Die Memelburg soll wiederauferstehen
Litauen will die 1252 errichtete Anlage an der Mündung des Kurischen Haffs für 42 Millionen Euro rekonstruieren
von Dankwart Guratzsch
Seit dem 13. November ist es "offiziell": Litauen wird die Memelburg, Keimzelle
der Stadt Memel (heute Klaipeda), wieder aufbauen. Vor 750 Jahren vom Livländischen
Orden an der Mündung des Kurischen Haffs in die Ostsee errichtet, stellte die Burg
einst eine der mächtigsten Festungen des Deutschen Ordens dar. Von 2009 an soll
sie in der Gestalt des 17. Jahrhunderts nachgebaut und bis zum Jahr 2013 fertiggestellt
werden.
Die Pläne dazu stammen schon aus dem Jahr 1990 und sind auf das engste mit der
Unabhängigkeitserklärung Litauens von der Sowjetunion verbunden. Von diesem Zeitpunkt
datiert das Bestreben litauischer Persönlichkeiten, die einstige und immer wieder
bedrohte und den Litauern genommene Eigenständigkeit des litauischen Staates mit
geschichtlichen Zeugnissen zu dokumentieren.
Nach dem Fürstenschloss in der Hauptstadt Vilnius (Wilna), das 200 Jahre nach
seiner Zerstörung neu ersteht, bildet die Memelburg das zweite spektakuläre Projekt
dieser Art. Die von der Deutsch-Litauischen Gesellschaft verbreitete und von der
Litauischen Botschaft in Berlin autorisierte Mitteilung beziffert die Gesamtkosten
auf umgerechnet 42 Millionen Euro. Als erste Rate werden 2009 5,9 Millionen Euro
für den ersten Bauabschnitt ausgereicht.
Offizielle Abbildungen zeigen eine kastellartige Anlage mit fünf runden Ecktürmen,
vier Bastionen, hoher Böschung und Wassergraben. Nach aktueller Planung beginnt
der Wiederaufbau mit archäologischen Forschungen. Daran schließt die Rekonstruktion
zuerst des Burggrabens sowie der Kasematten und Bastionen an. Die Krönung bildet
der Wiederaufbau der Burg selbst und ihre Ausgestaltung zum Veranstaltungsgebäude.
Danach sollen neben dem Konferenzzentrum ein Museum für die Geschichte Kleinlitauens,
ein Zentrum für historisches Handwerk, Bildungseinrichtungen sowie die Tourismuszentrale
einziehen. Die schönsten Räume bleiben der Stadt für Repräsentationsveranstaltungen
vorbehalten. Die Eröffnung ist im Rahmen der litauischen EU-Präsidentschaft 2013
geplant.
Errichtet wurde die historische Memelburg von den livländischen Schwertbrüdern
unter dem Deutschmeister Eberhard von Seyne drei Jahre vor der Burg von Königsberg
1252. Die Namensgebung beruhte auf einem Irrtum, da die Gründer den Ausgang des
Kurischen Haffs für die Mündung der Memel gehalten hatten. Dieser Irrtum lebte im
Namen der gleichzeitig gegründeten Stadt Memel fort, die einmal sogar Neu-Dortmund
heißen sollte und nach wechselvoller Geschichte bis 1923 die nördlichste Stadt des
Deutschen Reiches war. In der Zeit der napoleonischen Kriege war Memel Zufluchtsort
von König Friedrich Wilhelm III. und Königin Luise und fungierte eine Zeitlang als
Hauptstadt ganz Preußens.
Die Memelburg ist bis auf Reste verschwunden. Zum 750. Geburtstag von Memel 2002
wurden ihre Fundamente ausgegraben, wichtige Fundstücke wanderten in die Museen.
Nach Abschluss des Wiederaufbaus sollen sie in die neuen Mauern am alten Ort zurückkehren.
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