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Der Stadtkreis Allenstein
Der
Stadtkreis Allenstein ist 53,13 qkm groß und hat 50.396 Einwohner, das sind
948,5 auf 1 qkm. Er war der Einwohnerzahl nach der viertgrößte Stadtkreis
Ostpreußens. Allenstein liegt am Oberlauf der Alle im südlichen Ermland. Als
dies im Herbst 1346 dem ermländischen Domkapitel zugesprochen wurde, legte es in
einem Allebogen auf dem rechten Flußufer vor 1353 eine Burg an, um einen
militärischen und Siedlungsmittelpunkt in diesem Gebiet zu besitzen. Die noch
gut erhaltene Burg besteht aus einem starken Gebäudeflügel im Nordosten und
einem schwächeren Westflügel, in dessen Ecke ein Bergfried steht. Der viereckige
Burghof war von einer Ringmauer umgeben. „In der Burg wohnte der Kapitelsvogt,
der oberste weltliche Beamte des Domkapitels", später amtierte hier auch der
Landpropst. Von 1516-1519, 1521 und 1524 war dies Nicolaus Copernicus, der
bedeutende Astronom. Im 16. Jahrhundert erhielt der Nordostflügel reiche
Zellengewölbe, als 1530 die Schloßkapelle aus dem Haupt- und in den Nebenflügel
verlegt wurde. Der bisherige Kapellenraum diente fortan als Sitzungssaal. Die
Kapelle im Südwestflügel, neben dem Tor, erhielt ein Netzgewölbe. In den
späteren Jahrhunderten, besonders im 19., wurden mehrfache Umbauten ausgeführt.
Das Wohnhaus für den Regierungspräsidenten entstand 1909/1911 vor der
Südostmauer. 1926/1928 wurden Restaurierungen vorgenommen.
Unmittelbar vor der Burg gründete das Domkapitel eine Stadt,
die 1348 erstmals erwähnt wird und 1353 eine Handfeste erhielt. Sie war im
Westen und Süden durch die Alle und an den anderen Seiten durch künstliche
Gräben geschützt. In der Mitte der ovalen Grundfläche lag der rechteckige
Marktplatz, von dem rechtwinklig die Straßen abgingen. Das auf dem Markt
errichtete Rathaus wurde 1623/1624 neu erbaut, im 19. Jahrhundert restauriert
und 1927/1929 durch Flügel zu einer U-förmigen Anlage erweitert. Nach dem
starken Wachstum der Stadt im 20. Jahrhundert erbaute die Stadt 1912/1916 das
Neue Rathaus auf dem ehemaligen katholischen Friedhof. Die Stadtmauern wurden,
als sie 1622 durch eine Feuersbrunst zerstört worden waren, erneuert, im 19.
Jahrhundert aber zum größten Teil abgetragen. Von den drei Toren blieb nur das
aus dem Ende des 14. Jahrhunderts stammende Hohe Tor
erhalten; es diente 1858/1898 als Gefängnis. Der Fußgängerdurchbruch wurde 1898
geschaffen. Das älteste Gotteshaus Allensteins ist die katholische
St.-Jakobus-Kirche. Sie wurde im 14. Jahrhundert im Südosten der Stadt, abseits
des Marktes an der Stadtmauer, als dreischiffige chorlose Hallenkirche errichtet
und ist „eine der bedeutendsten Leistungen des Backsteinbaus im östlichen
Ordensland". Sie ist 1866/1868 in neugotischem Stil erneuert worden. Die 1630
erbaute Kreuzkirche in der Vorstadt und die St.-Johannis-Kapelle vor der Stadt
wurden 1802 bzw. 1896 abgetragen. Die aus einer Aussätzigenkapelle
hervorgegangene Jerusalemkapelle wurde im 17. Jahrhundert zu der jetzigen
Gestalt umgebaut. Weitere katholische Kirchen, Herz-Jesu, St. Josephi,
entstanden 1903 im Osten der Altstadt bzw. 1911 nördlich der Stadt. Auch mehrere
Hospitäler waren vorhanden. Die evangelische Kirchengemeinde hielt ihre
Gottesdienste von 1530 bis 1877 im Obergeschoß des nordöstlichen Schloßflügels
ab, bis die Ev. Kirche an der Nordecke des Marktes 1877 erbaut worden
war.
Wegen der strategisch wichtigen Lage geriet Allenstein immer
wieder in den Strudel kriegerischer Auseinandersetzungen. In der Ordenszeit
wurden Burg und Stadt von Litauern (1356, 1385) und Polen (1410, 1414)
überfallen und eingeäschert. Im Ständekriege wurde die Stadt, die dem
Preußischen Bund angehörte und vom Orden abgefallen war, fünf Jahre lang von dem
Söldnerhauptmann Georg von Schlieben besetzt und ausgebeutet. Von 1466 bis 1772
stand das Ermland unter der Herrschaft der polnischen Könige; die Bewohner der
Stadt bewahrten ihr Deutschtum, der Zuzug von Masowiern war sehr gering. Rat und
Handwerker waren stets deutsch. Im 17. Jahrhundert hatte die Stadt unter einer
großen Feuersbrunst (1622) und den Schwedenkriegen zu leiden; auch im Nordischen
Kriege wurde sie Kriegsschauplatz. In den Pestjahren 1709/1710 verlor sie ein
Drittel ihrer Bewohner. Im Jahre 1772, als das Ermland wieder preußisch wurde,
hatte die Stadt 1.770 Einwohner, 1783 erhielt sie eine Garnison; in den
folgenden Jahrzehnten wurde sie zur zweitstärksten Garnison der Provinz, seit
1912 war sie Sitz des XX. Armeekorps. 1807 war Allenstein abwechselnd von
Franzosen und Russen besetzt. Am 3. Februar 1807 zog Napoleon in die Stadt ein.
Obgleich sie 1818 Kreissitz geworden war, blieb sie bis um die Mitte des 19.
Jahrhunderts eine Stadt mit Ackerbürgern und Handwerkern. Töpfereien,
Gerbereien, Garn- und Leinwandhandel spielten eine besondere Rolle. In den
Jahren 1831 und 1866 forderte die Cholera viele Opfer. Die Stadt begann erst
nach 1870 zu wachsen, als mehrere Land-, Post- und Kunststraßen erbaut waren und
Allenstein Eisenbahnanschluß erhielt nach Rothfließ 1872, nach Osterode 1873,
nach Mohrungen und Ortelsburg 1883, nach Guttstadt 1884, nach Hohenstein 1887.
Besonders die Vollendung der Eisenbahnstrecke Königsberg - Allenstein und Tilsit
- Insterburg - Allenstein -
Thorn machten Allenstein zum bedeutendsten Verkehrsknotenpunkt des südlichen
Ostpreußen. In der Zeit von 1871 bis 1885 verdoppelte sich die Einwohnerzahl.
Neben den schon bestehenden Schulen erhielt die Stadt 1873 eine Höhere
Mädchenschule, 1877 ein Gymnasium, 1878 ein Landgericht. Als die Einwohnerzahl
1895 21.579 (davon 8.248 ev., 494 jüd.) betrug, wurde Allenstein Stadtkreis. Im
Jahre 1905 wurde aus den Kreisen des südlichen Ostpreußen der Regierungsbezirk
Allenstein gebildet, um „Masuren und das südliche Ermland zu einer Einheit
zusammenzufassen und wirtschaftlich sowie kulturell zu betreuen". Allenstein
wurde Hauptstadt des Regierungsbezirks. 1912 wurde die Schloßfreiheit städtisch.
Bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts betrieben die Polen eine starke
Propaganda in Masuren, 1886 gründeten sie in Allenstein eine polnische Leitung
und 1912 die Nationalbank. Am 28./29. August 1914 war die Stadt von den Russen
besetzt. Bei der Volksabstimmung 1920 wurden in der Stadt 17.620 Stimmen für
Deutschland und 320 für Polen abgegeben. Zur Erinnerung an jenen Abstimmungssieg
im südlichen Ostpreußen wurde im Stadtpark Jakobsberg das Abstimmungsdenkmal
errichtet. Allensteins Wirtschaftsleben erstarkte seit den zwanziger Jahren. Es
war Sitz vieler Behörden und Banken, Mittelpunkt von Handels- und
Genossenschaften und hatte einen bedeutenden Getreide- und Holzhandel wie eine
vielseitige Verarbeitungs- und Maschinenindustrie. Außerdem war Allenstein
geistiger Mittelpunkt im südlichen Ostpreußen. Mehrere Zeitungen, Bibliotheken,
Museen trugen dazu ebenso bei wie das Landestheater Südostpreußen; es spielte
nicht nur in der Stadt, sondern in 38 ostpreußischen Städten, ihm war auch das
Kurtheater Samland angeschlossen mit dem Sitz im Ostseebad Rauschen. 1939 hatte
Allenstein 50.396 (zwei Drittel katholische) Einwohner. Im Zweiten Weltkrieg
wurde die Stadt am 21. Januar 1945 von den Russen besetzt und erst nach der
Einnahme teilweise zerstört. Alle Kirchen und kulturellen Denkmäler überstanden
unversehrt die Kriegsgeschehen. Seit 1946 ist sie Sitz der polnischen
Wojewodschaft Allenstein (Olsztyn). Allenstein ist der Geburtsort des
Historikers Lucas David, geboren um 1503 (+Königsberg 1583). In Allenstein
verstarb am 25. November 1937 der politische Schriftsteller Max Worgitzki,
Leiter des „Ostdeutscher Heimatdienst" in Allenstein.
Patenschaftsträger für den Stadtkreis Allenstein ist die
Stadt Gelsenkirchen.
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Quellen:
Foto Hohes Tor: Archivmaterial;
Wappen: Das Ostpreußenblatt (www.Ostpreussenblatt.de),
2000;
Foto Schloß:
Ostpreußen in schönen Bildern, Verlag Der Eiserne Hammer,
Königstein im Taunus und Leipzig, (undatiert, vor 1945), Seite 35;
Postkarte: 10000
Ansichtskarten, Deutschland um 1900 im Bild, Stichwort "Wartenburg",
The Yorck Project, Gesellschaft für Bildarchivierung, Berlin, 2001;
Text: Guttzeit: Ostpreußen in 1440 Bildern, Verlag Rautenberg, 1972-1996,
Seite 62-66 |
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weitere Informationen zur Namenskunde:
www.naanoo.com/freeboard/board/show_thread.php?userid=21893&topic=132243&forumid=13550;
weitere Informationen:
Der Stadtkreis Allenstein:
www.stadtallenstein.de
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