Der
Landkreis Osterode ist 1.536,25 qkm groß und hat 81.513 Einwohner, das sind 53,1
auf 1 qkm. Seine Westgrenze überquert den Oberländer Kanal, verläuft durch den
Großen Gehlsee und wird auf einer Länge von etwa 12 km von der Drewenz gebildet;
diese hat ihre Quellen bei Dröbnitz am Ostabhang der Kernsdorf er Höhe. Im
Südwesten ist die Kreisgrenze zugleich Landesgrenze mit Polen. Im Nordosten
bildet der Oberlauf der Passarge die Grenze mit dem Kreise Allenstein.
Geographisch gehört das nördliche Kreisgebiet, in dem vom 1. bis 3. Jahrhundert
die germanischen Gepiden (Thomareinen, Döhringen) gesiedelt haben und die Städte
Osterode und Liebemühl liegen, zum Oberland; der Raum südlich davon, wo in jenen
Jahrhunderten Wandalen ansässig waren, wird zu Masuren gerechnet. Hier liegen
die Städte Hohenstein und Gilgenburg, auch die Kernsdorfer Höhe mit 313 m über
NN., die höchste Erhebung Ostpreußens. Dies Endmoränengelände ist reich an
Findlingsblöcken. Auf der höchsten Kuppe ist 1897 ein 20 m hoher Aussichtsturm
errichtet worden; von ihm genießt man einen eindrucksvollen Fernblick in das
weite Land bis über die großen Wälder im nördlichen Kreisteil hinweg, bis zu den
Höhen um den Geserichsee und weit in das entrissene Löbauer Land hinein. Die
Bergkuppe selbst und der Döhlauer Wald an ihrem Osthang, wo noch in den
zwanziger Jahren ein Luchs geschossen wurde, sind von wunderbarer Schönheit und
zugleich eine pflanzengeographische Merkwürdigkeit. Hier liegt das südlichste
Verbreitungsgebiet der Rotbuche Ostpreußens, das in der Brandenburger Heide am
Frischen Haff bei Ludwigsort seinen nördlichsten Standort hat. Der Kreis
Osterode ist reich an herrlich gelegenen, waldumsäumten Seen, an prächtigen
Buchen- und Nadelwäldern, anmutigen Höhen, fruchtbaren Feldern und saftigen
Wiesen, schmucken Dörfern und Gütern. Man hat ihn mit seiner „einsamen, stillen
Schönheit" die Perle des Oberlandes genannt. Deshalb war er auch das Ziel vieler
Besucher aus nah und fern. Dazu barg er einen besonderen Anziehungspunkt: das
Tannenbergdenkmal. Zwischen den Dörfern
Tannenberg und Grünfelde fand am 15. Juli 1410 die für den Deutschen Orden
verlust- und folgenreiche Schlacht
gegen
die vereinigten Polen, Litauer und Tataren statt. Der Hochmeister Ulrich von
Jungingen und 205 Ordensritter fielen neben vielen anderen im Kampfe. Die von
dem Hochmeister Heinrich von Plauen erbaute Kapelle wurde 1414 von den Polen
zerstört, 1416 wiedererbaut; sie war schon Ende des 16. Jahrhunderts verfallen.
Im Jahre 1901 errichtete die Provinz Ostpreußen auf dem Schlachtfeld einen
granitenen Gedenkstein. Nach dem Siege der 8. Armee unter der Führung
Hindenburgs und Ludendorffs vom 26. bis 30. August 1914 über die russische
Narew-Armee wurde 1927 das burgartige Tannenberg-Ehrenmal als Symbol des Sieges
und der erfolgreichen Verteidigung der Heimat gegen die Russen erbaut. In einem
der acht Türme des Reichs-Ehrenmals standen die Sarkophage des
Generalfeldmarschalls Paul von Hindenburg und seiner Gemahlin. Sie wurden im
Kriegsjahr 1945 nach Marburg geschafft und das Denkmal zerstört.
In der Nähe der Stadt
Osterode stehen einige bemerkenswerte Naturdenkmäler die
Sieben-Schwestern-Weide und die Blüchereiche ostwärts bzw. westlich der Straße
zum Roten Krug; an der Straße nach Bergfriede steht die Luisenlinde. Der größte
Findlingsblock im Kreise liegt zwischen Reichenau und Panzerei am Hang zum
Grabitschekfluß.
Bei dem malerisch am Ostufer des Großen Damerausees gelegenen
Dorf Osterwitt steht eine 600jährige Linde, unter der der Polenkönig Jagiello
1410 gerastet haben soll. - Das 2.805 ha große Rittergut Döhlau ist bekannt
durch sein spätklassizistisches Herrenhaus mit berühmtem Park und als Heimstätte
junger Künstler, die hier von der Familie von Rose großzügig gefördert worden
sind. - Der 6 km westlich Liebemühl gelegene Abiskarsee ist durch einen 3 m
hohen Damm in ostwestlicher Richtung geteilt worden. In ihn ist der den
Abiskarsee kreuzende Oberländer Kanal eingebettet, sein Wasserspiegel liegt
damit 2 m höher als der See. Durch diese Einrichtung wurden kostspielige
Schleusenbauten vermieden. - Die 1470 vorhandene Kirche in Marwalde wurde 1656
von den Tataren stark beschädigt und 1694 umfassend erneuert; sie erhielt 1876
einen westlichen Anbau, der Turm kam erst 1905 hinzu. - Die um 1400 erbaute
Kirche in Marienfelde blieb bei der Zerstörung des Dorfes durch die Polen im
Jahre 1410 wegen ihrer starken Feldsteinmauern erhalten. Die Sage erzählt, sie
sei nach der Schlacht bei Tannenberg
wegen ihrer Lage im dichten Walde ganz vergessen worden. Erst nach vielen Jahren
habe sie ein Viehhirt zufällig entdeckt. Das Gotteshaus wurde 1899 restauriert.
Kleinode der Kirche sind die zwölf Apostel aus der zeit um 1420/1430 und drei
granitene Weihwassersteine aus dem 15. Jahrhundert. - Die Kirche in Manchengut
ist sehenswert wegen der schönen Turmgestaltung aus dem Ende des 17.
Jahrhunderts. Sie besitzt ein granitenes Weihwasserbecken aus der Wende des
14./15. Jahrhunderts. -
Die Holzkirche in Reichenau, ein
gestreckt rechteckiger verschalter Blockbau, stammt aus dem Anfang des 18.
Jahrhunderts; sie ist die besterhaltene Kirche dieser Art in der Provinz und
auch bemerkenswert durch die Malereien und den schön geschnitzten Altarschrein
von 1518. Das frei stehende hölzerne Glockenhaus ist wahrscheinlich 1707 erbaut
worden. -
Die um 1407 erbaute Kirche in
Locken ist 1878/1879 weitgehend restauriert worden. Unter den
Ausstattungsstücken gehören der Altar und die Kanzel der Zeit um 1580 an. Die
messingene Taufschale ist 1663 gestiftet worden. Bemerkenswert ist ein Kelch aus
dem Ende des 15. Jahrhunderts. - Der Landkreis Osterode liegt seit 1945 im
polnisch verwalteten Teil Ostpreußens.
Patenschaftsträger für den Kreis Osterode ist der Kreis
Osterode (Harz), für die Stadt Osterode die Stadt Osterode (Harz).
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Quellen:
Wappen: Das Ostpreußenblatt (www.Ostpreussenblatt.de),
2000;
Fotos: 10.000 Ansichtskarten, The Yorck-Project, Berlin,
Stichworte: "Tannenberg" und "Hohenstein", 2001;
Text: Guttzeit: Ostpreußen in 1440 Bildern, Verlag Rautenberg, 1972-1996,
Seite 78 |