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Das ausgeschlagene Angebot Offenbar hat Moskau Deutschland nicht erst 1991, sondern auch bereits im Mai 1990 Verhandlungen über das nördliche Ostpreußen angeboten. Das Angebot wurde sofort und ohne jede weitere Sondierung von einem subalternen Diplomaten abgewiesen. War das ernst gemeint oder war es eine Falle, fragt das Nachrichtenmagazin „Spiegel“ und spielt damit schon fast die Nachricht als solche herunter: Im Mai 1990 suchte Generalmajor Geli Batenin, ein wichtiger Militärberater Gorbatschows, einen Gesprächstermin mit einem Vertreter der deutschen Botschaft in Moskau. Am 2. Juli findet das Gespräch mit Joachim von Arnim, dem Leiter der politischen Abteilung der Botschaft statt, zunächst geht es nur um die Nato-Mitgliedschaft des bis zu Oder und Neiße wiedervereinten Deutschlands. Doch dann sprach Batenin „unter dem Siegel der Verschwiegenheit“ das Thema nördliches Ostpreußen an, es sei „ein in jeder Beziehung zurückgebliebenes Gebiet, nicht nur im Vergleich zum Vorkriegsstand“. Es gebe eine „Frage des nördlichen Ostpreußens“ und „dieses Problem werde sich für die Sowjetunion und Deutschland über kurz oder lang stellen“, erklärt Batenin und verweist auf die damaligen Unabhängigkeitsbestrebungen im Baltikum. „Batenins Worte lassen nur eine Deutung zu. Er will Verhandlungen über das nördliche Ostpreußen anstoßen“, so der „Spiegel“. Glaubt man dem Magazin, und alles spricht dafür, so hat von Arnim die Avance des Gorbatschow-Beraters sofort und ohne Rücksprache mit Bonn abgewehrt. „Wenn die Sowjetunion Probleme mit der Entwicklung des nördlichen Ostpreußens habe, so sei das ihre Sache“, fertigt er seinen Gesprächspartner laut „Fernschreiben 2585“ ab. Als eines der wenigen Dokumente dieser Art sei es damals als geheim eingestuft worden. Noch am selben Abend sei das Schreiben nach Bonn übermittelt worden, wo das Verhalten von Arnims offenbar gebilligt wurde. Das interessante Dokument ist nun beim „Spiegel“ gelandet – sei es durch Schlamperei im Archiv des Auswärtigen Amtes oder durch „unwiderstehliche Argumente“ des Magazins oder aber nach bewusster Freigabe im Vertrauen auf eine kaum mehr vorhandene demokratische Rechte in Deutschland, die sich über den damaligen Umgang mit einer solchen Initiative noch empören würde. Immerhin geschah der Vorstoß zu einem Zeitpunkt, als Ostpreußen völkerrechtlich noch zu Deutschland gehörte. Der „Spiegel“ ist allerdings um „gute Gründe“ für das Verhalten von Arnims nicht verlegen: „Briten, Amerikaner und Franzosen hätten niemals einen sowjetisch-deutschen Ostpreußen-Deal akzeptiert, der Polen in eine Zangenlage gebracht hätte“, wenn nicht sogar überhaupt der ganze Vorstoß eine trickreiche Intrige gegen Michail Gorbatschow gewesen sei, unkt das Magazin, um diesem dann „vorwerfen zu können, er verrate russische Interessen“. Kommentar von Konrad Badenheuer: Wie sensationell ist die Meldung, Moskau habe im Mai 1990 Verhandlungen über das Königsberger Gebiet gesucht und sei in Bonn auf Granit gestoßen? Der „Spiegel“ selbst berichtete ja schon 1999 „von einem Gerücht, das nie überzeugend dementiert wurde“: Gorbatschow habe 1991 Bundeskanzler Kohl den Verkauf von „Kaliningrad“ für 70 Milliarden Mark angedient, Jelzin habe diese Offerte später erneuert. Kohl sei „nicht bereit, zu diesem Thema etwas zu sagen“. Leser dieser Zeitung wissen mehr: Schon im Mai, Juli und August 1991 berichtete das Ostpreußenblatt über entsprechende Sondierungen Moskaus, die damals Hans-Dietrich Genscher ablehnte. Ostpreußen-Sprecher v. Gottberg erklärte in einem Interview 2002: „Damals stand die konkrete Kaufpreisforderung von 48 Milliarden D-Mark im Raum, wobei Genschers Ausspruch überliefert ist, dass er ,Königsberg nicht einmal geschenkt’ haben wolle.“ Neu an der jetzigen Meldung ist der frühe Zeitpunkt: Die Ablehnung einer solchen Initiative noch vor der Unterzeichnung des 2+4-Vertrages am 12. September 1990 ist auch rechtlich überaus pikant, weil Ostpreußen bis zu diesem Tage de jure zu Deutschland gehörte. Selbst wenn es stimmen sollte, dass ein Bonner Eingehen auf diese Initiative die „kleine“ Wiedervereinigung verhindert hätte, stockt einem bei der Lektüre der Atem. Wie erklärte v. Gottberg auf dem Deutschland-Treffen 2000: „Ob noch einmal in absehbarer Zeit – wie beim Gorbatschow-Angebot – der Mantel Gottes vorbeirauscht, wissen wir nicht. Wir erhoffen es, aber es muss dann auch jemand da sein, der sich bemüht, einen Zipfel des Mantels zu erhaschen.“
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