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Die Vergangenheit kürt den neuen tschechischen Präsidenten Die Vertreibung von 3,5 Millionen Sudetendeutschen und der damit einhergehende Genozid an dieser Volksgruppe spalten auch noch 68 Jahre nach den traurigen Geschehnissen Familien, Parteien und ebenso das tschechische Volk anlässlich der Präsidentenwahl. „Es bewahrheitet sich, dass ein Volk mit seiner Geschichte ins Reine gelangen muss, will es eine gute Zukunft haben und nicht Trittbrettfahrer seiner eigenen Vergangenheit bleiben“, bringt der VLÖ-Bundesvorsitzende DI Rudolf Reimann die Geschehnisse rund um die Präsidentenwahl in Tschechien auf den Punkt. „Serbien hat es mit seiner Restitutionsgesetzgebung bewiesen, dass es auch einen versöhnlichen Weg mit der Vergangenheit geben kann. Ich selbst war diese Woche vor einem serbischen Gericht geladen, um in meinem eigenen Rehabilitations- und Restitutionsverfahren persönlich auszusagen. Es war eine große Anspannung und schlussendlich eine gerechte Befragung zur Herkunft und dem Vermögen meiner Familie in Neusatz/Novi Sad. Und einen solchen Weg wünsche ich mir auch für alle Sudetendeutschen, die zu Unrecht kollektiv durch die Beneš-Dekrete erniedrigt, enteignet und vertrieben wurden“, ergänzt Reimann. Dieser Weg der Ver- und Aussöhnung ist aber nur dann machbar und erfolgreich, wenn ein Volk und vor allem dessen Politiker dazu bereit sind und althergebrachte Vorurteile und Anschauungen ad acta legen. Dass vor allem die junge tschechische Generation eben genau dazu bereit ist, zeigt diese Präsidentenwahl: „Ein Großteil der Parteien und Politiker sind es jedoch nicht. Wie würdig diese Politik der Sturheit, Unversöhnlichkeit und mangelnder Eigenreflexion eines geeinten Europas und unser aller Solidarität ist, stelle ich schon in Frage, zumal es Länder wie Serbien beweisen, dass es einen anderen Weg gibt. Ich fordere im Namen aller Vertriebenen und auch Getöteten Gerechtigkeit und vor allem die Fairness, dass Fürst Karel Schwarzenberg recht behält, wenn er sagt, Eduard Beneš wäre bei denselben Taten von damals heute ein Kriegsverbrecher. Auch die tschechische Politik muss erkennen, dass sich das Rad der Zeit weiterdreht und sich die Gesellschaft ebenfalls in einem Veränderungsprozess befindet“, so Reimann weiter. VLÖ-Generalsekretär Ing. Norbert Kapeller kündigt in diesem Zusammenhang an, dass es im Zuge der grenzüberschreitenden Landesausstellung 2013 in Oberösterreich und Südböhmen zu Aktionen der Ver- und Aussöhnung kommen soll. In gemeinsamen Veranstaltungen und Workshops soll die Grenzlandbevölkerung von beiden Seiten über das Belastende aus dem vorigen Jahrhundert offen diskutieren. „Gemeinsam wollen wir uns die Stätten des Grauens, die Mahnmäler und Gedenkstätten ansehen und erkennen, dass viele, die Täter waren, zu Opfern wurden und auch umgekehrt. Es gibt keine Einseitigkeit der Schuld, aber es gibt die einzigartige Chance des gegenseitigen Verstehens und Verzeihens“, ist Generalsekretär Kapeller von der Möglichkeit der geschichtlichen Aufarbeitung überzeugt. DI Rudolf Reimann und Generalsekretär Kapeller bedanken sich bei Fürst Schwarzenberg für seine Aufrichtigkeit und seinen Mut, geschichtliche Wahrheit in die Tagespolitik und in seinen Wahlkampf eingebracht zu haben. „Ein wahrer und aufrechter Europäer unterlag in einem unfairen und von seinem Konkurrenten oft niederträchtig geführten Wahlkampf. Knapp 45 Prozent für Schwarzenberg beweisen uns aber auch, dass beinahe die Hälfte der Tschechen die Vergangenheit sieht, Versöhnung und einen Ausgleich will. Wir setzen große Hoffnung auf diesen Teil der tschechischen Bevölkerung“, meinen Reimann und Kapeller abschließend.
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