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Österreichisches Parlament: Sie kamen nach Ende des Zweiten Weltkriegs auf Pferdewagen, in Güterwaggons oder einfach zu Fuß nach Österreich - hunderttausende Menschen deutscher Muttersprache, die nach dem Ende des 2. Weltkriegs aus ihrer angestammten Heimat in Südost- oder Osteuropa vertrieben wurden. Viele von ihnen haben unter schwierigsten Umständen - bürokratischen Hürden und mannigfachen Benachteiligungen - ihr Schicksal gemeistert, es mit Fleiß und Können zu Ansehen und Wohlstand gebracht und in einer bedeutenden Weise zum Wiederaufbau Österreichs beigetragen.
"Respekt und Anerkennung für die Leistungen der Vertriebenen in Österreich", bekundete der Dritte Präsident des Nationalrates Martin Graf, der im Parlament Abgeordnete, Bundesräte und viele Gäste aus dem In- und Ausland zu einer Veranstaltung begrüßte, die sich - erstmals im Hohen Haus - der Aufgabe widmete, die "Leistungen der Vertriebenen nach 1945 in Österreich" zu würdigen. Graf: "Vertreibung nicht nur ein Thema für Historiker!" Graf machte das schwere Schicksal jener Vertriebenen aus der Tschechoslowakei, Jugoslawien, Rumänien, Ungarn und der Ukraine deutlich, die sich nach dem Verlust ihrer Heimat 1945 in Österreich - zunächst als Staatenlose und unter ungeheuren Schwierigkeiten - eine neue Heimat schufen und dazu beitrugen, ein Land, das damals wirtschaftlich am Boden lag, wieder aufzubauen und zu einem der wohlhabendsten Staaten der Welt zu machen. Er würdigte die Leistungen der Altösterreicher zur Wirtschaft, Technik, Wissenschaft und Kunst Österreichs und appellierte an die Anwesenden, das Thema Vertreibung nicht nur als ein Thema für Historiker anzusehen. Die Vertreibung von Menschen und Volksgruppen sei immer noch ein Instrument der Politik, das Schicksal der Altösterreicher daher auch eine Mahnung für Gegenwart und Zukunft. Unter der Moderation von Nationalratsabgeordnetem Walter Rosenkranz schilderte zunächst die Vertriebenensprecherin der FPÖ, Abgeordnete Anneliese Kitzmüller das Schicksal und den bemerkenswerten Lebensweg ihres Vaters, der sich als Kind vertriebener Altösterreicher aus der Bukowina (Buchenland) eine berufliche Existenz in Österreich schuf, erfolgreich studierte und sich durch sein Engagement in Politik, Kirche und Sport bleibende Verdienste um die Entwicklung des Landes erwarb Historische Informationen über die Entstehung und Entwicklung der altösterreichischen Volksgruppe der "Donauschwaben" in der Batschka erhielten die Teilnehmer der Veranstaltung von dem Juristen Christian Reinhardt, dessen Großmutter mit ihrer Familie aus der Batschka vertrieben wurde. Persönliche Erfahrungen von der Vertreibung aus der Batschka berichtete Rudolf Reimann, der als Zehnjähriger im Jahr 1944 mit seiner Familie auf einem Pferdewagen über Budapest und Ödenburg nach Niederösterreich kam. Der erfolgreiche Bauingenieur und -unternehmer ist seit frühester Jugend in landsmannschaftlichen Organisationen der Donauschwaben tätig, fungiert seit 1983 als Vorsitzender der Donauschwäbischen Arbeitsgemeinschaft und seit 1993 als Bundesvorsitzender des Verbandes der Volksdeutschen Landsmannschaften Österreichs (VLÖ), Dachorganisation aller Heimatvertriebenen deutscher Altösterreicher.
Der in Witkowitz (Mährisch-Ostrau) geborene Dkfm. DDr. Alfred Oberwandling arbeitete in Österreich zunächst als Land- und Hilfsarbeiter, besuchte die Linzer Handelsakademie sowie die Hochschule für Welthandel in Wien und absolvierte eine Managerkarriere in mehreren großen Industrieunternehmen. Seinen Ruhestand nutzte Oberwandlung ab 1994 für ein Geschichtestudium in Salzburg, das er 2001 mit einer Dissertation über die "Sudetendeutschen in der oberösterreichischen Wirtschaft nach 1945" abschloss. In seinem Vortrag hob er deren Leistungen hervor. Nunmehr leitet Alfred Oberwandling des Museums der Heimatvertriebenen in Vöcklabruck. Auf dem Büchertisch der Veranstaltung konnten die
Gäste der Veranstaltung ein aktuelles Werk von Martin Graf und Anneliese
Kitzmüller zum Thema des Abends erwerben:
"Die Wiederaufbauleistungen der Altösterreicher in der Zweiten Republik". |