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Paul von Beneckendorff und von Hindenburg
Als der Erste Weltkrieg ausbrach bat der 67 jährige General um seine Wiederverwendung. Sie wurde ihm gewährt, als Kommandeur der 8. Armee, welche Ostpreußen vor den eindringenden Rußen schützen sollte. Bevor man Hindenburg für diese Aufgabe auswählte, übertrug man dem militärisch begabten General Ludendorff die Stellung als Chef des Generalstabes, was Chef der Operationsplanung meinte und bedeutete, daß er der operative Kopf sein würde. Daß man zuerst den Chef des Stabes und dann den Kommandeur auswählte, zeigt, welche Hoffnungen man in Ludendorff setzte. Er galt als genial aber auch als eitel und herrisch. Diesem Charakter stellte man Hindenburg zur Seite, in der Annahme, daß dieser mit seinem vermittelnden Wesen und seiner sprichwörtlichen Ruhe und Nervenstärke seinen Stabschef zügeln würde. Das Kalkül ging auf und mit dem überwältigenden Sieg in der Schlacht bei Tannenberg, in der eine russische Armee vernichtet wurde, begann das erfolgreiche Duo zum Mythos zu werden. Hindenburg, den der Kaiser für seine Verdienste um die Befreiung Ostpreußens zum Generalfeldmarschall ernannte, wurde immer mehr zu einem Volkshelden, der allein schon durch sein Auftreten Vertrauen einflößte und seine Aufgabe als Feldherr auch mehr im Vermitteln sah. Nach den großen Erfolgen im Osten wurde ein einheitliches Kommando für den östlichen Kriegsschauplatz unter dem Befehl von Hindenburgs gebildet. Auch diesem gelangten wieder spektakuläre Siege. Hindenburg und Ludendorff wurden immer mehr zu Hoffnungsträgern der deutschen Öffentlichkeit. Als 1916 Erich von Falkenhayn als Chef der 2. Obersten Heeresleitung abgelöst wurde, waren es Hindenburg und Ludendorff, welche die 3. OHL bildeten. Hindenburg als Chef des Großen Generalstabes und Ludendorff als dessen rechte Hand mit dem Titel Generalquartiermeister. Unter ihrer Führung wurde die Schlacht von Verdun abgebrochen, die Fronten zurückgenommen und begradigt, die Wirtschaft weiter zentralisiert und die zivile Gesellschaft den Bedürfnissen des Militärs weiter untergeordnet. Die wechselnden Reichskanzler und auch der Kaiser hatten dem nichts entgegen zu setzten. Faktisch handelte es sich um eine Militärdiktatur. Die neuerlichen Erfolge der neuen Heeresleitung ließen aber auch die Hoffnung auf einen Siegfrieden aufkeimen, die von ihr bis zum Kriegsende weiter genährt wurden. Hindenburg (wie auch Ludendorff) unterschätzten die Folgen eines Kriegseintrittes der USA erheblich. Nach der Ablösung Ludendorffs (mit dem Hindenburg stets perfekt und reibungslos zusammenarbeitete und mit dem ihm stets ein freundschaftliches Verhältnis verband) nach dem Scheitern der Sommeroffensive 1918 und den katastrophalen Folgen für die deutsche Kriegslage blieb Hindenburg weiter im Amt, kam jedoch nicht umhin, einen sofortigen Waffenstillstand zu fordern, um den totalen Zusammenbruch der militärischen Kräfte des Reiches zu vermeiden. Dennoch war er es, der nach dem Kriege mit einer Aussage vor einem Untersuchungsausschuß die Dolchstoßlegende populär machte und vertrat. Hindenburg war Zeit seines Lebens überzeugter Monarchist, doch hatte er auch das Einsehen, daß mit dem Ende des Krieges auch die Monarchie nicht mehr zu retten war. Er fügte sich in die Republik als jemand, der darauf aus war, möglichst schnell wieder zu stabilen Staatsformen zu kommen, und es als seine Pflicht ansah, dazu beizutragen. Diese Einstellung ließ den konservativen Vertreter der alten Ordnung mit den neuen Kräften der Republik zusammenarbeiten. Mit dem Friedensvertrag von Versailles wurde auch die letzte OHL aufgelöst und Hindenburg trat ein zweites Mal in den Ruhestand. Nach dem unerwarteten Tod des ersten Reichspräsidenten Ebert ließ sich Hindenburg von den rechten und konservativen Parteien als Kandidat zur Wahl des Reichspräsidenten aufstellen. Gegen anfängliche Widerstände seinerseits überzeugte man ihn, daß nur er es vermögen würde, das bürgerlich-konservative und das rechte Lager zu einen. Tatsächlich gewann er die Wahl 1925 im zweiten Wahlgang. Das rechte Lager erhoffte sich von seiner Präsidentschaft einen deutlichen Rechtsruck und womöglich eine Rückkehr zur Monarchie, mindestens aber eine autoritäre Regierungsform. Hindenburg, obwohl er bekennender Monarchist war, hielt sich zu ihrer Enttäuschung jedoch an die republikanische Verfassung, auf die er bei seinem Amtsantritt schwor. Sowohl im Ausland, als auch bei den demokratisch gesinnten Deutschen gewann er durch seine Amtsführung Vertrauen und Anerkennung. 1932 trat er nach seiner Wiederwahl seine zweite Amtszeit an. Gewonnen hatte er den Wahlkampf mit der Unterstützung der SPD. In den Jahren der Krise Ende der zwanziger Jahre ging er, verursacht durch die Radikalisierung der politischen Kultur, immer mehr dazu über, mittels seiner Notverordnungsrechte ohne das Parlament regieren zu lassen. Die Macht der Personalentscheidungen ging dabei immer mehr auf die Personen in seinem engeren Beraterkreis über, die ihn mit fortschreitenden Alter zunehmend abschirmten. Der Einwirkung dieses Personenkreises, unter anderem auch seinem Sohn Oskar, ist es zuzuschreiben, daß der Feldmarschall 1933 den Weltkriegsgefreiten Hitler zum Reichskanzler ernannte, obwohl Hindenburg eine tiefe Abneigung gegen diesen verspürte und eine Regierungsbeteiligung der Nationalsozialisten bis dahin abgelehnt hatte. Dem Vorgehehen der Nazis nach der Machtübernahme setzte er keinen wirklichen Widerstand mehr entgegen. Teils wegen gezielter Desinformation und Abschirmung, gefördert durch seine Altersgebrechlichkeiten, teils aus Verkennung der Situation. Hindenburg starb im Amte, am 2. August 1934, auf seinem Gut Neudeck in Ostpreußen.
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