|
|
»Hafen der Hoffnung« Das Thema Flucht und Vertreibung scheint plötzlich aktuell wie nie zu sein. Über 60 Jahre nach den schrecklichen Kriegsereignissen ist es in den Fokus des öffentlichen Interesses gerückt. Das deutsche Fernsehen hat die Thematik seit vergangenem Jahr für sich entdeckt und in den Zweiteilern „Dresden“ und „Die Flucht“ in Szene gesetzt. Die Einschaltquoten haben bewiesen, daß ein großer Teil der Zuschauer sich für das interessiert, was damals geschah. Auch wenn die Story, die der Film erzählt, oft oberflächlich wirkt und niemals die grausame Realität wiedergeben kann, ist es doch wichtig und sinnvoll, das Thema Flucht und Vertreibung für die Nachwelt festzuhalten. Der Film ist dabei ein wirksames Medium, das mehr Menschen erreicht als Vorträge oder Publikationen. Im Auftrag des ZDF produziert die Ufa Filmproduktion GmbH unter der Leitung der ZDF-Redaktion von Klaus Bassiner und Elke Müller mit der Unterstützung durch öffentliche Fördermittel einen TV-Zweiteiler über die Tragödie der „Wilhelm Gustloff“. Der Film erzählt die Geschichte aus der Perspektive des jungen zivilen Fahrkapitäns Hellmut Kehding (gespielt von Kai Wiesinger, der durch Filmerfolge wie „Stadtgespräch“ und „Comedian Harmonists“ bekannt wurde), der das Schiff mit etwa 1500 Wehrmachtsangehörigen und 9000 Flüchtlingen sicher nach Kiel bringen soll. Die Handlung beginnt drei Tage vor dem Untergang der „Wilhelm Gustloff“. Hellmuts Auftrag, möglichst viele Menschen in Sicherheit zu bringen, stößt jedoch beim militärischen Transportleiter der Fahrt, Korvettenkapitän Petri (Karl Markovics) auf Widerstand; er drängt zum vorzeitigen Auslaufen, weil er seine U-Boot-Männer möglichst schnell zum Fronteinsatz nach Kiel bringen will. Auch der entscheidungsunfähige Alt-Kapitän Johannsen (Michael Mendl) hilft ihm nicht. Er ist zu verzagt und müde, denkt nur an die eigene Rettung. Korvettenkapitän Leonberg (Francis Fulton-Smith) sieht die Not, kann aber zum Zeitpunkt der Ausreise keinen angemessenen Geleitschutz bereitstellen. Hellmut trifft überraschend seinen Bruder, Kapitänleutnant Harald Kehding (Heiner Lauterbach) wieder, mit dem er seit Jahren zerstritten ist. Harald leidet nach der Versenkung seines U-Bootes unter einer schweren Bauchverletzung. In Gotenhafen erfüllt er für Hellmut undurchsichtige Aufgaben in der Sabotageabwehr. Eine Liebesgeschichte als Nebenhandlung fehlt – wie schon in den bisherigen Flucht-Mehrteilern – auch in diesem Film nicht. Während die Abreise vorbereitet wird, strömen immer mehr Flüchtlinge auf das Schiff. Unter den Zuflucht Suchenden befindet sich auch Hellmuts Verlobte Erika Galetschky (Valerie Niehaus), die als Marinehelferin in der Flüchtlingsaufnahme arbeitet. Mit ihr sind Lilli Simoneit (Dana Vavrova), die schon viele Wochen unterwegs ist, sowie deren 16jähriger Sohn Kalli (Willi Gerk) an Bord gekommen. Im Treck hat Lilli die hochschwangere Marianne (Anja Knauer) aufgenommen, die mutterseelenallein herumirrte. Zusammen mit Tausenden anderen Flüchtlingen hoffen sie, mit der „Gustloff“ in Sicherheit kommen zu können. Während Kapitän Hellmut seine große Liebe Erika mitnehmen will, besteht ihr Cousin Hagen Koch (Detlev Buck), der als Funker auf der „Gustloff“ arbeitet, darauf, daß sie in Gotenhafen bleibt und ihren Dienst ableistet. Wegen fortgesetzter Eigenmächtigkeiten hatte ihre Vorgesetzte, Berta Burkat (Ulrike Kriener), sie schon seit längerem im Visier gehabt. Beim Auslaufen am Mittag des 30. Januar 1945 erreicht die Schiffsführung ein dubios verschlüsselter Funkspruch, Hellmut läßt die Weiterfahrt stoppen, weil sein Bruder Harald einen Anschlag auf das Schiff befürchtet. Während die Besatzung nach Sprengsätzen und Saboteuren sucht, geht ein zweiter dubioser Funkspruch ein, es kommt zu einem Eklat auf der Kommandobrücke. Korvettenkapitän Petri setzt die Positionslichter, ein Minensuchverband soll sich auf Kollisionskurs befinden. Vergeblich wehrt Hellmut sich gegen die Entscheidung, denn er hegt Zweifel an der Echtheit der Kollisionswarnung. Daraufhin wird Hellmut das Kommando entzogen. Die Positionslichter wurden jedoch längst von einem russischen U-Boot gesehen und wenig später wird die „Gustloff“ mit drei Torpedos beschossen und sinkt innerhalb von 60 Minuten. Das Schicksal nimmt seinen Lauf … Autor des Drehbuchs ist Dr. Rainer Berg, der seit 1988 als Drehbuchautor, vorwiegend für Fernsehproduktionen, arbeitet. Unter anderem schrieb er die Drehbücher für die Figur des „Kommissar Beck“ nach den Romanen des berühmten schwedischen Krimi-Duos Sjöwall / Wahlöö sowie zahlreiche Folgen für die Serien „Die Rettungsflieger“ und „SOKO Wismar“. Am Drehbuch für das historische Drama „Hafen der Hoffnung – Die letzte Fahrt der Wilhelm Gustloff“ arbeitete Rainer Berg insgesamt vier Jahre unter Einbeziehung zahlreicher Archivrecherchen und Zeitzeugenberichten. Die Figuren des Films sind frei erfunden, die Handlung basiert jedoch auf historischen Fakten und Zeitzeugenaussagen. Seit Mitte März wird nun für 14 Wochen lang an sieben verschiedenen Orten gedreht. Seit dem 5. Februar 2007 wurden die Drehorte optisch aufwendig an die historischen Vorbilder angepaßt. Mittels Kunstschnee und -eis entstand der Eindruck von Kälte und Winter im Januar 1945. Bis zum 27. März diente die mittelalterliche Stadt Stralsund als Kulisse für das Hauptmotiv Gotenhafen, von wo aus die „Gustloff“ damals in See gestochen war. Moderne Gebäude wurden mittels speziell konstruierter Häuserfassaden verkleidet und verputzt, damit ihr Aussehen der Architektur von Gotenhafen gegen Kriegsende ähnelt. Außerdem mußten moderne Straßenlaternen und Parkuhren abgebaut werden. Bauzäune wurden mit einer speziell angefertigten Holzkulisse umbaut und verputzt, so daß der Eindruck eines historischen Gebäudes entsteht. Die Schiffswand der „Wilhelm Gustloff“ wurde auf einer Länge von 60 Metern und 12 Metern Höhe angefertigt, an der in Stralsund sämtliche Szenen am Pier gedreht wurden. Für weitere Szenen wurden im Hamburger Hafen Anfang April Schiffe in Szene gesetzt, die optisch an die Zeit um 1945 angepaßt sind. Hier wurde an vier Drehtagen die Ankunft der Überlebenden der „Gustloff“-Katastrophe im Hafen von Swinemünde gedreht. Der Untergang der „Wilhelm Gustloff“ dagegen wurde auf Malta in Szene gesetzt. In zwei großen, mit Wellenmaschinen ausgestatteten Studiobecken wurden mit den Schauspielern sämtliche Wasserszenen gedreht. Die Bühnenbildner fertigten Schiffskorridore und ein Treppenhaus an, die nach und nach geflutet wurden, um den Schiffsuntergang zu simulieren. An allen Drehorten sind Hunderte Komparsen im Einsatz, für deren Einsatz täglich zehn Kostümbildner und acht Maskenbildner drei Stunden benötigen, um sie in Flüchtlinge, Verwundete, Sanitäter, Marineärzte, Lazaretthelferinnnen, Rotkreuzschwestern, Marinehelferinnen, Feldpolizisten, Matrosen und Wehrmachtsangehörige zu verwandeln. Die Innenaufnahmen der „Gustloff“ werden zur Zeit in Köln gedreht. In einer riesigen Studiohalle wurden das Brückendeck, die Kommandobrücke, der Funkraum, die Offiziersmesse, das Foyer und das Bordlazarett nachgebaut. Die Innenräume wurden mit viel Aufwand nachgebildet, auch die kleinsten Details sollten möglichst originalgetreu wiedergegeben sein, selbst die Farbe auf dem Schiffsboden wurde künstlich mit Patina versehen, damit alles echt aussieht. Um zu verhindern, daß dem Filmteam grobe Schnitzer unterlaufen, ist der Sachbuchautor und Überlebende der „Gustloff“-Katastrophe Heinz Schön bei allen Dreharbeiten mit von der Partie, um als Fachberater vor Ort bei sämtlichen auftretenden Fragen zu helfen. Der heute 81jährige war ab 1944 als Zahlmeister-Assistent der Handelsmarine auf der „Wilhelm Gustloff“ tätig. Als Chronist der Katastrophe hat er mehrere Bücher über die Gustloff verfaßt. Seit Jahren arbeitet er als Berater bei deutschen und internationalen Fernsehdokumentationen mit. Daß nach der ersten „Gustloff“-Verfilmung von 1959 das Fernsehen sich des Themas nun wieder annimmt, begrüßt Heinz Schön. „Weil die Erlebnisgeneration ausstirbt, die, die damals acht- oder zehnjährige Kinder waren, sich vielleicht nicht mehr so genau erinnern können, ist es so wichtig, gerade jetzt das Thema Flucht und Vertreibung öffentlich zu behandeln“, äußerte Heinz Schön gegenüber der PAZ. Daß auch die Schauspieler sich ernsthaft mit ihren Rollen und dem Thema auseinandersetzen, beweist das Beispiel von Detlev Buck, der den Funker Hagen Koch auf der „Gustloff“ mimt, einen aus dem Memelland stammenden Ostpreußen. In Vorbereitung auf seine Rolle telefonierte er mit Ruth Geede, um sich mit dem Dialekt vertraut zu machen. Viele Kostüme, vor allem die historischen Uniformen, mußten extra für die Dreharbeiten angefertigt werden. Der genaue Sendetermin steht bislang noch nicht
fest. Vermutlich wird der Zweiteiler jedoch im Frühjahr 2008 ausgestrahlt. Ob
der Film „Hafen der Hoffnung – Die letzt Fahrt der Wilhelm Gustloff“ der
Hoffnung vieler Zuschauer gerecht wird, endlich einen Streifen vorgesetzt zu
bekommen, der weniger politisch korrekt ausgerichtet ist und sich nicht so sehr
um das Gerüst einer Liebesgeschichte rankt wie die Vorgängerproduktionen, bleibt
abzuwarten. Der große Aufwand, den die Produzenten an Material und Ausstattung
aufbringen sowie die Besetzung mit großen, deutschen Schauspielern lassen darauf
schließen, daß der Zuschauer gespannt auf den Sendetermin warten darf.
______________________________________________________
_____________________________________
Diese Netzseite ist optimiert für
1024x768 oder höher und 24 Bit Farbtiefe sowie MS-Internet Explorer 11.x
oder höher. |
|