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Polen und die "Aktion Weichsel" - erste Entschädigung Ein Urteil zur Entschädigung eines Ukrainers für eine Zwangsumsiedlung 1947, das den polnischen Staat viel kosten kann, politisch und finanziell. Ein 85-Jähriger hat nach 15 Jahren Verhandlung vom polnischen Staat 390.000 Zloty (90.000 Euro) Entschädigung für ein Unrecht aus dem Jahre 1947 erstritten, so die Meldung des Nachrichtenportals der Gazeta Wyborcza Rzeczowa am Freitag. Das Unrecht nennt sich "Aktion Weichsel". Vom April bis Juli 1947 siedelte das polnische Militär Ukrainer sowie slawische Minderheiten wie Lemken und Bojken gewaltsam aus und deportierte sie in den Westen der Volksrepublik Polen. Gleichzeitig blockierten sowjetische wie tschechoslowakische Einheiten die Grenzen. Die betroffenen Dörfer wurden umstellt, die Menschen hatten nur einige Stunden Zeit, ihre Sachen zu packen, ihre Häuser und ihr Grund wurden enteignet. Etwa 150.000 Ukrainer in Polen wurden zwangsumgesiedelt. Der Grund war der Partisanenkrieg der UPA im Südosten des neuen polnischen Staates. Der Partisanenkampf der "Ukrainischen Aufständischen Armee" (UPA) ging weiter, die bis Mitte der 50er Jahre kämpfte sie auf dem Gebiet der Sowjetunion für eine unabhängige Ukraine. Der 85-Jährige, der nun die Entschädigung bekommt, will anonym bleiben, da er in einem Dorf lebt und er durch den Reichtum gefährdet sei. "Das war einer meiner ersten Fälle" erklärte sein Anwalt Lukasz Kurowski, der darauf verwies, dass erfahrene Juristen den Betroffenen wegen Aussichtslosigkeit sonst abgewiesen hätten. Denn bislang hatten die polnischen Gerichte jegliche Klagen dieser Art abgewiesen. Durch den gewonnen Prozess könnten nun andere ukrainischstämmige Polen sich ermutigt fühlen, gegen den Staat zu klagen. Die "Aktion Weichsel‘ wurde 1990 vom polnischen Senat verurteilt, allerdings hielten damals vor allem postkommunistische und nationalistische Stimmen in Polen die damalige gewaltsame Umsiedlung für weiterhin gerechtfertigt. Vor allem die seit Herbst 2015 regierende Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) nimmt eine kritischere Haltung zur Ukraine als die liberale Vorgängerregierung ein. So stört sich Warschau an der Huldigung der UPA in weiten Kreisen der Ukraine, die die Partisanenorganisation als Widerstand gegen die Sowjetunion feiert und sich vor allem aufgrund des Krieges im Donbass mit den Veteranen der UPA identifizieren. In Polen wird die UPA jedoch mit den Massakern in der westukrainischen Region Wolhynien 1943 verbunden, denen etwa 100.000 Polen zum Opfer fielen. Die ukrainischen Partisanen wollten die polnische Bevölkerung durch Gräueltaten damals zur Flucht zwingen. Der Gemeindevorsteher ließ deswegen im vergangenen Jahr ein 1994 errichtetes Denkmal der UPA in dem polnischen Grenzort Hruszowice mit Hilfe der Allpolnischen Jugend demontieren, worauf als Gegenreaktion polnische Ausgrabungen in der Ukraine von Kiew untersagt wurden. Im Jahre 1946 sollen dort 14 ukrainische UPA-Partisanen im Kampf mit polnischen Einheiten ums Leben gekommen sein. Das polnische "Institut für Nationales Gedenken" (IPN) hatte im Mai in Hruszowice Ausgrabungen von Skeletten getätigt, um zu untersuchen, ob diese getötete Mitglieder der ukrainischen Partisanenorganisation sein könnten. Die Ausgrabungen bestätigten diese Theorie nicht, was in der Ukraine für Ärger sorgte. "Mythenbildung" kritisierte der ukrainische Vizepremier Pawlo Rozenko gegenüber polnischen Medien, die über die Ausgrabungen berichteten. Der ukrainische Politiker plädierte für eine Weiterführung der Ausgrabungen. Das Verhältnis beider Länder ist auch durch ein
im März in Kraft getretenes polnisches Gesetz getrübt, das ukrainische
Verbrechen von 1925 bis 1950 an Polen strafrechtlich verfolgen will (Polen und
Ukraine in den Fallstricken der Geschichtspolitik gefangen). Ehemalige
Präsidenten beider Länder, wie der polnische Politiker Aleksander Kwasniewski
und der ukrainische Politiker Wiktor Juschtenko, haben kürzlich dazu aufgerufen,
Polen und Ukrainer sollten weiter an der Versöhnung arbeiten und nicht zu
"Geiseln der Geschichte" werden. (Jens Mattern)
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