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    Geschichte PreußensVorbericht
 
    von Ludwig von Baczko Königsberg 1792 | 
    
     |  Im Jahre 1784 lieferte ich ein Handbuch der 
Geschichte und Erdbeschreibungen Preußens, nicht weil ich mit dieser Arbeit 
selbst zufrieden war, oder sie für vollendet hielt; sondern vielmehr als Probe, 
daß ich unter günstigeren Umständen etwas besseres liefern könnte, und, wie ich 
ohne Stolz sagen zu können glaube, als Beweis, daß ich, meiner Blindheit und 
meines gebrechlichen Körpers ohnerachtet, nichts aus dem Kreise wirksamer und 
thätiger Menschen herausgedrängt zu werden, verdiene. Meine Arbeit wurde mit 
einer Güte aufgenommen die mich, dessen Herz auch den unbedeutensten Beweis von 
Theilnehmung gerührt erkennt, für tausend erlittene Üble, - für alle mit dieser 
Arbeit verbundenen Mühseligkeiten, hinreichend entschädigte. Öffentlich gestatte 
ich hier allen denen, die mich zur Fortsetzung dieser Arbeit aufmunterten, 
meinen herzlichsten Dank ab. Sehnlichst wünsche ich dieser beinahe allgemeinen 
Aufmunterung wert zu sein, und die im Vorbericht zum ersten Bande meines 
Handbuchs versprochene größere preußische Geschichte so zu liefern, wie das 
Ideal vor meiner Seele stand. Ein neuer Unfall, dessen ich im Vorbericht zum 
zweiten Band erwähnte, setzte alle meine Pläne zurück; aber durch meine ganze 
Erziehung gewöhnt, nichts angefangenes aufzugeben, und hier noch zum neuen Sporn 
das ehrenvolle Zutrauen des Publikums und die öffentliche, zum Teil auch 
besondere Aufmunterung solcher Männer, die auf jedermanns Achtung gerechten 
Anspruch besitzen: alles dieses mußte mich anfeuern, meinen einmal gefaßten 
Entwurf, es koste was es wolle, durchzusetzen. Einen großen Mangel, im Betreff der preußischen 
Geschichte, mußte ich aus dem Weg räumen. Ich sah es ein, wie wenig 
diplomatische Genauigkeit in allen preußischen Geschichtsschreibern, bis zu dem 
Anfang dieses Jahrhunderts, herrschte. Schütz hat uns nur wenig Diplomata aus 
seinem Zeitalter aufbehalten; Hartknoch klagt über den Mangel an Urkunden, und 
Lucas David, der in der Mitte des sechzehnten Jahrhunderts auf Fürstlichen 
Befehl und mit Fürstlicher Unterstützung eine Geschichte Prußens schrieb, und 
viele Diplomata benutzte, lag im Manuscripte auf der Schloßbibliothek, ungekannt 
und unbenutzt; bis Lilienthal und Volprecht, die schon in dem erläuterten 
Preußen manche Diplomata geliefert, auch den Altvater Lucas David der Dunkelheit 
entzogen, und die sehr schätzbaren Acta Borussica durch Auszüge und Diplomata 
aus Lucas David bereicherten. Beyer, Hanov, Lengnich, Duellius, Werner und 
Kreuzfeld, erwarben sich wichtige Verdienste um die preußische Geschichte, indem 
sie unsere diplomatischen Schätze vermehrten. Durch die Verbindung Preußens mit 
Polen, Liefland, Curland, Brandenburg, dem Deutschen Reiche und dem Päpstlichen 
Hofe, sind zugleich in den diplomatischen Sammlungen der angezeigten Staaten 
manche sich auf Preußen beziehende Diplomata enthalten. aber diese hervorsuchen 
und ordnen? – welche Arbeit für einen Mann, der zum Aufsuchen das Auge, zum 
Niederschreiben die Hand eines Andern bedarf? Ich sammelte indes unermüdet. Der 
Gedanke, daß ich vielleicht nie davon Gebrauch machen würde, schlug mich oft 
nieder, schreckte mich aber nie völlig zurück; auch war mir das Glück günstig, 
indem mir verschiedene Sammlungen, zum Teil verstorbener Freunde der preußischen 
Geschichte, in die Hände fielen, wodurch mir diese Arbeit ungemein erleichtert 
wurde. Selbst von jenen Briefschaften und Handvesten, größtenteils aus dem 
vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert, die Lucas David aus dem ganzen Land 
zusammenbrachte, und die auf unserer Schloßbibliothek aufbewahret liegen, so wie 
von vielen andern handschriftlichen bisher ungenutzten Actenstücken, wußte ich 
mir, welches jeder Kenner bei näherer Prüfung finden wird, gute Abschriften zu 
verschaffen; ob mir gleich diese Unternehmung durch beinahe niemanden 
erleichtert, eher noch erschweret wurde. Endlich schien mir meine Sammlung teils 
abgeschriebener, teils ausgezogener Urkunden so beträchtlich, daß ich durch 
unsere öffentlichen Blätter einen preußischen diplomatischen Codex herauszugeben 
erklärte, dafern mir nur die Druckkosten durch Pränumeration gesichert würden. 
Dies unterblieb, ich hatte aber doch bei der Sache den Vorteil, diese 
Materialien durchgedacht, und, wenn auch nur größtenteils in meinem 
Gedächtnisse, geordnet zu haben. Wenn daher mein Werk etwas vorzüglich Neues, 
oder wichtige Berichtigungen meiner Vorgänger liefert, so verdanke ichs diesen 
Sammlungen. Hier wäre es vielleicht der schicklichste Ort, 
eine preußische Bibliothek zu liefern, alle meine Vorgänger zu beurteilen, und 
mir das Ansehen zu geben, als ob ich alle Quellen preußischer Geschichte bis zur 
Neige ausgeleert hätte, - und die wäre in der Tat eine sehr leichte Arbeit. Im 
fünften Bande des erläuterten Preußens, Braun de Scriptorum et Prussiae 
historicum, politicorum et Jctorum typis impressorum ac manuscriptorum 
virtutibus et vitiis, u.a.m., finde ich soviel vorgearbeitet, daß ich ohne viel 
Mühe ein recht gelehrtes ansehen geben könnte. Allein der Geschichtsforscher 
kann sich in diesen Werken selbst Raths erholen; und mein Werk hierdurch um 
einige Bogen stärker zu machen, - hierzu hatte ich keine Lust. Auch habe ich nicht alle preußische Geschichte 
benutzt; denn manche sind so äußerst elend, daß dem Manne, der sie nur 
durchlesen wollte, seine Zeit sicher gereuen würde. Ich zeige also nur 
diejenigen summarisch an, die ich gebrauchte, und was ich mir von jedem dachte; 
so erhalten meine Leser, was ich ihnen von diesen meinen Quellen sage, als 
Resultate meiner eigenen Erfahrung und genaueren Prüfungen, und nicht ein meinen 
Vorgängern aus Liebe zur gelehrten Prahlerei nachgebetetes Urteil. Kleine 
Schriften, die einen oder den andern Punkt erläutern, mochte ich her nicht 
besonders beurteilen; und also nur vorzüglich hier einige Nachricht von den 
größeren Werken. Lucas David, Rath des Markgrafen Albrecht, 
schrieb zehn Bücher preußischer Geschichte, ein Manuscript auf der Königlichen 
Schloßbibliothek. Er ist in der alten Geschichte mein Leitfaden. Seine 
diplomatische Genauigkeit, seine gründliche Einsicht, erwarben ihm mein 
Zutrauen. Vorliebe für einmal gefaßte Meinungen, hat auch den frommen wackeren 
Alten zuweilen irre geführt, ich prüfte sodann genau, und der Leser wird meine 
jedesmaligen Gründe, wenn ich von ihm abwich, vorfinden. Simon Grunaw schrieb 22 Tractate oder Bücher 
preußischer Geschichte ums Jahr 1521. Er war aus Tolkemit gebürtig, ein Mönch 
des Predigerordens. Er ist äußerst parteiisch für seine Glaubensgenossen und die 
Polen, und jedes Märchen aufzunehmen geneigt, daher nahm ich zu ihm nur selten 
meine Zuflucht, und ich benutzte ihn nur aus zwei Gründen: wegen seiner 
Verbindung mit den Mönchsklöstern, worinnen doch wahrscheinlich die ältesten 
Nachrichten gesammelt waren, und seiner Kenntnis der altpreußischen Sprache; 
bediente mich aber seiner nur in Ermangelung anderer Quellen. Das beste Exemplar 
des Grunaw war in der Bibliothek des Jesuitercollegiums zu Braunsberg, und ist 
jetzt in der Bibliothek des Fürstbischofs zu Heilsberg. Ordens-Chronik, Manuscript. Ich besitze ein gut 
geschriebenes Exemplar, welches mit dem besten der Königlichen Schloßbibliothek 
völlig gleichlautet. Den Eingang soll ein Bischof zu Paderborn, der sich mit dem 
teutschen Orden im gelobten Lande befand, geschrieben haben. Die übrigen 
Fortsetzer sind unbekannt. Ich entlehnte daraus manches Spezielle im Betreff des 
deutschen Ordens. Chronica von dem Anfang des hochlöblichen 
ritterlichen deutschen Ordens und der Lande Preußen, Manuscript auf der 
Wallenrodschen Bibliothek. Mein völlig gleichlautendes Exemplar verkaufte ich, 
weil ich es größtenteils aus der Ordenschronik entlehnt und nur mit einigen 
Specialen im Betreff der letzten Hochmeister vermehrt fand. Mit ähnlichen, etwas 
abweichenden titeln, in verschiedenem Format, unter dem Namen von Mehlmanns oder 
Möllers Chronik und dergleichen Benennungen, habe ich manche Chronik 
durchgelesen, die mir eben so wenig Trost gab. Johann Lindenblatt, Offizial zu Riesenburg, 
schrieb eine Chronik in lateinischer Sprache, die in der deutschen Übersetzung, 
welche ich nur kenne, vom Jahr 1360 bis aufs Jahr 1416 geht. Sie enthält alle 
Begebenheiten dieses Zeitalters, ist folglich für diese Periode wichtig; ich 
habe sie aber, wegen ihrer Seltenheit, nur wenig benutzen können. Die Bibliothek 
des Gymnasiums zu Elbing besitzt, soviel ich weiß, das beste Exemplar. Radewalds Chronik geht bis auf die Secularisation 
Preußens, und wurde vom Fürsten Radzivil an die Schloßbibliothek geschenkt. Dies 
Manuscript wird in den Selectis historicis et litterrariis gelobt; ich fand 
darin manche Fabel und Parteilichkeit für die Polen. Feybergs Chronik ist, nach Hartknochs Urteil, die 
beste preußische handschriftliche Chronik, sie befindet sich auf der 
Schloßbibliothek; enthält verschiedenes im Betreff der Geschichte Königsbergs, 
welches man in anderen Quellen nicht findet, ich habe sie aber nie ganz zum 
Durchlesen erhalten, sondern bloß Bruchstücke benutzen können. Die Chronik des Grafen Waldeck, Manuscript aus 
der Wallenrodschen Bibliothek, sind vier preußische Chroniken, in einem Buch 
zusammen geschrieben, und ich habe sie so wie Wartzmanns Chronik des Landes 
Prutenia, Manuscript auf der nämlichen Bibliothek, einige male bloß 
nachgeschlagen. Hofgerichtsrat Lucanus Staat von Preußen, geht 
bis aufs Jahr 1735. Ich besitze ihn, finde aber bloß die Periode von Friedrich 
Wilhelm dem Ersten wichtig, und einige brauchbare topographische und 
genealogische Nachrichten; das übrige ist ohne Auswahl compiliert. Johann Adalbert Heyden Archivum et novum 
Heilsbergense, ist aus Grunaw, Leo, Treterus und Plastwig compiliert; doch 
enthält dies Werk auch einige Dilpomata und Nachrichten zur alten Statistik, und 
geht bis aufs Jahr 1768. Durch Zufall ist das Autographum in meine Hände 
geraten. Mehrere Chroniken habe ich durchblättert, aber 
nicht benutzt, weil ich darin nichts Wichtiges, das nicht auch andere 
Schriftsteller bereits bearbeitet hätten, vorfand. Von den gedruckten preußischen 
Geschichtsschreibern schätze ich Dusburgs Chronicon Terrae Prussiae. Er war ein 
Priester des Ordens, lebte bis auf die Zeit Werners von Orseln, ist der älteste 
gedruckte preußische Historiker, durch Hartknochs Animadversionen und 
Disputation gründlich erläutert. Gegen seinen Fortsetzer war ich mißtrauische; 
und seinen Übersetzer Jeroschin, Manuscript auf der Königl. Schloßbibliothek, 
verglich ich nur an ein paar Stellen. Schütz Historia rerum Prussicarum schien mir 
Aufmerksamkeit zu verdienen, weil er die alten Quellen genau gekannt zu haben 
scheint, und in neuern Zeiten ausführlich ist, auch manches eingerückte Diplom 
enthält. Henneberger Erklährung der preußischen größeren 
Mappen oder Landtafel, ein Zeitgenosse Markgraf Albrechts, wurde deshalb von mir 
wenig benutzt, weil er so äußerst leichtgläubig, jedes abenteuerliche Märchen 
aufnahm. Hartknochs Altes und Neues Preußen, so wie seine 
Kirchengeschichte, hielt ich in Ehren; allein er hatte, wie ich und jeder meiner 
Nebenmenschen, seine Fehler; und seines scharfsinnigen Kopfes unerachtet, trat 
er, wenn es auf die Behauptung einer seiner Lieblingshypothese ankam, jeden 
Gegenbeweis unter die Füße. Waißel, Adlerhold, und mehrere Compilatoren, 
benutzte ich nur, wenn ich in ihnen eine Begebenheit ausführlicher als an 
anderen Orten erzählt antraf. Lengnichs Geschichte der preußischen Lande, 
Königlich Polnischen Antheils, neun Foliobände, liefern, so ermüdend sie auch 
sind, einen mitdiplomatischer Genauigkeit ausgeführten Bericht von dem Zustande 
Westpreußens unter polnischer Herrschaft. Johann Leo Historia Prussiae erhielt von 
Hartknoch, der es als Manuscript kannte, ein gutes Zeugniß, und ich fand darin 
verschieden brauchbare Nachrichten. Raimund Duellius Hist. Equitum teutonicorum 
schätze ich wegen der beigefügten Diplomata. Das erleuterte Preußen, die Acta Borussica, die 
Preußischen Sammlungen, preußischen Lieferungen und das gelahrte Preußen 
enthalten, mit unnützen, wenigstens gleichgültigen Sachen vermischt, manche 
vortreffliche Materialien. Diese gilt auch von den preußischen Landacten, 
wovon ich aus verschiedenen Bibliotheken einzelne Jahrgänge erhielt, und auch 
die Wallenrodsche Bibliothek benutzte. Gegen alle polnischen Geschichtsschreiber war ich 
durchaus mißtrauisch wegen ihrer grenzenlosen Parteilichkeit. Ich hatte es bei 
ihrer Benutzung zum Gesetz gemacht, sie nur alsdann zu gebrauchen, wenn mich 
preußische Geschichtsschreiber im Stiche ließen, und alsdenn jederzeit 
denjenigen zu wählen, welcher der erzählten Begebenheit am nächsten lebte, und 
daher gab ich dem alten sonderbaren Kadlubko, so weit er reichte, den Vorzug. 
Die vielen kleinen Schriften über einzelne Begebenheiten werden in Noten 
angezeigt, und dieses ist auch der Fall mit solchen Schriftstellern, die, wie 
Treterus und Plastwig, die Geschichte Ermlands, Zernike, die Geschichte von 
Thorn, Dionysius Runav die Geschichte des dreizehnjährigen Krieges in Preußen, 
folglich nur einen Teil der preußischen Geschichte behandelt haben. Unsere gedruckten Landtagsbeschlüsse und 
preußischen Landrechte, besonders die von 1620 und 1680, sind als Quellen des 
preußischen Staats- und Lehnsrecht von großer Wichtigkeit. Die neuesten preußischen Historiker bewundere ich 
oft wegen ihrer ausgebreiteten Gelehrsamkeit und außerordentlichen Belesenheit; 
allein in vielen herrscht eine Vorliebe für Preußen, oder ihre Vaterstadt, die 
ins weite gehet. Höchst verzeihlich ist dieses, dem guten Bürger; und es 
schmeichelt der menschlichen Eitelkeit, das Andenken des Vaterlandes zu 
erhalten, oder seinen Ruhm aus den frühesten Zeiten hervorzusuchen: denn mit ihm 
innigst verbunden scheinen wir zugleich unsere Existenz zu verlängern, aber 
unsägliche Mühe erwächst hiedurch dem Geschichtsschreiber, der die Zeugnisse der 
Alten nicht deutet, sondern nur nach ihrem Wortstande nimmt. Deshalb nahm ich 
diese Beweisstellen in die Beilagen auf, und jeder unbefangene Leser mag prüfen, 
ob ich, aus dem angezeigten Gesichtspunkt betrachtet, ein mehreres in die 
Geschichte aufnehmen konnte. Außerdem enthalten die Beilagen diejenigen Stellen, 
welche auf Sitten und Charakter des Volks Bezug haben; die Meinung desjenigen 
Schriftstellers, dem ich, wenn die Berichte sich widersprachen, nachgefolgt bin; 
und diplomatische Beweise, aus denen ich oft nur einzelne Stellen entlehne; um 
die Beilagen nicht zu vergrößern, durch die ich mir vielleicht schon den Tadel 
derjenigen zuzog, die in der Geschichte bloß angenehme Unterhaltung suchen. 
Allein die neuerlich geäußerte Meinung unsers großen Staatsministers Grafen von 
Herzberg, der die Beweisstellen für wesentlich in der Geschichte hält, 
veranlaßte mich, keinen Tadel zu scheuen, um so mehr, da ich aus eigener 
Erfahrung weiß, mit wie viel Schwierigkeiten oft die Herbeischaffung der Quellen 
verbunden ist. Im Betreff der Etymologie bin ich meinen Lesern 
eine Erklärung schuldig. Vor acht Jahren, da ich noch jünger, meine Phantasie 
lebhafter war, lernte ich, um bei der Ausarbeitung meines Handbuches davon 
Gebrauch machen zu können, die polnische, litauische und russische Sprache, und 
erwarb mir auch von der lettischen, estnischen und wendischen eine 
oberflächliche Kenntniß. So wenig mir dies half, reut mich doch diese Mühe 
nicht, weil ich jetzt einsehe, wie wenig alle Etymologie uns nützt, und ich 
bediene mir ihrer nur alsdenn, wenn schon unsichere Data waren, die ich durch 
die Etymologie verstärken konnte. Im Betreff des Stils wird man mir vielleicht 
Ungleichheit zum Vorwurf machen; aber in einem Werke, woran ich seit beinahe 
achtzehn Jahren dachte, und das folglich nicht auf einmal, sondern nur 
stückweise entstand, in so mancherlei Perioden meines Lebens, bei Schwermut und 
Heiterkeit in kränklichen und gesunden Zustande, mit dem Feuer des Jünglings und 
der ruhigen Kälte des Mannes niedergeschrieben wurde, ist dieser Fehler 
unvermeidlich. Während der Ausarbeitung erlernte ich zur Übung meines 
Gedächtnisses verschiedene Sprachen, und da meine Lebhaftigkeit wegen meiner 
Blindheit durch keine äußere Gegenstände gestört wird, so treibe ich jede 
Beschäftigung von ganzer Seele. Daher erinnerten mich zuweilen meine Freunde, 
daß man es meinen Gesprächen und meinen Briefen ansehen könnte, welche Sprache 
ich gerade treibe, weil ich, von meinem Feuer hingerissen, Idiotismen, 
wenigstens Wortfügungen derselben, aufnehme, und diese können gegen meinen 
Willen auch hier eingeschlüpft sein. Auch die beständige Lektüre von Urkunden 
und Chroniken mußte meinem Stile nachteilig werden; und ob ich diesem Üble durch 
das Studium des Livius, Sallust und Plutarch abgeholfen habe, mag der 
Sachverständige entscheiden. Hier ist nun mein freimütiges Geständnis, ich 
hätte vielleicht manches verhehlen, oft in einem höheren Ton reden können, aber 
ich wünsche mir nie mehr zu scheinen, als ich wirklich bin, und daher glaube ich 
auch hier dem Verdachte der Prahlerei zu entgehen, wenn ich hinzufüge, daß ich 
mit Hilfe von ungefähr 600 copirten und einigen 1000 ausgezogenen Urkunden, die 
alte Chronologie berichtigt, manches der Geschichte des Ordens genau bestimmt, 
selbst manches Neue dargetan, und das Staatsrecht und Lehnrecht Preußens ergänzt 
zu haben glaube. Ferner habe ich alle Naturprodukte, so weit ich nur konnte, 
aufgesammelt, um bestimmt anzeigen zu können, was mein Vaterland enthalte; auch 
habe ich eine beträchtliche Bibliothek von preußischen Geschichtsschreibern und 
andern dahin einschlagenden Schriftstellern mit Mühe zusammengebracht; hierauf 
in meiner Lage sehr beträchtliche Kosten verwandt, und beinahe fünfzehn Jahre 
lang die Geschichte meines Vaterlandes und des europäischen Nordens studiert; 
oft zwölf oder vierzehn Stunden täglich über einige wenige Stellen gebrütet; und 
oft mein Vergnügen, meinen andern einträglicheren Erwerb, dieser Beschäftigung 
aufgeopfert. Preußens Geschichte war immer mein 
Hauptaugenmerk, und ich schalte nur die frühere Geschichte Brandenburgs ein, 
wenn ich auf die Verbindung beider Staaten komme; erzähle ich als ihre 
gemeinschaftlichen Schicksale, und füge, so oft eine neue Provinz hinzukommt, 
die frühere Geschichte bis zur Verbindung mit Preußen als Episode hinzu. 
Hiedurch werden die Grenzen meiner Arbeit erweitert, und ich hoffe, daß man mir 
wenigstens das Zeugnis des mühsamsten Fleißes nicht verweigern wird. Lücken wird man hin und wieder in den preußischen 
Geschichten antreffen, bis zwei vorhandene, aber kostbare Quellen benutzt 
werden. Lucas David sagt uns, daß ein ganzes Fuder Urkunden, die auf Preußens 
und Polens Staatshändel Bezug hatten, vom Markgrafen Albrecht aus Königsberg und 
Tapiau nach Marienburg gesandt, und von da aus nach Krakau gebracht wurden. In 
den folgenden Kriegen, da die Schweden Krakau eroberten, wurden sie nach 
Schweden geschickt. Die zweite Quelle sind die Archive des Deutschen Ordens. 
Beide an Ort und Stelle zu benutzen, stehen mir beinahe unüberwindliche 
Hindernisse im Wege. Mich darüber hinwegsetzen zu können, ist oft mein Wunsch; 
ob ich ihn jemals befriedigen werde oder nicht, darüber muß die Zeit 
entscheiden; und wer es mir verargt, daß ich schon diesen Wunsch äußere, der 
bedenke doch zuvor, daß ich beinahe nichts in dieser Welt habe, woran meine 
Seele hängt; und wenn ich mir nun selbst etwas schaffe, wofür ich Anhänglichkeit 
fühle, wodurch ich mit dieser Welt wieder näher verbunden, und ihr wieder 
wirksam zu sein hoffe – sei es auch, nur wähne – wer kann es mir verargen, daß 
ich alles dafür zu opfern bereit bin? 
  
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    Veröffentlicht in:Tolkemita Mitteilungen, waistsennei,
 'Informationsschrift für Prußen und Prußenfreunde I/ 2002
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