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Französisch oder Deutsch – das war die Frage zu Lebzeiten Friedrichs des Großen. Sollte gute Literatur in französischer Sprache verfasst werden oder in deutscher, darüber diskutierten die Dichter und Schriftsteller. Der König selbst sprach und schrieb lieber (und besser) in der Sprache des Nachbarn. Dennoch beschäftigte er sich mit seiner Muttersprache. So veröffentlichte Friedrich 1780 die Untersuchung – natürlich auf französisch – „De la littérature allemande, des defauts qu’on peut lui reprocher quelles en sont les causes: et par quels moyens on peut les corriger“ (Über die deutsche Literatur, die Mängel, die man ihr vorwerfen kann, die Ursachen derselben und die Mittel, sie zu verbessern). Dabei ignorierte er die neue deutsche Literatur, obwohl er zu der auch eine meist drastische Meinung hatte. Wie etwa zu Johann Wolfgang von Goethes 1773 erschienenem Drama „Götz von Berlichingen“. Es sei „eine abscheuliche Nachahmung jener schlechten englischen Stücke“ (wie der von William Shakespeare) und er bedauerte das Publikum, das sich dieses „ekelhafte“ Gewäsch“ anhören müsse. Auch der Goethe-Freund Johann Gottfried Herder war übrigens nicht begeistert vom „Götz“. So kritisch sie beginnt, so prophetisch endet die Schrift: „Wir werden unsere klassischen Schriftsteller haben; jeder wird sie lesen, um sich an ihnen zu erfreuen. Unsere Nachbarn werden die deutsche Sprache lernen, an den Höfen wird man sie mit Vergnügen sprechen; und es kann geschehen, dass unsere Sprache, voll ausgebildet und vollendet, sich zugunsten unserer guten Schriftsteller von einem Ende Europas bis zum anderen ausbreitet. Diese schönen Tage unserer Literatur sind noch nicht gekommen, aber sie nahen heran, Ich sage euch, sie werden erscheinen; ich werde sie nicht sehen, mein Alter gestattet mir dazu keine Hoffnung. Ich bin wie Moses, ich sehe von fern das gelobte Land, aber ich werde es nicht betreten.“ Goethe und die andere Großen wie Johann Christoph Gottsched und Gotthold Ephraim Lessing sind heute noch ein Begriff. Friedrich allerdings nahm sie damals kaum wahr. Im sächsischen Kamenz als Sohn eines Pfarrers geboren, besuchte Lessing die Fürstenschule St. Afra in Meißen, um später in Leipzig Theologie und Medizin zu studieren. Wie viele seiner Altersgenossen fühlte der junge Lessing sich jedoch eher zu den Zerstreuungen denn zu ernsthafter Arbeit hingezogen. Bald schon wandte er sich den schönen Künsten zu, veröffentlichte erste Gedichte und Rezensionen in Berliner Zeitschriften. Sein Weg war vorgezeichnet, als er der Schauspielertruppe um Friederike Caroline Neuber (1697–1760) begegnete und 1748 sein Schauspiel „Der junge Gelehrte“ aufgeführt wurde. Ironie des Schicksals: Die Neuberin arbeitete eng zusammen mit dem Literaturpapst jener Zeit, mit dem Ostpreußen Johann Christoph Gottsched (1700–1766), der einmal ein erbitterter Gegner Lessings werden sollte. Nach dem finanziellen Zusammenbruch der Neuberschen Truppe ging Lessing nach Wittenberg und schließlich nach Berlin, wo er sich als Journalist, Kritiker und Poet durchs Leben schlug. In Berlin lernte er Voltaire kennen, mit dem er sich allerdings bald heftig wieder entzweite – ein Umstand, der Friedrich den Großen nicht gerade für Lessing einnehmen sollte. Als eine steile Karriere würde man heute den Lebensweg des Pfarrerssohns Johann Christoph Gottsched aus Juditten bezeichnen. Neben seinem Einsatz für die Reform des Theaters (zusammen mit der Schauspieltruppe der Caroline Neuber) machte sich Gottsched auch für die Übersetzung französischer Stücke ins Deutsche stark. So umstritten das Wirken Gottscheds auch sein mochte, seine Abhandlungen über die „Deutsche Sprachkunst“ fanden weithin Anerkennung. Der Preußenkönig nannte den Gelehrten amüsiert einen „cygne saxon“, einen „sächsischen Schwan“, der „die Herbheit der Töne einer barbarischen Sprache mildern werde“. Seinem Königsberger Freund, dem Pfarrerssohn Christian Coelestin Flottwell, erzählte Gottsched in einem Brief von der Begegnung mit dem König im Jahr 1757. Friedrich der Große ließ sich einige Übersetzungen Gottscheds aus dem Französischen vorlesen und verglich sie dabei mit dem Original. „Ob er nun gleich“, so Gottsched an Flottwell, „viele deutsche Worte nicht verstund, so kritisierte er doch andere sehr gründlich und lobte wieder viele Stellen, die ich besser ausgedrückt hätte, als er sich jemals möglich zu sein eingebildet hätte. – Als ich sagte, dass die deutschen Dichter nicht genug Aufmunterung hätten, weil der Adel und die Höfe zu viel Französisch und zu wenig Deutsch verstünden, um alles Deutsche recht zu schätzen, sagte er: ‚Das ist wahr, denn ich habe von Jugend auf kein deutsches Buch gelesen und ich rede sehr schlecht (je parle comme un cocher), jetzo bin ich aber ein alter Kerl von 46 Jahren und habe keine Zeit mehr dazu‘.“ Zu den Frauen, die sich in dieser für selbständige Frauen harten Zeit behauptet haben, gehört neben der Theaterprinzipalin Caroline Neuber die Dichterin Anna Luisa Karsch (1722–1791). Die Dichterin ist heute fast vergessen, zu Zeiten Friedrichs aber erfreute sie sich großer Beliebtheit. Geboren wurde die aus ärmlichen Verhältnissen Stammende 1722 in dem Weiher „Auf dem Hammer“ bei Krossen. Schon als kleines Mädchen interessierte sie sich für Verse. Mit 16 Jahren wurde sie mit einem Tuchmacher verheiratet. Der war aber bald so erbost, da sie angeblich mehr Zeit mit Dichten als mit dem Haushalt verbrachte, dass er sich von ihr scheiden ließ. Um 1750 ehelichte sie den Schneider Daniel Karsch, dem sie drei Kinder gebar. Mit Gelegenheitsgedichten trug sie zum Unterhalt der Familie bei. Als sie aber Hymnen auf König Friedrich veröffentlichte und diese auf Flugschriften während des Siebenjährigen Krieges unters Volk gebracht wurden, gelangte sie zu Popularität, die sie sogar bis nach Berlin brachte. Dort lebte sie von ihren Stegreifgedichten. Sie bekam Kontakt zu intellektuellen Kreisen und fand Förderung von Gotthold Ephraim Lessing und Moses Mendelssohn (1729–1786). Sogar für Friedrichs Schwester Amalie (1723–1787) schrieb sie Texte, die diese vertonte. Es war aber kein leichtes Leben für eine Frau im 18. Jahrhundert sich ihren Lebensunterhalt auf diese Weise zu verdienen und so gereichte es der „Karschin“ zum Glück, dass Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719–1803), der sie „Die deutsche Sappho“ nannte, ihr Gönner vermittelte. Auch der Kupferstecher Daniel Nikolaus Chodowiecki aus Danzig (1726–1801) half ihr über so manche schwere Stunde hinweg. So schuf er Miniaturbilder, für die Anna Luise Karsch Texte verfasste. 1763 dann wurde sie von Friedrich dem Großen empfangen. Er schenkte ihr 50 Taler, was bei der Sparsamkeit des Monarchen schon etwas heißen musste.
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