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Tschechien: Die geplanten Entschädigungen für die Kirchen in Tschechien stoßen bei Präsident Vaclav Klaus auf erhebliche Bedenken. Er fürchtet Restitutionsansprüche von vertriebenen Deutschen. Restitution kein Präzedenzfall Klaus verlangte von Ministerpräsident Petr Necas und Außenminister Karel Schwarzenberg "persönliche Garantien", dass die Eigentumsverhältnisse in Tschechien aus der Zeit vor der kommunistischen Machtübernahme im Februar 1948 nicht angetastet würden. Die Entschädigung der Kirchen dürfe nicht zu einem Präzedenzfall werden. Klaus bezog sich dabei auf mögliche Eigentumsforderungen der nach dem Zweiten Weltkrieg vertriebenen rund drei Millionen Deutschen. Die liberal-konservative Prager Regierung will Kirchen und Glaubensgemeinschaften für Enteignungen unter dem kommunistischen Regime mit umgerechnet 2,3 Milliarden Euro und Immobilien im Wert von 2,9 Milliarden Euro entschädigen. Als Nächstes entscheidet das Parlament über die Gesetzesvorlage. Streit um Restitution Kritik am umstrittenen Gesetzesentwurf zur Restitution von tschechischem Kircheneigentum, den der Senat gestern Abend abgelehnt hat, kommt nun auch aus dem Umfeld von Staatspräsident Vaclav Klaus. Zwei seiner Berater äußerten ernste Bedenken an dem Vorschlag, was ein Zeichen dafür sein könnte, dass der Staatschef sein Veto einlegen könnte. Einer der Berater, Jurist Jaroslav Kuba, glaubt, der Entwurf der Mitte-Rechts-Regierung des konservativen (ODS) Premiers Petr Necas könne auch Restitutionen vor dem 25. Februar 1948 vorschreiben. An diesem Tag übernahmen die Kommunisten die Macht in Tschechien, Restitutionsforderungen, die vor diesen Tag zurückgehen, sieht die tschechische Gesetzgebung nicht vor. Jiri Payne, ein weiterer Berater des Staatschefs, meinte, die Rückgabe des Kircheneigentums entspreche nicht der Meinung der Öffentlichkeit. "Die Kirche, die sogar das Eigentum beansprucht, das sie nie im Besitz hatte, würde nicht nur reicher denn je zuvor, sondern auch unbeliebter denn je zuvor", so Payne in Anspielung auf Umfragen, die zeigen, dass ein Großteil der Tschechen gegen die Restitution ist. Senat legt Veto ein Nach dem Veto des Senats, in dem die CSSD über die absolute Mehrheit verfügt, geht nun die Vorlage zurück an das Abgeordnetenhaus, das den Senat überstimmen kann. Allerdings braucht das Unterhaus dafür die Mehrheit aller Abgeordneten der 200-köpfigen Kammer - also mindestens 101 ungeachtet der Zahl der anwesenden Parlamentarier im Saal. Die Regierung hat dort nur eine knappe Mehrheit. Dasselbe gilt für die Überstimmung eines eventuellen Vetos von Klaus. Rückgabe von Kirchenbesitz Rund vier Dutzend tschechische Persönlichkeiten, darunter Künstler und Akademiker, haben in einem Aufruf die von der Regierungskoalition geplante Rückgabe einstigen Kircheneigentums unterstützt. Zu den Unterzeichnern des Aufrufs zählen die Schauspielerin Dagmar Havlová-Veškrnová, die Witwe von Ex-Präsident Václav Havel, der Grafiker Adolf Born und der Schriftsteller Miloš Urban. "Wir glauben, dass es endlich zu einer Teil-Wiedergutmachung des Unrechts kommt, welches das kommunistische Regime den Kirchen und den Gläubigen angetan hat. Es ist eine Schande, dass das Unrecht nicht einmal mehr als 20 Jahre in Demokratie und Freiheit wiedergutgemacht worden sind", schreiben die prominenten Unterzeichner des Dokuments. Sozialdemokraten und Kommunisten gegen Restitution Eine entsprechende Gesetzvorlage wurde bereits vom Abgeordnetenhaus gebilligt, allerdings wird der von den oppositionellen Sozialdemokraten (CSSD) kontrollierte Senat höchstwahrscheinlich ein Veto dagegen einlegen. Die CSSD sowie die Kommunisten sind gegen die Restitution; sie erachten sie für "zu großzügig". Der Entwurf sieht die Rückgabe von rund 56 Prozent des einstigen Kirchenbesitzes im Wert von 75 Mrd. Kronen (2,98 Mrd. Euro) vor. Zusätzlich sollen im Lauf von 30 Jahren finanzielle Entschädigungen in Höhe von 59 Mrd. Kronen plus Zinsen ausgezahlt werden. Die Einigung sieht auch vor, dass der Staat die Kirchen noch 17 Jahre subventioniert, davon die ersten drei Jahre im bisherigen Umfang. Danach sollen die Subventionen jährlich um fünf Prozent sinken. Das Gesetz soll am 1. Jänner 2013 in Kraft treten. In der tschechischen Öffentlichkeit ist die Rückgabe des unter den Kommunisten enteigneten Kircheneigentums kein populäres Thema. Laut einer Umfrage vom Dezember 2011 lehnen sie mehr als zwei Drittel der Tschechen ab. Die ungelöste Frage der Kompensationen belastet die Beziehungen zwischen Prag und dem Vatikan seit Jahren.
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