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Skeptischer Blick auf Europa Eine skeptische Zwischenbilanz der europäischen Einigung aus der Sicht der deutschen Vertriebenen hat Rudi Pawelka, der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft Schlesien, gezogen. Er erinnert in einer aktuellen Erklärung daran, dass die Vertriebenen schon früh auf ein vereintes und freies Europa vertröstet worden seien: „Nach dem Zusammenbruch der östlichen Regime war plötzlich Europa das Zauberwort. In dem geeinten Europa sollten Grenzen keine Rolle mehr spielen, dann sollten auch die Vertriebenen zu ihrem Recht kommen. Auf Europa vertröstete Ex-Kanzler Kohl auch die Schlesier, als er sich 1985 an dem Motto des Deutschlandtreffens ,Schlesien bleibt unser‘ rieb. Nach seiner Intervention wurde das Motto geändert. ,Schlesien bleibt unsere Zukunft − im Europa freier Völker‘, hieß es jetzt, eine Aussage, die auch der FDP-Partner unter Genscher als unverfänglich mittragen konnte.“ Doch daraus sei später nichts geworden, so Pawelka: „Deutsche Politiker störte es nicht, als das neue EU-Mitgliedsland Polen kurz vor seinem Beitritt im Jahre 2004 in einem fast einstimmigen Parlamentsbeschluss zum Vermögen der deutschen Vertriebenen feststellte, die damit zusammenhängenden Fragen seien abschließend geregelt. Europäische Gerichte dürften sich damit nicht befassen.“ Man habe auch keinen Anstoß daran genommen, dass in dem Beschluss nach alter kommunistischer Lesart von „wiedergewonnenen Gebieten“ und „ehemaligen Umsiedlern“ gesprochen wurde, moniert Pawelka. Selbst die „FAZ“ habe darin eine „erstaunliche Ignoranz“ gesehen, zumal Polen Mitglied des Europarates ist und damit der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Rechtsprechung des Straßburger Gerichtshofes unterliege: Die Zeitung beklagte, dass Polen es nicht verinnerlicht hat, jetzt zur europäischen ,Werte- und Rechtsgemeinschaft‘ zu gehören. Gleiches gilt für die Tschechische Republik, die noch am Vorabend des Beitritts zur EU den ehemaligen Staatschef Benesch, verantwortlich für die verbrecherischen „Benesch-Dekrete“, für seine Verdienste ehrte. Schon vor sechs Jahren, so Pawelka auch unter Berufung auf die „FAZ“, habe man sich nur darüber wundern können, „dass deutsche Menschenrechtsaktivisten sich stets energisch für ein Rückkehrrecht von Palästinensern, Albanern und Zyprioten einsetzten, aber keinen Gedanken daran verschwendeten, wie die große zivilisatorische Wunde der Vertreibung von Landsleuten geheilt werden könnte“. Hierzu sei vielen Politikern nur eingefallen, dass das Leid der Deutschen in einen Kontext zu stellen sei. Und der Kontext sei für sie, die Vertreibung als Kriegsfolge anzusehen und wie es Kanzlerin Merkel immer wieder betont, „Ursache und Wirkung“ zu berücksichtigen. Doch diese Argumentation, so Pawelka, missachte das Völkerrecht. „Die Geschichte kennt hierfür auch kein Beispiel, dennoch wird diese angebliche Kausalität immer wieder hergestellt.“ Diese Logik sei „abwegig, aber bequem“, weil man damit den Landraub und die Vertreibung als natürliche Reaktion hinnehmen könne, ohne sich mit den Ländern, die diese Verbrechen zu verantworten haben, auseinandersetzen zu müssen, geschweige die deutschen Opfer zu vertreten.“ Daran habe sich bis heute nichts geändert. „Was in Europa zum Standard des Minderheitenrechts gehört, ist in Polen noch nicht im Ansatz umgesetzt, weder die Zweisprachigkeit in Behörden in traditionellen Heimatgebieten der Deutschen, noch die Einrichtung deutscher Schulen und Kindergärten oder zweisprachige Orts- oder Straßenschilder.“ Wie Minderheitenrechte in Europa verwirklicht sind, lasse sich anhand vieler Beispiele studieren. „Am 12./13. März tagte die Europäische Union der Flüchtlinge und Vertriebene (EUFV) im Plenarsaal des Südtiroler Landtags in Bozen. Der deutschsprachige Parlamentspräsident, ein Fraktionsvorsitzender und der italienischsprachige Bürgermeister zeigten in ihren Grußworten, dass es einen beachtenswerten Konsens zwischen den Volksgruppen gibt, das Autonomiestatut also nicht nur auf dem Papier steht.“ Viele Deutsche, so Pawelka, hätten „geglaubt, im vereinten Europa wäre die Verwirklichung der Minderheitenrechte selbstverständlich. Die Praxis hat allerdings gezeigt, Europa allein bringt es nicht, wenn Rechte nicht eingefordert werden. Polen setzt sich vehement für die polnische Minderheit in Weißrussland, ebenso in Litauen und für Polen in Deutschland ein. Bei der deutschen Regierung fehlt es an diesem Engagement. Die bedrängten Menschen werden von ihr im Stich gelassen“, bedauert der Bundesvorsitzende der Schlesier.
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