Huldigung im Schloßhof zu Königsberg
1663:
Stich von Gottfried Bartsch nach einer Zeichnung von Christof Gercke
Preußen wird souverän
Vor 350 Jahren huldigten die Stände auf dem Königsberger
Schlosshof dem Großen Kurfürsten
Es war ein langer und steiniger Weg, bis das
Herzogtum Preußen und das Kurfürstentum Brandenburg sich zu einem Staate, bis
die beiden ostdeutschen Neustämme der Brandenburger und der Preußen sich in
einem gemeinsamen Staatsbewusstsein zusammenfanden. Stationen auf diesem Wege
waren der Wehlauer Vertrag von 1657, in dem Polen die Souveränität des
Kurfürsten Friedrich Wilhelm in Preußen anerkannte,
der Frieden zu Oliva 1660,
in dem diese Souveränität von den europäischen Mächten garantiert wurde, und
schließlich der 18. Oktober 1663, als die preußischen Stände auf dem Schlosshof
zu Königsberg dem Souverän huldigten.
Sechs Jahre hatte der Kurfürst gebraucht, bis er
dieses Ziel erreichte. Dass er seinen hartnäckigsten Widersacher, den
kneiphöfischen Schöffenmeister Hieronymus Roth, schließlich verhaften ließ, hat
in der Geschichte mehr viel aufgewirbelt. Darüber werden die langen und
geduldigen Verhandlungen häufig übersehen, mit denen die kurfürstlichen Räte,
voran Otto von Schwerin, die auf ihre Privilegien pochenden Stände dafür
gewannen, der Regelung, die schon von ganz Europa anerkannt war, auch ihrerseits
zuzustimmen.
Rechtsbewusstsein und Eigennutz lagen bei diesem
ständischen Widerstand eng beieinander. Wenn die Stände, besonders der Adel, für
ihr gutes altes Recht fochten, was die Württemberger noch viele Menschenalter
später taten, so vereinigte sich bei ihnen das Argument, dass auch der
Landesherr das Recht nicht verletzen dürfe, mit dem Tatbestand, dass dieses alte
Recht ihr Vorteil war und zum Schaden des Staates, wie der Kurfürst ihn schaffen
wollte. Dass einige Vertreter der Stände lieber die Oberlehnsherrschaft des
Polenkönigs behalten als die Souveränität des Brandenburgers anerkennen wollten,
hat mit nationalen Motiven nichts zu tun. Der polnische Adelsstaat übte gerade
im Stadium eines beginnenden Verfalls eine gewisse Anziehungskraft auf den Adel
der Nachbarländer aus, weil dieser in der „Freiheit“, die der Adel in Polen
genoss, besser seinen Vorteil zu wahren glaubte als unter einem Herrscher, der
zäh und erfolgreich die Staatsmacht ausbaute. Es bedurfte vielen Zuredens und
mancher Zugeständnisse Friedrich Wilhelms, bis die Stände, die auch von Polen
keine Unterstützung mehr erhielten, nachgaben.
Im Frühjahr des Jahres 1663 hatte sich das
politische Klima in Königsberg so weit gebessert, dass der Kurfürst am 30. April
an einem Schießen der altstädtischen Bürgerschaft teilnahm. Er stiftete Preise
und „bewies einem solchen exercitio ein gnädiges Gefallen“. Einig wurde man sich
aber erst im Oktober. Am 17. Oktober huldigten die Oberräte und die höchsten
Beamten, und am 18. fand auf dem Schlosshof die allgemeine Landeshuldigung
statt. Nach der Festpredigt bestieg der Kurfürst die auf dem Hof aufgeschlagene
Bühne und nahm auf einem mit rotem Samt ausgeschlagenen Thron den Eid entgegen.
Ihm zur Seite standen der Landhofmeister mit dem Kurhut, der Oberburggraf mit
dem Kurschwert, der Kanzler mit dem Zepter und der Obermarschall mit dem
Marschallstab. Alle Edelleute, die Abgeordneten der Städte und die Beamten
leisteten persönlich den Eid, wie ihn der Obersekretär Fabian Kalau vorlas. Die
Feier schloss mit einem Volksfest im Stile der Zeit. Wein floss aus einem auf
dem Schlossplatz errichteten Adler, und die kurfürstlichen Kämmerer streuten
goldene und silberne Denkmünzen unter das Volk. Tagelang gingen die
Festlichkeiten noch weiter mit Bewirtungen, Bärenhetzen und Feuerwerk und
schlossen mit einem Gastmahl, das die Altstadt dem Kurfürsten und seiner
Gemahlin auf dem Rathause gab. Damit war der Friede zwischen dem Landesherrn und
seinem Lande hergestellt.
Der Kurfürst tat recht daran, dass er später von
der Huldigung nach einem Bild des sonst unbekannten Malers Christoph Gercke von
seinem Hofkupferstecher Gottfried Bartsch einen Stich anfertigen ließ, denn mit
diesem Tage begann tatsächlich eine neue Epoche in der Geschichte Preußens. Das
Herzogtum wurde jetzt endgültig aus dem Verband der polnischen Krone gelöst und
mit Brandenburg enger verbunden. Es wurde zum Eckpfeiler des Staates, der sich
aus der Enge des Anfangs in die Weite der europäischen Geschichte
hinauszuarbeiten begann. Die Weichen waren gestellt zu neuer Fahrt.
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