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Deutsch verliert an Strahlkraft
Immer weniger Schüler
im Ausland lernen unsere Sprache – Muttersprache im eigenen Land immer unbeliebter
von Thomas Paulwitz
Die deutsche Sprache scheint für Englisch der
schärfste Wettbewerber. Diesen Schluß legen zumindestens die Zahlen ... über
Weltsprachen nahe. Doch welches Denken steckt dahinter, wenn zum Beispiel jüngst
die britische „Financial Times“ den Porschelenker Wendelin Wiedeking als
Kartoffelbauern verunglimpft, weil er an Deutsch als Unternehmenssprache
festhält? Oder wenn das Bundespräsidialamt den englischen Namen „Hall of Fame“
einer neuen Ehrenstätte für ausschließlich deutsche Sportler verteidigt? – Und
das auch noch mit dem Hinweis, daß ein deutscher Name wie „Ruhmeshalle“ oder
„Ehrenhalle“ „allzu nationalistisch“ geklungen hätte? Tatsache ist, daß sich die
deutsche Sprache in vielen Bereichen wie zum Beispiel in den Naturwissenschaften
auf dem Rück-zug befindet und ihre Bedeutung als Weltsprache aus vielerlei
Gründen schwächer wird.
An Warnzeichen mangelt es nicht. So sinkt
weltweit die Zahl der Menschen, die Deutsch als Fremdsprache lernen. Über die
Zahl der Deutschlerner auf der Welt geben am besten die Untersuchungen der
„Ständigen Arbeitsgruppe Deutsch als Fremdsprache“ aus den Jahren 2000 und 2005
Auskunft. Der Arbeitsgruppe gehören das Auswärtige Amt, der Deutsche Akademische
Austauschdienst (DAAD), das Goethe-Institut sowie die Zentralstelle für das
Auslandsschulwesen an. Während sie für das Jahr 2000 noch 20,2 Millionen
Deutschlerner weltweit ermittelte, sank die Zahl in den fünf Jahren um 3,5
Millionen auf 16,7 Millionen. Besonders stark ist der Rückgang in Nordamerika,
Süd- und Ostasien sowie Rußland, aber auch in der Europäischen Union. In
Großbritannien zum Beispiel wird kaum noch Deutsch unterrichtet. An den dortigen
Hochschulen kann man sich mittlerweile ohne den Nachweis von
Fremdsprachenkenntnissen zum Studium anmelden – eine Entwicklung, die die
britische Regierung mit Gesetzen fördert.
In Brüssel sträubt sich die Bürokratie mit Erfolg
gegen eine Aufwertung der deutschen Sprache als gleichberechtigte Arbeitssprache
neben Englisch und Französisch. Leider fehlt es auch den deutschsprachigen
Ländern an Geschlossenheit. Einer Initiative des Landes Hessen für eine stärkere
Verwendung der deutschen Sprache verweigerte der Bürgermeister und
Landeshauptmann Wiens Michael Häupl die Unterschrift, weil er für die
„Herausbildung einer gemeinsamen Verkehrssprache“ (also Englisch) eintritt.
Warum verliert die deutsche Sprache im Ausland an
Anziehungskraft? Nach einer Antwort müssen wir nicht lange suchen. Wer die
Sprache im eigenen Lande nicht achtet, schwächt ihre Strahlkraft. Zahlreiche
deutsche Großunternehmen flüchten aus der deutschen Sprache und zwingen ihre
Mitarbeiter, Englisch zu verwenden. Die drei „Reformen“ von 1996, 2004 und 2006
haben das Vertrauen in die deutsche Rechtschreibung zerstört. Schulen und
Universitäten tauschen in Unterricht und Lehre die deutsche Sprache durch
Englisch aus. Die Einwanderer sehen häufig keinen Grund, die deutsche Sprache zu
erlernen, während die Einheimischen ihre Sprache mit zu vielen Anleihen aus dem
Englischen verunstalten. Wer die Muttersprache stiefmütterlich behandelt,
braucht sich nicht zu wundern, wenn sie auch weltweit an Achtung einbüßt.
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