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Wie Friedrich II. »der Große« wurde Nach dem Österreichischen Erbfolgekrieg (1740–1748) kam es zur einer „Umkehrung der Allianzen“ (Renversement des alliances). Österreichs klugem Staatskanzler Wenzel Anton Kaunitz gelang es mit Friedrichs des Großen unfreiwilliger Hilfe, die drei kontinentalen Großmächte für ein Bündnis gegen Preußen zu schmieden. Obwohl Österreich, Frankreich und Russland noch keine Kriegsvorbereitungen getroffen hatten, fürchtete Friedrich einen Dreifrontenkrieg und entschied sich zu einem Präventivschlag. Der Dritte Schlesische Krieg, der Siebenjährige Krieg, hatte begonnen. Friedrich der Große marschierte am 29. August 1756 in das neutrale Sachsen ein, schloss die sächsische Armee bei Pirna ein und zwang sie zur Kapitulation. Als er am 1. Oktober bei Lobositz an der Elbe auf eine den Sachsen zur Hilfe eilende österreichische Armee stieß, konnte er nur mit Müh und Not einen Achtungserfolg erringen und musste erkennen, dass er nicht mehr die „alten Österreicher“ vor sich hatte. Während Großbritannien und Frankreich in Nordamerika um die koloniale Vorherrschaft kämpften, trat der Krieg in Europa in seine heiße Phase. Kaunitz erreichte von Frankreich ein Offensivbündnis, dem auch Schweden, das eine wichtige Position in Vorpommern innehatte, beitrat, und Anfang 1757 wurde der Reichskrieg gegen Preußen erklärt. Demgegenüber hatte Friedrich nur Großbritannien, Braunschweig, Hessen und Sachsen-Gotha auf seiner Seite. Im Bemühen, Österreich zu besiegen, stellte sich Friedrich Anfang Mai 1757 dem Gegner vor Prag, konnte aber nur einen Pyrrhussieg erringen. Doch Feldmarschall Leopold Joseph Graf von Daun, auf den Maria Theresia ihre letzte Hoffnung setzte, sammelte nochmals eine Armee und rückte auf Prag vor. Friedrich griff die Entsatzarmee trotz eigener Unterlegenheit an, erlitt aber infolge der klugen Taktik Dauns am 18. Juni bei Kolin seine erste schwere Niederlage. Der König befand sich in einer denkbar ungünstigen Lage. Seine schwer dezimierte Armee musste den Rückzug nach Norden antreten, Prinz Karl von Lothringen, der Schwager Maria Theresias, drang nach Schlesien ein, während von Westen Franzosen und Reichstruppen gegen Friedrich vorrückten. Erst im Spätherbst bot sich dem König die sehnsüchtig erwartete Chance zur Schlacht. Als die Reichstruppen und Franzosen in Richtung Leipzig vorrückten, schlug er sie vernichtend bei Rossbach, wobei Reitergeneral Friedrich Wilhelm Freiherr von Seydlitz-Kurzbach die Schlacht entschied. Mit diesem Sieg war sein Ansehen in weiten Teilen der deutschen Fürstentümer wieder hergestellt. Nun galt es, die österreichische Armee unter Prinz Karl, die inzwischen Breslau erobert hatte, zu besiegen. Mit beispielloser Kühnheit überraschte er die doppelt so starken, aber unvorsichtigen Österreicher, die beim Dorfe Leuthen Stellung bezogen hatten, am 5. Dezember und errang dank der „schiefen Schlachtordnung“ seinen größten Sieg. Mit diesem Triumph, der selbst von Napoleon Bonaparte bewundert wurde, erlangte Friedrich zwar operative Handlungsfreiheit, doch die endgültige Entscheidung stand noch aus. Österreich, Frankreich und Russland waren noch immer zahlenmäßig stark überlegen, und nun lief Friedrich Gefahr, in einen Ermattungskrieg zu geraten, dem er früher oder später erliegen musste. Er nutzte den Vorteil der „inneren Linie“, indem er schneller als der Gegner Kräfte an einer bestimmten Stelle zusammenzog und damit örtliche Überlegenheit gewann. Indem er seine Hauptarmee immer nur auf einen Gegner richtete, trachtete er nach einem entscheidenden Sieg. Dann wäre er auch stark genug, um mit den übrigen Gegnern fertigzuwerden. Sein Motto lautete: „Wenn man alles defendieren will, defendieret man gar nichts.“ Er nahm daher die Besetzung Ostpreußens durch den russischen General Wilhelm Graf von Fermor hin, da er endlich die Österreicher unter Daun in Mähren besiegen wollte. Der König schloss die Festung Olmütz ein, doch als Daun, der „Meister der Verteidigung“ anrückte, schaffte es Friedrich nicht, ihn zur Schlacht zu stellen. Im Gegensteil: Durch kühne Manöver des Generals Gideon Ernst Freiherr von Laudon, dem damals fähigsten österreichischen Heerführer, kam er in arge Bedrängnis, da dieser die Nachschubkolonnen der Preußen mehrmals dezimierte. Dann trat die größere „russische Gefahr“ in Erscheinung, da General Fermor durch Polen heran marschierte und bei Zorndorf nördlich von Küstrin Stellung bezog. Friedrich wandte sich mit dem Gros seiner Armee gegen ihn und griff ihn am Morgen des 25. August an. Als der Angriff scheiterte, wollte Friedrich die Wende erzwingen und schritt seinen Soldaten mutig voran. General Seydlitz konnte zwar die Lage retten, doch der Kampf endete beiderseits mit Erschöpfung. Da Fermor nach zwei Tagen sein Lager abbrach, buchte Friedrich den Sieg für sich. Nun wollte der König die Österreicher schlagen und wandte sich nach Sachsen, um in Schlesien die Verbindung mit den Truppen seines Bruders Heinrich, des „Feldherrn ohne Fehler“, aufzunehmen. Als Friedrich mit 30.000 Mann bei Hochkirch lagerte, wurde er von den Österreichern, bei denen Laudon die Initiative ergriffen hatte, in der Nacht zum 14. Oktober umstellt und bei Tagesanbruch angegriffen. Friedrich konnte sich mit letzter Kraft den Rückzug nach Westen erkämpfen, verlor aber fast ein Drittel seiner Armee, darunter die Feldmarschälle Moritz Prinz von Anhalt-Dessau und Jakob von Keith. Aus unerklärlichen Gründen verzichtete Daun auf die Verfolgung. Im Frühjahr 1759 nahm die Lage hochdramatische Züge an, denn der Mehrfrontenkrieg tat seine Wirkung. Es gab immer weniger Ersatz für die Armee, so dass der König junge Männer mit List und Gewalt rekrutieren ließ, während Söldner die ärgsten Lücken stopften. Er lud Sachsen und Mecklenburg hohe Kriegslasten auf und schreckte zeitweise auch vor Geldentwertung nicht zurück. Trotz allem blieb ihm die Koalition seiner Gegner um 140.000 Mann überlegen. Friedrich konnte nicht anders, als sich auf die strategische Defensive zu beschränkten. In Wien plante der Hofkriegsrat, endlich gemeinsam mit Russland die Entscheidung zu erzwingen. Doch Zarin Elisabeth und ihr Kanzler hielten sich zurück, da sie freie Hand behalten und nicht den Interessen Wiens folgen wollten. Im Sommer rückte wie im Vorjahr eine russische Armee unter General Graf Pjotr Semjonowitsch Saltykow gegen die Oder vor, und suchte die Vereinigung mit den Österreichern, die in Schlesien standen. Saltykow schlug zunächst eine preußische Armee unter dem ungeschickten Generalleutnant Carl Heinrich von Wedel bei Kay am 23. Juli. Daraufhin wandte sich Friedrich mit seiner Hauptarmee gegen die Russen, zu denen Laudon mit einem Korps gestoßen war. Am 12. August lieferten sich die Kontrahenten bei Kunersdorf östlich von Frankfurt eine äußerst erbitterte Schlacht, in der Friedrich seine schwerste Niederlage erlitt. Die Standfestigkeit der Russen und die schneidige Kavallerie der Österreicher entschieden den Tag, der nach menschlichem Ermessen die endgültige Niederlage Preußens bedeutet hätte. Am Abend der Schlacht konnten nur mehr 10.000 Mann notdürftig gesammelt werden. Friedrich sah den Krieg als verloren an und dachte an Selbstmord. Das „Wunder des Hauses Brandenburg“ bestand vor allem darin, dass sich Saltykow weigerte, die von Laudon mit Vehemenz erhobene Forderung zu erfüllen, schleunigst Berlin einzunehmen und dort die Niederlage Preußens perfekt zu machen. Doch Saltykow wollte seiner Armee keine weiteren Opfer mehr abverlangen und zog sich zurück. Der König überwand schnell seine Niedergeschlagenheit und ging daran, die Österreicher aus Sachsen zu vertreiben, doch ohne Erfolg. Nun kam es zum Äußersten. Friedrich füllte die schrecklichen Lücken in seinen Regimentern mit blutjungen Rekruten auf, machte Halbwüchsige zu Offizieren und besteuerte die besetzten Gebiete härter als zuvor. Der Ermattungskrieg zeigte sein unbarmherziges Gesicht. 1760 wollte Friedrich unbedingt Dresden einnehmen, und da er gegen Sachsen einen tiefsitzenden Groll empfand, ließ er die Stadt heftig beschießen. Er siegte [am 15.08.1760] bei Liegnitz und am 3. November 1760 ging er bei Torgau gegen Daun vor, der mit überlegenen Truppen in vorteilhafter Stellung den Angriff erwartete. Friedrich wurde vom Pferd geschossen, aber der Husarengeneral Hans Joachim von Zieten erzwang gerade noch bei sinkender Nacht einen höchst verlustreichen Sieg. Im nächsten Jahr machte sich auf allen Seiten personelle und finanzielle Erschöpfung breit. Frankreich hatte schwere Niederlagen in Nordamerika erlitten und steuerte auf einen Frieden zu. Das britische Parlament strich Friedrich die Subsidien, während die Russen Pommern eroberten. Der König war tief deprimiert und wusste keinen Ausweg mehr. Hätten die Österreicher und Russen energisch angegriffen, wäre Friedrich verloren gewesen. Doch nun griff unerwartet das Schicksal ein: Zarin Elisabeth, die Erzfeindin Friedrichs, starb im Januar 1762. Daraufhin schloss ihr Nachfolger Peter III., ein Bewunderer des Königs, am 5. Mai Frieden, dem sich auch der König von Schweden anschloss. Friedrich zeigte nun seine Meisterschaft im Durchhalten. Nachdem Anfang 1763 auch Frankreich aus der antipreußischen Koalition ausgetreten war, blieb dem Habsburgerreich nur mehr der Friedensschluss übrig. Auf Schloss Hubertusburg, das einst durch die ehrenvolle Haltung eines preußischen Adeligen vor der Plünderung verschont geblieben war, schlossen Friedrich und Maria Theresia, des „alten Haders müde“, endlich Friede. Schlesien blieb in preußischem Besitz, und König Friedrich kehrte, geheilt von Ehrgeiz und Ruhmsucht, still nach Sanssouci zurück, um sich endlich dem Wiederaufbau des Staates zu widmen. Diese seine Leistung sollte noch mehr gewürdigt werden als alle seine Siege, die ihm immerhin den Beinamen „der Große“ eingebracht haben.
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