EU lehnt Minderheitenschutz-Initiative ab
Deutsche in Polen sind
enttäuscht über die Antwort der Europäischen Kommission
von Edyta
Gladkowska
Vor zwei Jahren hatte die Föderalistische Union Europäischer Volksgruppen (FUEV) − eine offiziell unabhängige Dachvereinigung von Organisationen nationaler Minderheiten Europas − eine europäische Bürgerinitiative unter dem Motto „Du bist nicht alleine – Eine Million Unterschriften für die Vielfalt in Europa“ gestartet. Mit einem Team von Experten wurde mit dem „Minority Safepack“ ein Bündel von Maßnahmen und Gesetzen zur Förderung und zum Schutz der europäischen Minderheiten sowie der Regional- oder Minderheitensprachen erarbeitet.
Gemäß Lissabonner Vertrag muss das Europaparlament sich im Rahmen der Bürgerinitiative mit jeder Petition befassen, für die man es schafft mindestens eine Million Unterschriften von Bürgern mindestens sieben europäischer Staaten zu sammeln.
Die europäischen Minderheiten haben mit viel Begeisterung die Unterschriften gesammelt, in der Hoffnung, dass die Bürgerinitiative „Minority Safepack“ zur Verabschiedung der Gesetze führen wird, die zu mehr Rechten und Möglichkeiten auf europäischer Ebene verhelfen.
Die FUEV hat auf ihrer Internetseite folgende Daten veröffentlicht: „In den 47 Staaten Europas leben rund 340 autochthone Minderheiten mit mehr als 100 Millionen Menschen. Jeder siebte Europäer ist Angehöriger einer autochthonen Minderheit/Volksgruppe. Es gibt allein in der EU neben den 23 Amtssprachen über 60 Regional- oder Minderheitensprachen, die von rund 40 Millionen Menschen gesprochen werden.“ Das zeigt, dass die Angehörigen der autochthonen Minderheiten eine große Gruppe bilden, die für die Verbesserung ihrer Rechte in der EU mit solchen Initiativen wie „Minority Safepack“ solidarisch kämpfen wollen.
Für die Unterschriftensammlung und Unterstützung der Initiative hat sich auch die deutsche Minderheit in Polen engagiert. Bernard Gaida, der Vorsitzende des Verbandes der deutschen Gesellschaften in Polen, schrieb zum Thema der Situation der nationalen Minderheiten in Europa für die Wochenzeitung www.Wochenblatt.pl: „Die Staaten Europas mit dem ,Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten‘ und viele auch mit der ,Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen‘ haben außer Schutz vor Diskriminierung auch eine aktive Unterstützung der Volksgruppen in ihren Bestrebungen nach Bewahrung der Sprache und Kultur deklariert.
Jedoch hat man seit Jahren außer ratlosem Monitoring keinen Weg gefunden um die Länder, welche die Deklarationen nicht erfüllen, zum Handeln zu zwingen. Das verursachte enorme Unterschiede der Lagen nationaler Minderheiten von Land zu Land. Von der beispielhaften Minderheitenpolitik in Rumänien oder kultureller Autonomie der Südtiroler bis zu Griechenland, welches der türkischen Gemeinschaft jegliche Rechte abspricht.“
Trotz einer Million Unterschriften hat die Europäische Kommission am 16. September 2013 die Initiative abgelehnt. Begründung: außerhalb des Kompetenzrahmens der Europäischen Kommission.
„Wir können die Antwort nicht nachvollziehen. Wir sind ganz und gar nicht der Auffassung, dass unser Vorschlag außerhalb des Kompetenzrahmens der Europäischen Kommission fällt. Wir sind natürlich enttäuscht, aber wir werden deswegen unsere Kampagne für mehr Minderheitenrechte nicht aufgeben“, erklärt der Vorsitzende des einreichenden Bürgerkomitees, FUEV-Präsident Hans Heinrich Hansen in einer ersten Einschätzung.
Die Vertreter der nationalen Minderheiten in Europa verstecken ihre Enttäuschung nicht und äußern ihren Widerspruch. „Die Vorreiter für die Modernisierung der EU, nämlich Schotten, Flamen, Katalanen, Basken und Südtiroler, sammeln europaweit eine Million Unterschriften für die Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes aller europäischen Völker. Die Ablehnung der FUEV-Initiative, für die sich vor allem die Südtiroler Volkspartei (SVP) stark gemacht hat, und die, vom Selbstbestimmungsrecht ablenkend, nur die Stärkung von Minderheitenrechten innerhalb der jeweiligen Staaten vorsah, zeigt, dass es richtig und wichtig ist, von vorneherein für eine ganze Sache zu kämpfen! Es ist Zeit, alle Kräfte in Europa für die Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes der Völker zu sammeln, anstatt in kleineren einzelnen Aktionen mit zu großem Kraftaufwand nur halbe Sachen anzustreben. Damit ist nichts erreicht, es ist wertvolle Zeit vergeudet, und es sind kostbare Mittel verschwendet“, so die Süd-Tiroler Freiheit.
„Es bleibt nun bis Mitte November Zeit, um zu entscheiden, ob gegen die Ablehnung der Europäischen Kommission beim Gerichtshof in Luxemburg Klage einreichen werden soll.“– so die FUEV.
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