs im Bundestag, erfüllten einen großen Teil der von BdV-Präsidentin Erika Steinbach gestellten Bedingungen für deren Verzicht auf eine Berufung in den Stiftungsrat des geplanten Dokumentationszentrums. So wird dessen Ausstellungsfläche um ein Drittel von 2.250 um 750 Quadratmeter vergrößert, außerdem bekommt der BdV künftig sechs statt drei Sitze im Stiftungsrat. Allerdings wird das Gremium insgesamt von 13 auf 21 Sitze vergrößert, so dass der relative Gewinn geringer ausfällt. Wie vom BdV vorgeschlagen, werden zudem wichtige Unterlagen aus dem Lastenausgleichsarchiv in Bayreuth in digitalisierter Form erschlossen und in die geplante Dauerausstellung integriert. Zu einer Prestigefrage für die FDP war der Streitpunkt geworden, wer denn in Zukunft das letzte Wort bei der Berufung der von den beteiligten Verbänden benannten Persönlichkeiten in den Stiftungsrat haben solle. Bisher war dies die Bundesregierung. Der BdV hatte gefordert, den betroffenen Verbänden das Benennungsrecht zu überlassen, doch dies war für Guido Westerwelle, der in dieser Frage offen die Interessen Polens vertritt, nicht akzeptabel. Nun einigte man sich darauf, dass hier künftig der Deutsche Bundestag das letzte Wort hat. Die Sorge, dass die FDP dann zusammen mit SPD, Grünen und Linken weiterhin jeden ihr nicht genehmen Vertreter der Vertriebenen ablehnen könnte, ist naheliegend, aber zumindest für die nähere Zukunft wohl nicht akut. Frau Steinbach verzichtet ja nun ohnehin, und eine peinliche Mehrheitssuche für jeden einzelnen Schlesier oder Ostpreußen, ob er gnädigerweise im Vertriebenenzentrum ein klitzekleines Wörtchen mitreden dürfe, ist wohl auch danach nicht zu erwarten: Der Bundestag soll nämlich nicht einzeln über jeden Kandidaten abstimmen, sondern „en bloc“ über die gesamte Liste. Dass dies im Vorfeld zu entsprechenden Absprachen führen kann, ist wahr, bestätigt aber nur den tatsächlichen Umgang der politischen Klasse der Bundesrepublik Deutschland mit den Millionen Vertriebenen, den die „Frankfurter Allgemeine“ ein „deutsches Trauerspiel“ nennt. Dennoch kann die Benennung durch den Bundestag eine Aufwertung sowohl des Zentrums selbst als auch des BdV bewirken. Politische Gegner der Vertriebenen wie etwa Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) stöhnen denn auch über den gefundenen Kompromiss. Er beklagte „Steinbachs halb erfolgreichen Erpressungsversuch“. Das Ergebnis beschädige „hochgradig“ die „Stiftungsidee ... Versöhnung mit unseren östlichen Nachbarn“. Respektabel Der monatelange Streit zwischen einzelnen Regierungsmitgliedern – zu nennen ist hier vorrangig der Außenminister – und den Gremien des Bundes der Vertriebenen (BdV) wegen des Mitwirkens der BdV-Präsidentin im Rat der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ ist vom Tisch. Ermöglicht wurde dies durch die Entscheidung Steinbachs, ihre einstimmige Nominierung zum Stiftungsratsmitglied nicht wahrzunehmen. Damit gab sie ein vorbildliches Zeichen für die politische Klasse dieser Republik, politischen Streit durch Hintanstellen der eigenen Person auszuräumen. Wir zollen ihr Dank und Anerkennung. Verständlich, dass der BdV für die Zurückziehung seiner Spitzenrepräsentantin Kompensation gefordert und durchgesetzt hat. Der Einfluss des BdV im Stiftungsrat der Vertriebenenstiftung wurde signifikant verbessert. Über 30 Prozent der Stiftungsratsmitglieder werden zukünftig vom BdV entsandt. Es gelang, die Gesamtgröße der Dokumentationsstätte auf 3000 m2 zu vergrößern. Größe für sich alleine ist noch kein Qualitätsmerkmal. Da aber auch Vertreibungen in anderen europäischen Ländern dokumentiert werden sollen, ist durch die Erweiterung gewährleistet, dass für die Vertreibung der Deutschen – von der Dimension her einmalig in der Menschheitsgeschichte – genügend Darstellungsraum vorhanden ist. Auch das Vetorecht der Bundesregierung zur Bestimmung der Stiftungsratsmitglieder wurde beseitigt. Nunmehr hat der Deutsche Bundestag endgültig grünes Licht für die Mitwirkung aller Entsandten im Stiftungsrat zu gewähren. Das ist angemessen. Wilhelm v. Gottberg, Vizepräsident des BdV
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