Vertriebene: Streit um Verzicht auf Rückgewinnung der Heimat
Ende Februar ist in München eine brisante Sitzung sudetendeutscher Spitzenfunktionäre aus Deutschland und Österreich anberaumt. Die Landsmannschaft (SL) soll eine Änderung ihrer Satzung beschließen. Konkret geht es um den Paragrafen 3, der den gemeinnützigen Zweck der SL definiert. In Punkt „c“ ist dort der „Rechtsanspruch auf die Heimat, deren Wiedergewinnung und das damit verbundene Selbstbestimmungsrecht der Volksgruppe durchzusetzen“ festgeschrieben. Mit dieser Formulierung wollen die nach dem Zweiten Weltkrieg in der damaligen Tschechoslowakei aufgrund der Benes-Dekrete enteigneten und vertriebenen Altösterreicher ihre Ansprüche für immer geltend machen.
Umfrage: Mehrheit will auf Eigentum nicht verzichten
Dieser Punkt dürften vielen Vertriebenen heilig sein. So hat eine von der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Oberösterreich (SLOÖ) durchgeführte Umfrage ein ziemlich eindeutiges Ergebnis gebracht: 97,7 Prozent der 888 befragten Sudetendeutschen wollen demnach nicht auf ihr Eigentumsrecht verzichten. Für SLOÖ-Obmann Peter Ludwig steht daher fest: „Die Erledigung der Eigentumsfrage duldet keinen Aufschub.“
Doch ausgerechnet der oberste Sudetendeutsche, SL-Vorsitzender Bernd Posselt, will nun das Ziel einer „Wiedergewinnung der Heimat“ aus der SL-Satzung kippen. Für die Sitzung am 28. Februar hat er diese Satzungsänderung vorgeschlagen: Zweck der Landsmannschaft sei, „eine gerechte Völker- und Staatenordnung zu verwirklichen, in der die Menschenrechte, das Recht auf Heimat und das Selbstbestimmungsrecht der Völker und Volksgruppen gewahrt werden und insbesondere Vertreibungen, Völkermord, völkerrechtswidrige Enteignungen sowie Diskriminierungen weltweit geächtet werden, und dort, wo sie erfolgten, im Rahmen des Möglichen geheilt werden“.
Dieses Satzungetüm stößt vielen Funktionären nicht nur wegen seiner Unlesbarkeit sauer auf. Es ist die Schwammigkeit der Formulierung, in die sich zwar alles Mögliche hineininterpretieren lässt, die aber nicht mehr Klartext spricht. Ludwig und andere SL-Funktionäre fordern daher einen Verzicht auf die Satzungsänderung. Tschechien habe das an Sudetendeutschen begangene Unrecht „kein Jota geändert, und deshalb sollten wir auch unsere Satzung um kein Jota ändern“, findet der SL-Funktionär Johann Slezak.
Posselt verteidigt seinen Vorschlag, weil er „groben Missverständnissen vorbeugt“. Tschechen könnten „Wiedergewinnung der Heimat“ als Territorialanspruch verstehen und gegenüber Vertriebenen erst Recht auf stur schalten. Diesen Wind will der CSU-Politiker Prag aus den Segeln nehmen. Davor muss er aber erst den Proteststurm in der Landsmannschaft überstehen.
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