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Hermann Sudermann


Gedenkschrift - 70 Jahre LO-NRW

70 Jahre LO Landesgr. NRW
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»Wir Vertriebenen kommen nicht von einem anderen Stern«
Auszüge aus der Rede der BdV-Präsidentin Erika Steinbach

Wir arbeiten jetzt schon viele Jahre gemeinsam im Präsidium des Bundes der Vertriebenen, und Herr von Gottberg war immer eine konstruktive, kämpferische Kraft, die unsere Gesamtanliegen hilft voranzubringen. Gemeinsam haben wir nach intensiven Diskussionen am 6. September des Jahres 2000 die Stiftung „Zentrum gegen Vertreibungen“ aus der Taufe gehoben. Und wenn wir uns dieses Jahr betrachten mit all den Gedenkveranstaltungen zum 8. Mai, dann wird deutlich, daß diese Stiftung besonders nötig ist.

Denn mit dem 8. Mai 1945 – das können wir alle hier bezeugen – hatten Unmenschlichkeit und Grausamkeiten in Europa noch immer kein Ende. Theodor Heuss sagte „Erlöst und vernichtet in einem“, und darin spiegelt sich auch wider, was die Vertriebenen zu leiden hatten.

Nach dem 8. Mai 1945, viele Jahre danach noch, wurden Deutsche aus ganz Mittelost- und Südosteuropa aus ihrer Heimat vertrieben oder waren zu Zwangsarbeit verpflichtet oder hatten Vergewaltigungen zu erleiden und wurden umgebracht.

Ob Säugling oder Greis, ob Mann oder Frau, alle wurden in eine grauenhafte Politikhaftung genommen, wenn sie nicht aus dem westlichen Teil Deutschlands oder dem mitteldeutschen Teil stammten. Von den Ursachen her – das wissen wir alle hier, das braucht uns auch niemand zu sagen – war das auch eine Folge der NS-Diktatur. Im Ergebnis aber war das genauso menschenrechtswidrig wie alle anderen Menschenrechtsverletzungen auch.

Ein Historikerstreit darüber ist müßig, es reicht völlig aus, die Zeitzeugen zu Wort kommen zu lassen. Hier im Saale sitzen genügend Zeitzeugen, die so vieles erzählen können, das einem Menschen, der davon nichts weiß (und auch nichts wissen kann, weil wenig darüber gesprochen wurde), das Herz sich herumdrehen würde, wenn er es erführe. Jedes Wort von „gerechter Strafe für die Verbrechen Hitlers“ bleibt einem im Halse stecken, wenn man diese Einzelschicksale erfährt.

Hannah Arendt, aufgewachsen in Königsberg, gehörte zu den vielen Opfern der Hitlerdikatur. Aber mit ihrem scharfen Intellekt erkannte sie als eines der brisantesten Probleme der modernen Zivilisation das Phänomen der Flüchtlinge; das erste Menschenrecht, sagt Hannah Arendt, ist das Heimatrecht, denn der erste Verlust, den die Rechtlosen erlitten, war der Verlust der Heimat. Ähnlich klingt es ja in der Charta der deutschen Heimatvertriebenen. Denn „Heimatlose sind Fremdlinge auf dieser Welt“, haben wir damals niedergeschrieben.

Heute, 60 Jahre nach dem Beginn der gezielten Massenvertreibung, kann man hier in Deutschland von einer alles in allem gelungenen Integration von über zwölf Millionen vertriebenen Menschen sprechen, zusätzlich noch einmal von vier Millionen Aussiedlern und Spätaussiedlern. Vieles, was in den 50er Jahren noch dringend und drängend war, die soziale Not, massenhafte Obdachlosigkeit, das hat sich geregelt. Es war eine große Eingliederungsleistung, die hier erbracht worden ist, von den Vertriebenen, von den Aussiedlern und von den Einheimischen gemeinsam.

Diese großartige Gemeinschaftsleistung war ein Wunder, denn erst daraus konnte Frieden entstehen und auch Wohlstand in Deutschland wachsen. Und auch daraus konnte der Wille reifen, den Dialog mit den Nachbarländern zu suchen. Das Motto Ihres Ostpreußentages „Im Dialog der Heimat dienen“ ist gelebte Wirklichkeit.

Der französische Politikwissenschaftler Alfred Grosser hat die Integration der Vertriebenen und Flüchtlinge als die größte sozial- und wirtschaftspolitische Aufgabe und Leistung bezeichnet, die von Deutschland erbracht worden ist. Dem können wir nur zustimmen.

Dennoch wird in der Darstellung der Nachkriegsgeschichte Deutschlands diese grandiose Leistung praktisch nicht benannt, sondern überwiegend verschwiegen. Man hat sie einfach vergessen. Und im Falle der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts haben wir es auch noch mit dem einzigartigen Fall zu tun, daß seit eineinhalb Generationen Dutzende Schülerjahrgänge die Geschichte ihres Heimatlandes Deutschland nur in Fragmenten kennenlernen. Deutsche Vertriebene hatten lange keinen Platz im Unterricht an deutschen Schulen.

Aber wir Vertriebenen kommen nicht von einem anderen Stern. Wir stammen aus seit Jahrhunderten kompakt deutsch besiedelten Gebieten.

Quelle:
Preußische Allgemeine Zeitung  Ausgabe 23/05 vom 11.06.2005


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