Horst Seehofer selbst griff zu einem Superlativ.
„Das war bisher sicher das Sensibelste und Schwierigste in meiner politischen
Laufbahn“, erklärte Bayerns Ministerpräsident noch in Prag beim Gespräch mit
Journalisten in der Deutschen Botschaft. Es sei aber gelungen, „eine stabile
Vertrauensgrundlage zu bauen“, so Seehofer. Tatsächlich haben sich die
bayerisch-tschechischen Beziehungen schon bald nach der Wende von 1989 in großer
Breite bestens entwickelt. Was bislang gefehlt hat, war ein offizieller Besuch
des Ministerpräsidenten in Prag. Der hat in den vergangenen 21 Jahren zwar
keineswegs die Aufhebung der
Benesch-Dekrete zur Vorbedingung eines solchen Besuches gemacht, wie viele
Medien – darunter sogar die dpa – nun wieder verbreitet haben. Allerdings
wollten Max Streibl, Edmund Stoiber und Günther Beckstein auch über diesen
Themenkreis reden und einen Spitzenvertreter der Sudetendeutschen in ihrer
Delegation haben. Das war bisher allen tscheschischen Regierungen bereits zu
viel.
Die Regierung von Petr Necas hat zumindest in
diesem Punkt eingelenkt, was gewiss auch dem mäßigenden Einfluss von
Außenminister Karel Schwarzenberg zu verdanken ist. So konnte Seehofer den
Sprecher der Sudetendeutschen, Bernd Posselt, in seiner Delegation dabeihaben
und sogar bei seinem Besuch das Sudetendeutsche Büro in Prag besuchen –
letzteres allerdings nicht mehr als Teil des offiziellen Programms und
„natürlich“ ohne Begleitung tschechischer Prominenz. „Ich bin nicht nur
zufrieden, ich bin glücklich“, erklärte Posselt noch in Prag. „Es ist das erste
Mal, dass ich mich nicht nur als Person herzlich aufgenommen fühle, sondern auch
als Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe.“ Bitter für viele Sudetendeutsche
bleibt indes: Das offizielle Prag denkt weder an eine Verurteilung der
Vertreibung noch an die Aufhebung der
Benesch-Dekrete.
- K.B.