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Nordrhein-Westfalen: Düsseldorf. Flucht und Vertreibung der Deutschen am Ende des Zweiten Weltkriegs sollen Pflichtthema in Nordrhein-Westfalens Schulen werden. Junge Menschen müssten ihre Geschichte kennen, sagte NRW-Schulministerin Barbara Sommer der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“. Bisher war die Behandlung des Themas den Lehrern freigestellt. Das Thema sei im Kernlehrplan Geschichte für die Klassen fünf bis zehn verbindlich festgeschrieben und werde spätestens 2008 in allen Schulformen zur Pflicht, hieß es. Die Schulbuchverlage seien informiert. Bisher war die Behandlung des Themas den Lehrern freigestellt. Menschen, die aus den früheren deutschen Ostgebieten fliehen mussten, hätten sich auch in NRW angesiedelt, sagte die CDU-Politikerin. Flucht und Vertreibung hätten unermessliches Leid über viele Menschen gebracht und das bevölkerungsreichste Bundesland tief geprägt. Ein Sprecher des Ministeriums ergänzte, es gehe nicht um „Deutschtümelei“, sondern um die Aufarbeitung eines düsteren Kapitels eigener Geschichte, das im globalen Zusammenhang vermittelt werden solle. Der Blick solle sich auch auf Schicksale anderer Völker richten. Schließlich seien „nicht nur Deutsche Opfer von Vertreibung geworden“, so Sommer. Dem Beauftragten der CDU-Landtagsfraktion für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Horst Westkämper, geht die Sommer-Initiative nicht weit genug. Er forderte am Wochenende, die Themen Flucht und Vertreibung müssten über die Schule hinaus auch in den Institutionen der Erwachsenenbildung und im Angebot der Landeszentrale für politische Bildung verstärkt berücksichtigt werden.
Pflichtthema Flucht Es verdient uneingeschränkte Zustimmung, dass Ministerin Barbara Sommer (CDU) Flucht und Vertreibung, das große Leid massakrierter und gepeinigter Deutscher bei Kriegsende und danach, zum Pflichtthema im Schulunterricht in NRW erhebt. Wobei es sich geschichtlich und pädagogisch von selbst verstehen sollte, die erst jüngst filmisch ("Die Flucht") aufgearbeiteten Schrecknisse in den historischen Zusammenhang einzubetten. Bevor wir Deutschen Opfer wurden, waren wir Täter. Flucht, Vertreibung, Ermordung, Schändung von Landsleuten hatten ihre Ursache in Hitlers Jahrtausend-Barbarei. In NRW sind vor 60 Jahren viele der weit mehr als zehn Millionen Vertriebenen, übrigens nicht überall unter Hoch-Rufen, aufgenommen und anschließend integriert worden. Aufbauwille, Tüchtigkeit und schierer Fleiß der Flüchtlinge mischten sich mit ebensolchen Tugenden der Rheinländer und Westfalen. Leider wurde jahrzehntelang die öffentliche Debatte der Flucht- und Vertreibungsschicksale in der DDR als revanchistisch und bei West-Linken als politisch gestrig verdächtigt. Männer wie Literaturnobelpreisträger Günter Grass oder Bundesinnenminister a. D. Otto Schily gehörten zu denen, die als Autoren beziehungsweise Redner Abbitte leisteten.
Das Ende eines
gepflegten Tabus Essen (ots) - Endlich wird die Geschichte von Flucht und Vertreibung (Pflicht-) Thema in Schulen. Es musste wohl zuerst der Revanchismus-Unverdächtige Günter Grass seinen Vertreibungs-Bestseller "Im Krebsgang" schreiben. Oder der packende Mehrteiler über "Die Flucht" im Fernsehen laufen - vor 13,5 Millionen Zuschauern. Damit erlebte das Thema, lange Verbänden überlassen, seinen gesellschaftlichen Durchbruch. Selbstredend geht es nicht darum, Geschichte umzuschreiben. Oder die Verbrechen der Nazis gegen die der Kommunisten aufzurechnen. Oder die Einzigartigkeit des NS-Vernichtungswahns zu relativieren. Es geht einfach um einen unverkrampften, ideologiebefreiten Umgang mit dem, was geschah. Nichts anderes ist Geschichte. Flucht und Vertreibung haben nicht nur Deutsche erlitten, auch das wird zur Sprache kommen. Aber dieses Thema hat es verdient, gerade an nordrhein-westfälischen Schulen unterrichtet zu werden. Jeder Vierte hier hat familiäre Wurzeln in Ostpreußen, Pommern, dem Sudetenland oder Schlesien. Der Komplex ist aktuell: Wie sonst ließe sich Polens Politik verstehen?
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