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Eine Ostpreußen-Reise wie im Bilderbuch Eine Reisegruppe erkundete Ostpreußen zu Lande, Nach einer Vorbereitungsphase vom September 2009, war es endlich soweit. Unter den beiden Reiseleitern Anita Knop und Paul Sobotta startete eine 43-köpfige Reisegruppe wieder in die ostpreußische Heimat Masuren nach Johannisburg. Aus 26 Orten aus Deutschland, wie von einem Magnet angezogen, ging diese Reisegruppe auf eine 3.500 km lange Rundreise. Nimmt man die Anreisekilometer zu den Einsteigepunkten jedes einzelnen Reiseteilnehmers dazu, kommen noch 7.000 km hinzu. So ergibt sich eine Gesamtreisestrecke von 10.500 km. Und nun laden wir alle noch nachlesenden Landsleute, Bekannte und Heimatfreunde ein, mit uns auf diese Bilderbuch-Ostpreußen-Reise zu gehen. Paul Sobotta wies die Reisenden darauf hin, den komfortabelen Fernreisebus mit seinen beiden kompetenten Busfahrern, als fahrendes deutsches Botschaftsgebäude zu betrachten. An jeden Reisenden hatte die Reiseleitung eine sogenannte 'Bordpapiere-Zusammenstellung' im Bus verteilt. Darunter befand sich eine Flugblattaktion vom BJO (Bund junger Ostpreußen) zeitgleich mit unserer Reise verfaßt '90 Jahre Volksabstimmung am 11. Juli 1920 in Ostpreußen'. - Und das nur vorweg gegriffen. Während unserer 12-tägigen Reise durch den unvergessenen deutschen Osten, hatten wir ein Wetter, wie aus einem Bilderbuch, der große blaue Himmel mit seinen großen hohen Wolkenbergen stets über uns. Die Wolken sind in Ostpreußen schon etwas ganz Besonderes. Temperaturen um die 30 Grad Celsius und ein stets mildes wehendes Lüftchen. Am Dienstag, den 13.07.2010 ging es vom Rheinland über die Autobahn in Richtung Hannover, Berlin, Frankfurt/Oder bis nach Schwiebus in Ostbrandenburg. Hier wurde eine Zwischenübernachtung eingelegt. Am nächsten Morgen ging es nach dem Frühstück weiter nach Osten durch das weitgestreckte pommersche Hügelland über Posen, bei Graudenz / Westpreußen über die Weichsel nach Marienburg zur Marienburg, der größten Burganlage des Deutschen Ritterordens an der Nogat gelegen, einem Mündungsarm der Weichsel, zu einem Fototermin. Hier war der Sitz des Hochmeisters des Deutschen Ordens von 1274-1398, also 124 Jahre lang. Die langsam untergehende Sonne ließ diese gewaltige Burganlage im goldenen Glanz erscheinen. Danach wurde Elbing angefahren, unser Quartier für 2 Übernachtungen. Nach der 1. Übernachtung ging die Fahrt nach Frauenburg, mit der Überfahrt über das Frische Haff zum 16 km entfernten Kahlberg. Hier wurde von Paul Sobotta mitten auf dem Frischen Haff eine Totenehrung durchgeführt. Es ist das größte Massengrab in Ostpreußen. Man spricht von 50.000 Toten, die mit vielen treuen Pferden und Wagen auf der zerbombten Eisfläche einbrachen und in dem eisigen Wasser in 5 m Tiefe ertranken. Anita Knop übergab den Fluten ein sehr schmuckvolles Blumengebinde. Sie selber, 12 Jahre alt, nach zweimaligem Anlauf mit ihrer Familie, hatte Mut gefaßt und war über die schwankenden Eisflächen durch die Nacht nach Kahlberg gegangen. Etwa eine halbe Million Ostpreußen überquerten an mehreren Stellen diese brüchige Eisfläche, die von russischen Tieffliegern zerbombt war. 1 Million deutscher Soldaten, auch mein Vater war darunter, haben diese Fluchtwege benutzt. Unser Jagdhornbläser Theo Simanski blies nach Ende der Totenehrung: "Ich hat einen Kameraden". Eine polnische Schulklasse war während der Zeremonie auf dem Schiffsoberdeck anwesend. Wilma Salamon aus unserer Reisegruppe, die die polnische Sprache noch gut beherrscht, erklärte den polnischen Schülern unser Totengedenken auf dem Frischen Haff. Sie verhielten sich still und verhalten. Nach der 2. Übernachtung in Elbing und einem guten Frühstück, hieß es Abschied nehmen. Der Bus brachte uns zur Schiffsanlegestelle für eine 5-stündige Fahrt über den Oberlandkanal mit seinen 5 schiefen Ebenen. Das Kapitäns Ehepaar begrüßte uns an Bord sehr herzlich. Es ging ein Stück den Elbingfluß entlang über den Drausensee und dann auf die schiefen Ebenen. Mit 5 Stufen wird ein Höhenunterschied von 100 m überwunden. Die Kapitänsfrau gab uns in fließendem Deutsch ausführliche Informationen über unsere Oberlandkanalreise. Der deutsche Wasserbauingeneur Gustav Steenken baute vor 150 Jahren dieses einmalige Wunderwerk auf dieser Welt. Dieses Oberlandgebiet ist ein großes Naturschutzgebiet. 5 Stunden dauerte diese Schifffahrt bis Buchwalde. Viele Wasservögel jeglicher Art gaben sich dort ein Stelldichein. Seefahrt macht hungrig, deshalb wurde ein kleiner Imbiss (Brötchen mit Bratwurst) angeboten. Unser Ziel "Buchwalde" war erreicht. Noch ein letzter Blick ins Maschinenhaus mit sachkundiger Erklärung. Dann ging es weiter über Mohrungen, Allenstein, Ortelsburg, Puppen nach Johannisburg. Am Freitag, den 16.07.2010 erreichten wir gegen 18.00 Uhr Johannisburg, unser Zuhause, das Hotel am Fluß mit Zimmerbelegung und Abendessen. Nun konnten die 7 Tage Johannisburg-Aufenthalt ihren Lauf nehmen. Am 1. Tag stand die Gedenksteinefahrt durch den Kreis Johannisburg an. 6 Stellen, wie Gehlenburg, Drigelsdorf, Großdorf, Misken, Masten und Gehsen. Paul Sobotta verlas an jeder Stelle die Entstehung und Verlauf zu der Erstellung jeder einzelnen Gedenkstelle, und ein Blumengebinde mit Schleifen wurde nieder gelegt. Theo Simanski begleitete diese Zeremonie wieder musikalisch mixt seinem Jagdhorn. Mit einem Vater-unser-Gebet beendeten wir den Besuch an jeder Gedenkstelle. Nachmittags lud uns der Verein "Rosch" unter seinem Vorsitzenden Ditmar Leymanczyk mit seinen fleißigen Kuchenbäckerinnen ein. Für uns alle war es ein sehr schöner unterhaltsamer Nachmittag. Der nächste Tag war ein Sonntag. Nach dem reichhaltigen Frühstücksbüfett war der Gottesdienst im Ev. Kirchraum angesagt. Der Pfarrer "Pisz" von Johannisburg war sichtlich erfreut über die vielen Gottesdienstteilnehmer. Schade, daß der Gottesdienst nur in polnischer Sprache durchgeführt wurde, da sollte Pfr. Pisz mit der ev.-polnischen Obrigkeit doch eine wirklich geänderte Form herbeiführen, so daß zugleich deutsch und polnisch im Gottesdienst gesprochen werden kann. "Der Geist kann auch nur dann folgen, wenn man ihn auch versteht", so Paul Sobotta zu Pfarrer Pisz. Das Zentrum von Johannisburg war zu dieser Zeit eine große Baustelle. Für den Sonntagnachmittag war eine Pferdewagenfahrt angesagt. Frau Ursula Rutkowska vom Deutschen Verein, begleitete uns zunächst auf der Fahrt nach Ukta. Von dort ging es 1 1/2 Stunden in flotter Fahrt mit 2 Pferdewagen durch die Johannisburger Heide. Unterwegs wurde eine Imbisspause am Mucker-See eingelegt. Spirgel, Brot und Salzgurken machten die Runde, denn wenn der Bauch nichts hat, kann der Rücken nicht gerade gehen. Gut gestärkt konnte die Rückfahrt nach Ukta angetreten werden. Das war der Punkt: Von Pferden gezogen etwas von Ostpreußen zu erleben. Die ganze Johannisburger Heide so zu erleben, konnte den Rahmen dieser Reise sprengen! Überraschend erhielten wir einen Kurzbesuch von Frau Falkenstein, stellvertretende Vorsitzende der Kreisgemeinschaft Johannisburg.
Am Montag traten wir die Seereise von Niedersee nach Nikolaiken an. Die Fahrt über den langestreckten Beldahnsee, den Schlenker in den größten See der Masurischen Seenplatte, dem Spirdingsee, war ein geruhsames Erlebnis. Über uns allen wieder der große blaue Himmel mit seinen riesig großen weißen Wolkengebilden. Besuch beim Stinthengst, Klunkerkauf (Bernsteinschmuck) und Zanderessen, füllten das Programm "Ostpreußen vom Wasser zu erleben" nach Nikolaiken, voll aus. Auf der Rückfahrt wurde noch mal auf der Krutinna eine Kahn-Staakfahrt unternommen. Kristallklares Wasser und grüne Blätterdome begleiteten uns auf diesem naturbelassenem Fluß. - Das Abendessen im Johannisburger Hotel wartete schon auf uns. Unsere Tagebuchschreiberin Elisabeth Maziul vermerkte u. a. den Essensgang Rote-Beete-Suppe (Betenbarsch). Die Masurenfahrt stand für den nächsten Tag auf dem Programm. Es ging über Lyck, Bartossen, Rastenburg, Rößel - Rückfahrt nach Johannisburg. In Bartossen suchten wir den Soldatenfriedhof auf. Man nennt ihn auch das Golgatha von Ostpreußen. Auf dem großen Areal wurden bereits 13.000 gefallene deutsche Soldaten aus dem 2. Weltkrieg, die hier im südlichen Teil Ostpreußens fielen, auf diesen großen zentralangelegten Friedhof umgebettet. Unsere Reisegruppe suchte diesen Soldatenfriedhof auf und versammelte sich an der Stelle, wo 15 Gehlenburger Soldaten umgebettet wurden. Marianne Willeke, geb. Specka, gebürtig aus Gehlenburg, mußte aus gesundheitlichen Gründen ihres Mannes Heinrich Willeke, diese Reise absagen. Paul Sobotta gedachte in einem feierlichen Akt der 15 Gehlenburger Soldaten mit ihrer Namensverlesung. Er griff einen Namen besonders auf, nämlich August Specka, den Vater von Marianne Willeke und verlas den handgeschriebenen Lebenslauf der Tochter über ihren Vater August Specka. Nach einem Plan des Kriegsgräberverbandes wurde eine kleine Namenstafel mit eingeschweißtem Bild und einer Vase mit künstlichen Blumen an der Stelle abgelegt. Der Jagdhornbläser Theo Simanski blies: "Ich hat einen Kameraden". Paul Sobotta schloß die kleine Gedenkfeier mit den Worten des Preußischen Generalfeldmarschalls August von Mackensen: "Die Soldaten sind nicht tot, sie sind nicht allein, sie leben weiter". Mit dem gemeinsam gebeteten Vater-unser endete unsere Gedenkfeier. Wir fuhren weiter nach Rastenburg und besichtigten die ehemaligen Überreste des Führerhauptquartiers. Damit die Gemüter sich wieder beruhigten, suchten wir die Wallfahrtskirche Heiligenlinde in Rößel auf, wo uns schon unsere bekannte Führerin Elsbetta herzlich begrüßte und uns sachkundig durch dieses schmucke Gotteshaus führte. Bald setzte auch das gewaltige Brausen der Orgel ein und Engelsfiguren bewegten sich mit ihren Trompeten zur Musik. Es ist immer ein ganz beruhigtes Erlebnis, an dieser Stelle zu sein.
Es war die 3. Begegnung, Ostpreußen vom Wasser zu erleben: Die Fahrt über den großen Löwentin- und Mauer-See-Komplex. - Man kann auch hier nur sagen: "Der Herrgott schläft nur in Masuren"! Und auch hier war wieder der große blaue Himmel mit seinen gewaltigen großen weißen Wolkengebilden über uns. Die Uferrandzonen dieser Seeregion zogen sich links und rechts von unserem Schiff nur noch sehr schmal am Horizont entlang: Ostpreußen wie im Bilderbuch. Und schon brach der letzte Tag unseres 7-tägigen Aufenthaltes in Johannisburg an. Er stand jedem Reiseteilnehmer zur freien Verfügung, z. B. Besuch der Heimatorte (Dörfer) im Kreis Johannisburg. Abends war der Abschiedsabend im Hotel. Alles war festlich eingedeckt. Gäste vom Vorstand des Vereins "Rosch" und der ev. Pfarrer Pisz von Johannisburg waren eingeladen. Kurze Ansprachen vom Reiseleiter Paul Sobotta, Ditmar Leimanczyk, dem Vorsitzenden des Vereins "Rosch", der Ehrenvorsitzenden Frau Mira Kreska, sowie von Pfarrer Pisz, eröffneten den Abschiedsabend. Alle ließen sich das Abschiedsmenü gut schmecken. Als Abschluß des Abendessens wurde eine funkensprühende Sahne-Creme-Torte serviert. Anschließend hatte die weibliche Reiseleiterin Anita Knop mit ihrem Mann Herbert eine lustige Tombola vorbereitet, deren Reinerlös dem Vereins "Rosch" übergeben wurde. Die treue Reiseteilnehmerin Elisabeth Maziul trug zum Abschluß ein selbstverfaßtes Gedicht vor, mit lobenden Worten über die Reiseleitung und den Verlauf der unternommenen Reise, das mit viel Beifall bedacht wurde. - Ein besonderes Dankeschön von Paul Sobotta ging an Anita Knop mit den Worten: "Anita, Du bist wie eine Bordfee!" So klang auch unser letzter Abend im schönen Hotel am Pissek-Fluß in Johannisburg aus. Und wie heißt es immer: "Die letzte Nacht vor der Abreise wird schnell geschlafen." Eine gewisse Spannung hing in der Luft. Am nächsten Morgen erwartete uns das allerletzte, wie immer wieder ganz wunderbare Frühstücksbüfett. Danach wurden die Koffer zum Bus gebracht, wo dann unsere beiden Busfahrer alle Hände voll zu tun hatten, alles fachgerecht zu verstauen. Wir nahmen Abschied von Johannisburg, unserer unvergessenen Heimat, dem Land der dunklen Wälder und kristallenen Seen und schönen Alleen. Es ging in Richtung Westen über Ortelsburg, Neidenburg, Posen, bis nach Schwiebus in Ostbrandenburg. Hier wurde nochmals eine Zwischenübernachtung eingelegt. Nach dem Frühstück ging es weiter nach Westen. Ein jeder hatte wohl noch seine Gedanken in Ostpreußen und ließ sie Revue vorüberziehen. Wir passierten Frankfurt/Oder, Berlin, Hannover und kamen ins Rheinland, unserem Endziel. Danke für das Nachlesen dieses Berichtes, für alle Gedanken und das Gefühl, dabei gewesen zu sein. So Gott will und wir leben, werden wir im Jahre 2012 erneut wieder eine Ostpreußen-Reise unternehmen.
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