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Eine gesetzliche und gesellschaftliche Pflicht Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität schließt Institut von Michael Weigand Für die Weitergabe ost- und sudetendeutscher Kultur von Generation Zu Generation ist es unerlässlich, dass über die mehrjahrhundertjährige deutsche Geschichte in den Gebieten östlich von Oder und Lausitzer Neiße und den übrigen deutschen Siedlungsgebieten in Ostmitteleuropa gesprochen wird. Diese Thematisierung beginnt in der Familie, muss dann in der Schule weiter aufgenommen werden und schließlich an den wissenschaftlichen Institutionen, allen voran natürlich den Universitäten, vollendet werden. Dieser Kreislauf ist für die gesetzlich verankerte Weitergabepflicht ostdeutscher Geschichte und Kultur essentiell. In Nordrhein-Westfalen droht nach der erfreulichen angekündigten Aufnahme unserer Geschichte in Schule und Unterricht das Standbein Wissenschaft endgültig wegzubrechen. Die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf hat nämlich entschieden, das Institut für die Geschichte der Kultur der Deutschen im östlichen Europa zugunsten eines moderner klingenden Lehrstuhls aufzugeben. Das von der neuen Landesregierung beschlossene Hochschulfreiheitsgesetz erlaubt diese Maßnahme. Dieses Gesetz gibt den Universitäten eine autarke Entscheidungsgewalt darüber, welche Lehrstühle sie beibehalten, fördern oder neu einrichten wollen, und welche nicht. Die Schließung des Lehrstuhls an der Heinrich-Heine-Universität ist der traurige Höhepunkt einer verfehlten Hochschulpolitik im Vertriebenenbereich. Eine erste schwierige Hiobsbotschaft war die Schließung der beeindruckend gut ausgestatteten Forschungsstelle Ostmitteleuropa an der Universität Dortmund im Mai 2005. Der damalige Leiter Johannes Hoffmann kämpfte vergeblich um eine Neubesetzung seines Postens und eine dadurch verbundene Rettung der gesamten Forschungsstelle. Der enorme Fundus wissenschaftlicher Literatur, sowie die hohe Anzahl wertvoller wissenschaftlicher Publikationen machte die Schließung der Forschungsstelle zu einem einschneidenden Ereignis für diesen Bereich in Nordrhein-Westfalen. Die CDU unter Jürgen Rüttgers erkannte diese Malaise recht früh und stellte in ihrem Positionspapier vom 1. März 2005 unter Punkt 6 fest, dass „die Fortführung der Forschungsstelle Ostmitteleuropa“ zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung eine zentrale Zielsetzung der kommenden Legislaturperiode sei, sofern sie die Regierung in Nordrhein-Westfalen übernähme. In Vertriebenenkreisen verließ man sich darauf, dass noch vor der Einsetzung des Hochschulfreiheitsgesetzes eine Wiederbesetzung der Leiterposition der Forschungsstelle vollzogen würde. Doch leider erfolgte dies nicht. Dazu wurden die klaren und deutlichen Anzeichen, welche die Heinrich-Heine-Universität seit Artfang dieses Jahrzehnts in Richtung einer Schließung des Lehrstuhls ausgab, nicht erkannt, unterschätzt oder einfach nicht wahr- genommen. Dass das Historische Seminar der Heinrich-Heine-Universität die Gelderzuteilung an den Lehrstuhl sukzessive kürzte, so dass diese Zuteilung bald gen Null tendierte, wurde zwar kommuniziert, aber nicht wahrgenommen. Die politischen Anfragen an die Universität, welche daraufhin tendierten, eine klare Aussage zur längerfristigen Beibehaltung des Lehrstuhls zu erhalten, wurden intern mit der Aussage erwidert, der Lehrstuhl könne gar nicht geschlossen werden. Eine breite Front zur Rettung des Lehrstuhls, die frühzeitig öffentlichen politischen Druck hätte aufkommen lassen, kam somit nicht zustande. Darüber hinaus schien es ebenfalls so zu sein, als habe der abtretende Lehrstuhlinhaber Prof. Detlef Brandes kein gesteigertes Interesse daran, dass eine neue CDU-geführte Landesregierung bei der Neubesetzung des Lehrstuhls ihren Einfluss geltend machen könnte und somit zu einer Neuausrichtung der Lehrstuhlinhalte beitrüge. Brandes war dafür bekannt, SPD-nahe, vertriebenenkritische Inhalte stärker zu fokussieren und insbesondere zur Tschechischen Republik eine kritikarme Haltung einzunehmen. Die breite Hoffnung in den organisierten Vertriebenenkreisen, diesen Lehrstuhl nach Brandes wieder stärker an die Interessender organisierten Vertriebenen heranzuführen, schien für Brandes eine Gefahr seiner gefundenen Ausrichtung des Lehrstuhls zu sein. Der Eindruck entstand, als sei ihm eine Schließung des Lehrstuhls nach seinem Abtritt lieber als eine vertriebenenfreundlich in- tendierte Neubesetzung. Diese genannten Komponenten, also die fehlende Umsetzung klar artikulierter politischer Ziele, die Unterschätzung des Problems in den eigenen Reihen und der fehlende Wille aus dem Bereich des bestehenden Lehrstuhls, führten im Endeffekt dazu, dass dieser Lehrstuhl nun wie beschrieben nicht weiter besetzt wird. Die entstandne enorme Unruhe in den Vertriebenenkreisen des Landes wurde durch zahlreiche Printmedien aufgenommen. So berichtete die BILD-Zeitung am 3. und am 5. Februar breit über die vollzogene Maßnahme und fragte sich in der Überschrift, warum die Heine-Universität den Lehrstuhl für Vertriebene aufgebe. Der öffentliche Druck wurde auch dadurch erhöht, dass überall im Land die organisierten Vertriebenen ihren Unmut über die vernichtende Maßnahme ihren jeweiligen Abgeordneten vortrugen und weiterhin vortragen. Die von der Universität gegebene Antwort auf die Anfrage der Medien kann nämlich nicht ausreichen. Ein Hochschulfreiheitsgesetz setzt die gesetzgeberische Verpflichtung nicht völlig außer Kraft. Im viel zitierten und für die Vertriebenenarbeit essentiellen § 96 BVFG ist eindeutig festgelegt, dass „Bund und Länder (...) Wissenschaft und Forschung bei der Erfüllung der Aufgaben, die sich aus der Vertreibung und der Eingliederung der Vertriebenen und Flüchtlinge ergeben, sowie die Weiterentwicklung der Kulturleistungen der Vertriebenen und Flüchtlinge zu fördern (haben)“. Das Land Nordrhein-Westfalen kommt also seiner gesetzgeberischen Pflicht nicht nach, wenn es die letzte universitäre Einrichtung im Land schließt. Der Paragraph 96 ist dabei gar nicht hoch genug einzuschätzen, da er bei seiner Entstehung die vom Gesetzgeber gewollte Grundlage für die Vertriebenenarbeit darstellte. Der Bund kommt dieser Verpflichtung übrigens weiterhin nach. Traurig bleibt in diesem Zusammenhang festzustellen, dass die Politik sich in ihrer Argumentation sich hinter dem Hochschulfreiheitsgesetz versteckt, anstatt aktiv eine Position einzunehmen. Die Frage, wie es seiner oben erwähn- ten vom Gesetz gegebenen Verpflichtung nachkommen will, bleibt unbeantwortet. Wo ist der Präzedenzfall, der für die Gegebenheit eines Hochschulfreiheitsgesetzes genau diese gesetzliche Verpflichtung regelt? Warum lässt die Landesregierung ihren seit dem Jahre 2005 artikulierten politischen Willen von der Heinrich-Heine-Universität konterkarieren? Wo ist die Verantwortung, die dem Gesetzgeber für einen zentralen und wichtigen Teil des Volkes, nämlich die Vertriebenen, verpflichtend auferlegt wurde? Die Vertriebenen sind kein Auslaufmodell, das man in Museen abschieben kann. Die Vertriebenen sind auch in Nordrhein-Westfalen immer noch eine wichtige politische Größe, mit starker verbandlicher Organisation und festem politischen Willen. Man kann nicht einfach eine Maßnahme wie die Schließung der Forschungsstelle Ostmitteleuropa und des Lehrstuhls an der Heinrich-Heine-Universität vollziehen, ohne auf den massiven Widerstand der Vertriebenen als auch aller gesamtgesellschaftlich verantwortungsvoll handelnden Personen zu stoßen. Es muss in Zukunft auch wieder eine Zukunft für die universitäre Arbeit im Vertriebenenbereich geben, sei es in Düsseldorf, sei es in Dortmund oder sei es sonst wo im Land. Dies ist nur eine eindeutige gesetzliche Vorgabe. Dies gehört auch zur gesamtgesellschaftlichen Verantwortung, der sich niemand in Nordrhein-Westfalen entziehen sollte. Es gilt weiter, dies zu fordern und darum zu ringen.
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