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Der Landkreis Ortelsburg
/ Ostpreußen
Der
Landkreis Ortelsburg ist 1.702,84 qkm groß und hat 73.442 Einwohner, dies sind
43,1 auf 1 qkm. Der Fläche nach ist er der zweitgrößte Kreis Ostpreußens, seine
Südgrenze ist gleichzeitig Landesgrenze mit Polen. Sein Landschaftsbild gleicht
dem der anderen masurischen Grenzkreise. In seinem nördlichen Raum erstrecken
sich Grund- und Endmoränen, in die viele Seen eingelagert sind; der Südteil des
Kreises hat weite Sandebenen, von mehreren Flüssen durchzogen. Der
wasserreichste ist der Omulef. Die größten Seen sind der Große Schobensee (9,11
qkm), der Große Kalbensee (5,24 qkm), der Lehlesker See (4,47 qkm) und der
Waldpuschsee (4,41 qkm). Die tiefsten Gewässer mit 60 m Tiefe sind der Große
Babantsee und der Große und der Kleine Lenkssee. Die höchste Erhebung des
Kreises mit 216 m über NN. liegt unweit Kobulten, die Wildenauer (Jablonker)
Berge erreichen 207 m. Die Hauptmasse der Böden besteht zu 63,2 v. H. der
Gesamtfläche aus Sand; 9,8 v. H. sind Moorböden, 3,7 v. H. nehmen die Gewässer
ein. Nur 23,3 v. H. sind Böden sandigen, lehmigen und tonigen Charakters. Die
den ganzen Süden des Kreisraumes bedeckenden Sandböden tragen Waldungen oder
kleinbäuerliche Betriebe. Die 7784 landwirtschaftlichen Betriebe mit 5 bis 50 ha
machen 79,6 v. H. der landwirtschaftlichen Nutzfläche aus. Der nördliche
Kreisteil ist der Raum des Großgrundbesitzes mit 48 Gütern, die mehr als 100 ha
groß sind. 65,7 v. H. der Kreisbewohner sind in der Land- und Forstwirtschaft
beschäftigt. Das Kreisgebiet war schon in urgeschichtlicher zeit besiedelt, in
der frührömischen zeit saßen in seinem westlichen Teil (1.-3. Jh.) Goten. Danach
waren die prußischen Galinder ansässig. Das Gebiet war aber schon vor der
Ordenszeit so dünn besiedelt, daß sich die große Wildnis bilden konnte. Die
planmäßige Erschließung durch den Deutschen Orden setzte nach der Mitte des 14.
Jahrhunderts nach dem Bau der Grenzhäuser Ortelsburg und Willenberg mit der
Anlage von Dörfern und Gütern im nördlichen Kreisgebiet seit 1380 ein. Der Süden
ist erst vom 16. Jahrhundert ab erschlossen worden.
Das
im Südostzipfel des Kreises gelegene Dorf Friedrichshof ist durch seine Vieh-,
Pferde und Schweinemärkte bekannt. In ihm bestand ein Lehrerseminar, das 1884
nach Ortelsburg, und eine
Präprandenanstalt, die 1898 nach Mohrungen
verlegt wurden. Die jetzige Kirche wurde 1885 vollendet. Friedrichshof, das
größte Dorf des Kreises mit 1.802 Einwohnern, und Puppen wurden im Ersten
Weltkrieg durch eine Kleinbahn mit einander verbunden. - In Adamsverdruß bei
Puppen bestand von 1781 bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine Glashütte. Die
Revierförsterei war dadurch bekannt, daß in jenem Waldgebiet um 1870 ein Luchs
gestreckt wurde. - In dem 4 km nördlich gelegenen Dorf Puppen bestand vor 400
Jahren eine Jagdbude, die Herzog Albrecht gern besuchte; in ihr hielt er in den
Pestjahren 1548/1549 und 1564/1565 sein Hoflager.
In Klein-Jerutten, wo 1802 eine Heerschau stattfand, hielten
sich König Friedrich Wilhelm III. und Königin
Luise vorübergehend im Pfarrhaus auf. 1812 nahmen hier beim Durchzug nach
Rußland französische Generale und danach hohe russische Offiziere Aufenthalt. In
dem nördlichsten Zipfel des Kreises liegt das Kirchdorf Kobulten mit einer
evangelischen und einer katholischen Kirche.
Auch der Kirchort Mensguth hat zwei
Kirchen. Das evangelische Gotteshaus ist 1695 erbaut worden, es besitzt einen
wertvollen Altar aus dem Jahre 1599; in der Predella sieht man das Abendmahl mit
Bildnissen Luthers und Melanchthons.
In Jablonken (Wildenau) wurde 1644 Christoph Hartknoch (+
Thorn 1687) geboren; er hat mehrere Bücher zur Landesgeschichte geschrieben,
sein bekanntestes Werk „Altes und Neues Preußen" erschien 1684. Als das etwa
4.000 ha große Gut Jablonken durch die Ostpr. Landgesellschaft aufgesiedelt
worden war, wurde im geräumigen Gutshaus 1927 eine Volkshochschule eingerichtet,
die bis 1937 bestanden hat. Aus den dortigen Webkursen ging 1936 die Masurische
Webschule hervor, sie wurde 1938 nach Lyck
verlegt.
Patenschaftsträger für den Landkreis und die Stadt Ortelsburg
ist die Stadt Wanne-Eickel.
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Quellen:
Wappen: Das Ostpreußenblatt (www.Ostpreussenblatt.de),
2000;
Text: Guttzeit: Ostpreußen in 1440 Bildern, Verlag Rautenberg, 1972-1996,
Seite 75 |
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