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1. Der Historiker Andreas Kossert geht in seiner Darstellung der Befreiung Ostpreußens auch auf die Rolle von Hindenburgs ein: „Während sich das Deutsche Reich im August 1914 seinem Hurra-Patriotismus hingab, herrschte an der Grenze zu Russland große Angst. Von Triumph und Siegesgewissheit war in Masuren wenig zu spüren, wo die Kriegsgefahr sprichwörtlich vor der eigenen Haustür lauerte. Nach der Mobilmachung am 1. August 1924 überschritten kleiner russische Einheiten die ostpreußische Südgrenze. Schon die Gefechte der ersten zwei Wochen ließen das bevorstehende Unheil erahnen. Während sich Deutschland auf die Kriegsereignisse an der Westfront konzentrierte, plante Russland die militärische Einkreisung Ostpreußens von zwei Seiten. […] Da Ostpreußen weitgehend ungesichert war, hatten die russischen Truppen anfangs leichtes Spiel bei der Besetzung des Südens und Südostens von Masuren. Im westlichen Masuren überschritt die Samsonow-Armee am 20. August 1914 in breiter Front die Grenze. In fliegender Hast sammelte die deutsche Seite daraufhin ihre wenigen Kräfte. Der Obersten Heeresleitung gelang es, den bereits pensionierten General Paul von Hindenburg erneut in die militärische Pflicht als Oberbefehlshaber zu nehmen. Zu ersten größeren Kämpfen, die schließlich im Raum Hohenstein/Tannenberg ihren Höhepunkt fanden, kam es am 23. August auf dem Gebiet des Kreises Neidenburg zwischen Orlau, Lahna und Frankenau. [….] Am 26. August begann das, was schließlich zur „Schlacht von Tannenberg“ zusammengefasst werden sollte: Hindenburg gelang die Umzingelung der Armee Samsonows. In den folgenden vier Tagen wurde die russische Narew-Armee vernichtend geschlagen und das westliche Masuren von russischer Besatzung befreit. […] Kaum hatte sich der Pulverdampf im westlichen Masuren verzogen, richtete Hindenburg sein Augenmerk auf die Befreiung der masurischen Kreise Johannisburg, Lyck und Oletzko, die von der Njemen-Armee Rennenkampffs seit dem 19. August 1914 besetzt waren. Während es auf dem Land zu Plünderungen und Brandstiftungen kam, gelang die Besetzung der Stadt Lyck reibungslos. In der „Schlacht an den masurischen Seen“ vom 8.-11. September besiegten die deutschen Truppen die Rennenkampff-Armee und befreiten ganz Masuren von russischer Besatzung. Kaum war Masuren befreit, beging die Oberste Heeresleitung im Siegestaumel einen verhängnisvollen Fehler: Sie ließ die Provinz abermals ohne ausreichenden Schutz zurück. Schon im Oktober 1914 stand Rennenkampff mit den Resten seiner Njemen-Armee erneut in Masuren. Ein dritter Einmarsch gelang den Russen, diesmal unter General Sievers, im November 1914. Wiederum drangen die russischen Truppen von Suden und Osten vor, wiederum war Masuren das Hauptoperationsgebiet. Östlich der Feste Boyen bei Lötzen kam es zum ersten Stellungskrieg an der Ostfront. Krieg und Zerstörung überzogen das Land. Während der Masureischen Winterschlacht vom 7. bis 21. Februar 1915 gelang Hindenburg dann erneut die Befreiung Ostpreußens. Wilhelm II., der die Kampfhandlungen in Grabnick, Kreis Lyck, beobachtet hatte, wurde am 16. Februar in der befreiten Stadt Lyck von den Bewohnern begeistert begrüßt.“ Quelle: Andreas Kossert: Masuren. Ostpreußens vergessener Süden, Berlin 2001, S. 229 ff. 2. Der Historiker Ludger Grevelhörster über den Tannenberg-Zyklus und die Rolle von Hindenburgs bei der Befreiung Ostpreußens von russischen Truppen: „Die erste Begegnung mit beiden – getrennt vorgehenden – russischen Armeen am 20. August bei Gumbinnen endete mit einer deutschen Niederlage. Überstürzt ordnete von Prittwitz in der Folge den Rückzug nach Westen an; in der ersten Erregung dachte er dabei sogar an einen Rückzug hinter die Weichsel, was die freiwillige Räumung ganz Ostpreußens bedeutet hätte. Generalstabschef von Moltke wechselte ihn daraufhin unverzüglich aus. Neuer Oberkommandierender im Osten wurde der General der Infanterie Paul von Hindenburg, der zu diesem Zeitpunkt bereits pensioniert war. Als seinen Generalstabschef erhielt von Hindenburg Generalmajor Erich Ludendorff an die Seite gestellt, einen energischen und ehrgeizigen Offizier bürgerlicher Herkunft, der kurz zuvor noch den deutschen Angriff auf Lüttich angeführt hatte. Unter ihrer beider Führung gelang es den deutschen Truppen trotz großer zahlenmäßiger Unterlegenheit, zunächst die südlich in Ostpreußen operierende 2. russische Armee bei Tannenberg in einen Kessel zu locken und in den dortigen Kämpfen zwischen dem 26. und 31. August vernichtend zu schlagen. Wenig später, zwischen dem 6. und dem 15. September, folgten an den Masurischen Seen weitere Schlachten, bei denen auf deutscher Seite jetzt auch Verstärkungen aus dem Westen zum Einsatz kamen und die zum Sieg nun über die nördlich operierende 1. russische Armee führten. In diesen Kämpfen von Tannenberg und an den Masuren im August/September 1914 verloren die Russen etwa 250.000 Soldaten durch Tod oder Gefangennahme, und infolge ihrer Niederlage hatten sie sich weitgehend aus Ostpreußen zurückziehen müssen. Vor dem Hintergrund der Aufsehen erregenden Erfolge an der Ostfront ergab sich an der Jahreswende 1914/15 heftiger Streit zwischen von Falkenhayn einerseits und von Hindenburg sowie Ludendorff andererseits. Es ging dabei um die militärische Gesamtstrategie. Für von Falkenhayn galt nach wie vor der Vorrang der Westfront, wo für ihn jeder Zentimeter des errungenen Bodens zu verteidigen war, weil dort seiner Auffassung nach Deutschlands entschlossenster Gegner, nämlich England, stand. Einen militärischen Gesamtsieg hielt er indes schon in dieser Kriegsphase nicht mehr für möglich. Bereits am 18. November forderte er Bethmann Hollweg auf, zu prüfen, ob ein eigenständiger Frieden allein mit Russland – ein Separatfriede – möglich sei. Erst unter dieser Voraussetzung sei es möglich, sich im Westen militärisch zu halten. Gegen dieses Kriegskonzept mit seiner Fixierung auf den Westen setzten von Hindenburg und Ludendorff die Meinung, man müsse die gewonnene Operationsfreiheit im Osten für einen entscheidenden Sieg gegen Russland nutzen und dazu alle verfügbaren Kräfte eben hierhin konzentrieren. […] Den Auftakt einer solchen Offensive bildete Anfang Februar 1915 die sogenannte Winterschlacht in Masuren. Sie war trotz der weiteren Verstärkung der Truppen im Osten nur zum Teil erfolgreich. Wohl konnte Ostpreußen nun vollständig von russischen Truppen befreit werden, ein entscheidender Umfassungserfolg hatte sich jedoch nicht erringen lassen. [….]“ Quelle: Ludger Grevelhörster: Der Erste Weltkrieg
und das Ende des Kaiserreiches. Geschichte und Wirkung, Münster 2004, S. 49ff.
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