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CDU-Konservative tauchen auf und wieder ab |
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Konservative CDUler formieren sich im Berliner Kreis
Von Wolfram Stahl |
Nicht zuletzt durch die Rücktritte von Roland Koch, Horst
Köhler oder Ole von Beust herrscht in Teilen der CDU die Ansicht, die Partei habe
an Profil verloren. Das konservative Lager ist vom Modernisierungskurs der Parteiführung
- allen voran von Bundeskanzlerin Merkel - enttäuscht.
Das Kreuz hängt an der Wand - im Sekretariat und in Erika
Steinbachs Büro. Die CDU-Bundestagsabgeordnete ist eine gläubige Frau. Eben hat
sie noch Nonnen ihres hessischen Wahlkreises geschrieben. Die Schwestern sind besorgt
wegen der deutschen Rüstungsexporte. Steinbach versichert in ihrem Brief, dass sie
sich auch weiterhin für die Rüstungskontrolle einsetzen werde. Christliche Werte
hält sie für die CDU genauso unverzichtbar wie den Konservatismus.
"Die CDU definiert sich als sozial, als liberal und
als konservativ. Das sind drei Säulen, auf denen unser CDU-Tisch ruht. Wenn eines
dieser Beine wegfällt, fällt das Ganze schöne Porzellan runter. Und nicht nur ich,
sondern viel in der Union haben das Gefühl, dass diese konservative Säule ein bisschen
angeschlagen ist."
Steinbach spricht zwar mild, aber sie meint es bitterernst, dass sich die CDU das
nicht leisten könne. Die Konservativen in der Partei haben sich deshalb im Berliner
Kreis zusammengeschlossen. Dazu gehören Bundespolitiker wie Wolfgang Bosbach, Altgediente
wie Jörg Schönbohm und Landespolitiker wie der Hesse Christean Wagner. Gemeinsam
wehre man sich gegen falsch verstandene Modernität, erklärt die Präsidentin der
Heimatvertriebenen, Steinbach.
"Da gab's wohl eine Untersuchung auch durch das Allensbach-Institut,
die Vokabel "konservativ", die sei also nicht so sehr bei den Menschen beliebt und
das solle man doch am besten nicht verwenden. Ja, wenn man natürlich als Partei
selber etwas verkommen lässt im Außenbild, in der Pflege, wenn sie ihr Silber nicht
putzen, dann glänzt es auch nicht mehr. Und der konservative Begriff als solcher
mit den Inhalten ist nicht gepflegt worden. Und da ist das Silber ein wenig angelaufen
und das wollen wir wieder polieren."
Der Kreis der konservativen CDU-Politiker trifft sich seit gut zwei Jahren regelmäßig
in Berlin. Bereits vor der letzten Bundestagswahl im Jahr 2009 verfassten sie gemeinsam
einen Brief an Angela Merkel. An der Ausrichtung ihrer Partei hatten die Kritiker
damals schon erhebliche Zweifel. Das Ergebnis gab Ihnen Recht, meint Wolfgang Bosbach:
"Vielleicht gibt es in der CDU hier und da die Überlegung,
die konservative Klientel müsste man nicht besonders ansprechen, die würde ja ohnehin
CDU wählen, aber diese Rechnung kann auch danebengehen."
Bosbach und die anderen konservativen Mitstreiter des Berliner Kreises sind vom
Modernisierungskurs der CDU-Parteiführung enttäuscht. Bisher haben sich die Konservativen
als Hinterzimmer-Runde getroffen, künftig wolle man die Anliegen jedoch deutlicher
herausstellen, erklärt Erika Steinbach.
"Wenn die CDU klug ist und die CSU alle miteinander
klug sind, freuen sie sich, dass es so einen Kreis gibt. Sie können dankbar sein,
dass es keine neue Partei gibt, sondern dass innerhalb der eigenen Reihen sich so
etwas gründet und bildet."
Dass sich die Konservativen im Berliner Kreis formiert haben, und - so war es am
Wochenende zumindest in der Zeitung zu lesen - sich angeblich heute Abend der Öffentlichkeit
präsentieren wollten, schmeckt der Fraktionsführung im Bundestag und der Parteispitze
gar nicht. Doch CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe wiegelt ab und betont, dass natürlich
alle Ideen, die die CDU nach vorne brächten, willkommen seien.
"Über Ideen diskutieren wie gerne. Das geht am besten
je konkreter sie vorgetragen werden. Das allgemeine Einfordern konservativerer Positionen
ist zunächst nur eine Überschrift. Leichter wird's darüber zu diskutieren, wenn
alle Beteiligten sagen, was sie dazu denken."
In der Parteiführung ist man bemüht, die Rolle der Konservativen und ihren parteipolitischen
Einfluss herunter zu spielen. Den unausgesprochenen Worten von Generalsekretär Gröhe
ist zu entnehmen, dass es sich wieder einmal nur um die üblichen Verdächtigen und
einige wenige verirrte Köpfe handele.
"Ich nehme zur Kenntnis, dass es Menschen gibt, die
das konservative Denken in der CDU stark betont wissen wollen. Ich finde, es kommt
in unserer Partei zum Ausdruck. Es wird nicht durch einzelne Persönlichkeiten vertreten,
all dies eint uns insgesamt."
Offenbar hat die Reaktion der Parteiführung bei einigen prominenten Mitgliedern
des Berliner Kreises Wirkung gezeigt. Im Gegensatz zu Erika Steinbach sind sie auf
Tauchstation gegangen und wollen sich weder zum Berliner Kreis noch zur Kritik am
mangelnden Konservatismus in der CDU äußern. Den in manchen Medien angekündigten
Paukenschlag einer richtig offiziellen Konstituierung als Berliner Kreis werde es
weder beim heutigen Treffen noch in naher Zukunft geben, erklärt Erika Steinbach.
"Wir haben nichts besonderes heute Abend vor. Der Name
Berliner Kreis ist bei der letzten Sitzung entstanden, darauf hat man sich verständigt.
Ein Kind sollte ja auch getauft werden. Es braucht, wenn Menschen zusammenkommen
auch irgendwie einen zusammenführenden Begriff und dann haben wir uns auf Berliner
Kreis verständigt, aber es war gar kein Paukenschlag geplant."
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