Der
Landkreis Marienwerder umfaßt eine Fläche von 525,70 qkm und hat 44.813
Einwohner, das sind 85,2 auf 1 qkm. Seine Westgrenze läuft am Ostdeich der
Weichsel entlang, umgeht aber das zu Polen gehörige Kirchspiel Johannisdorf; die
West- und Südgrenze des Kreises sind gleichzeitig Landesgrenze mit Polen. Im
Osten des Kreises liegt der
Kreis Rosenberg, im Norden der
Kreis Stuhm. Im westlichen Kreisteil breitet sich das sehr fruchtbare, etwa
5 km breite Weichselstromtal aus, dein sich ostwärts eine liebliche
Moränenlandschaft mit Hügeln, Kuppen und eingelagerten Seen anschließt. Die
Kreis- und Regierungshauptstadt
Marienwerder liegt 4 km ostwärts der Weichsel an dem hohen Hang des
Weichselstromtals. Den Höhenrücken, auf dem die Stadt sich erhebt, umfließt in
einem weiten Bogen die Liebe, ein Flüßchen, das die Seen bei Riesenburg
entwässert und die Alte Nogat bildet. Im Jahre 1233, als
Thorn und Kulm
angelegt waren, errichteten die Ordensritter 5 km nördlich der heutigen Stadt
auf dem „Unterberg", neuerdings auch „Schloßberg" genannt, eine Ordensburg.
Wegen ihrer Insellage im damals reich verzweigten Weichseltal erhielt sie den
Namen Insula sanctae Mariae (Marienwerder). Bereits nach einem Jahr wurde sie an
den Südrand der Stadt auf die Stätte verlegt, auf der eine vom Orden eroberte
Prußenfeste gestanden hatte. Sie war hier strategisch günstiger gelegen und bot
Raum für eine größere Anlage. Die verlassene (erste) Burgstelle, Klein Quedin
auf dem Unterberg, verlieh der Landmeister Hermann Balk 1236 dem
niedersächsischen Edelherrn Dietrich von Depenow samt einem umfangreichen
Landgebiet (5.000 ha), auf dem dieser zahlreiche Dörfer, darunter das Kirchdorf
Tiefenau anlegte. Da der Orden verpflichtet war, einen Teil des neueroberten
Landes an die Kirche abzutreten, überließ er 1254 dem Bischof von
Pomesamen ein Gebiet, in dem heute die Städte
Marienwerder, Riesenburg,
Rosenberg, Freystadt, Bischofswerder und Garn liegen. Die
Ordensburg Marienwerder wurde nunmehr Sitz des Bischofs von
Pomesanien, der gleichzeitig Landesherr im Bistum war. Seit 1276 residierte
er gewöhnlich in Riesenburg. Der Bischof Erhard von Queiß verzichtete nach der
Reformation 1527 auf die pomesanischen Stiftsgüter zugunsten
Herzog Albrechts, der ihm die Burg und die Ämter Marienwerder und
Schönberg auf Lebenszeit überließ. Die Bischofsburg wurde 1540/1558 abgebrochen,
nur ihr westlicher Teil blieb als „Altschlößchen" erhalten.
Im Jahre 1285 bestimmte der Bischof Marienwerder zum Sitz
eines Domkapitels; die etwa 1264/1284 erbaute Pfarrkirche wurde zum Dom erhoben;
von ihr ist nur noch die Südvorhalle erhalten geblieben. Das Domkapitel, das
sich aus zwölf Domherren zusammensetzte, die zum Teil Ordensbrüder waren,
errichtete zu seiner Behausung ab etwa 1322 auf dem bisherigen Kirchhof eine
vierflügelige Burg mit einem fast quadratischen Binnenhof, mit Wehrgängen und
kräftig betonten Ecktürmen. Eine Kapelle fehlte, weil der Gottesdienst im fast
gleichzeitig erbauten Dom abgehalten wurde. Dem Westflügel ist der Danzkerturm
(Abortanlage) mit hohem, langem Verbindungsgang auf fünf Bögen weit in die
Niederung vorgeschoben. Der südöstliche zinnengeschmückte, 50 m hohe Eckturm
diente als Bergfried und als Glockenturm des unmittelbar an die Burg
anschließenden Domes. Er bildet den künstlerischen Mittelpunkt der „188 m
langen, charaktervoll gegliederten Baugruppe" (Dom, Burg, Danzker) und zusammen
mit. dem Danzker das Wahrzeichen der Stadt Marienwerder. Der Bau des Doms wurde
1344/1355 durchgeführt, der zweigeschossige Chor war schon etwa 1325 begonnen
worden. Die Krypta (Unterkirche) diente als Gruft; in ihr ist u. a. der 1330
ermordete
Hochmeister Werner von Orseln beigesetzt. Im Innern des Doms wurden 1862
unter den Fenstern der Seitenschiffe Wandgemälde vom Ende des 14. Jahrhunderts
aufgedeckt. erneuert und 1931/1934 instand gesetzt. Der prächtige Bischofsstuhl
mit spätgotischem Schnitzwerk ist nach 1500 von Bischof Hiob von Dobeneck
gestiftet worden. Neben dem barocken Hauptaltar von etwa 1690/1695 steht der
kostbare Reliquienschrein der Klausnerin Dorothea von Montau, sie starb 1394 in
Marienwerder; er ist vom Bischof Johannes I. (1378/1409) gestiftet worden. Die
Kapelle an der Nordwand hat sich Otto Friedrich von der Groeben (+ Marienwerder
1728) erbauen lassen. Er ist der Gründer der ersten kurbrandenburgischen Kolonie
an der Goldküste in Afrika; er war seit 1689 Amtshauptmann in Marienwerder und
Erbherr auf dem südöstlich der Stadt gelegenen Gut Neudörfchen, das von
1701-1945 im Besitz der Familie (zuletzt Graf van der Groeben) gewesen ist. Nach
dem Tode des ev. Bischofs Paul Speratus (+ Marienwerder 1551), der auch als
Kirchenliederdichter bekannt ist, wurde das Schloß Sitz der Amtshauptleute. Im
Jahre 1709 waren in ihm König
Friedrich I. und der Zar Peter I. zusammengekommen. Neben dem Domänenamt
beherbergte das Schloß ab 1772 die „Regierung" (die westpreußische oberste
Gerichtsbehörde) und die Kriegs- und Domänenkammer (im 19. Jahrhundert Regierung
genannt) Westpreußens. 1798 wurden der Süd- und der Ostflügel des Schlosses
abgebrochen und die Ziegel für den Bau des Oberlandesgerichts im
klassizistischen Stil verwendet. 1935 wurde das Amtsgericht aus dem Schlosse
verlegt, und 1936 zog in das umgebaute Schloß die Reichsführerschule der
Hitlerjugend ein.
Patenschaftsträger für den Landkreis und die Stadt
Marienwerder ist die Stadt Celle.
Quellen:
Wappen: Ostpreußische Städtewappen,
Landsmannschaft Ostpreußen e.V., Hamburg 1996, Seite 42; Text: Guttzeit: Ostpreußen in 1440
Bildern, Rautenberg, 1972-1996, Seite 92
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