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Der Mythos „Alexandra“ lebt. Das beweist nicht nur die Tatsache, dass die Platten der 1969 mit nur 27 Jahren bei einem Autounfall verstorbenen Sängerin auch heute noch Absatz finden, sondern auch, dass in Berlin ein Musical über das Leben des Stars aufgeführt wurde. Im Oktober 2011 fand im Berliner Schlosspark-Theater die Uraufführung statt. Pop-Sängerin Jasmin Wagner, in den 90er Jahren als „Blümchen“ bekannt geworden, schlüpft darin in die Rolle Alexandras. Kein Geringerer als Michael Kunze, Deutschlands produktivster Musical-Autor, hatte das musikalische Theaterstück geschrieben. Zwar mit einigen Spekulationen über die Hintergründe des mysteriösen Todes der Künstlerin, aber immerhin. Alexandras Sohn Alexander Nefedov hatte das Stück begutachtet und trotz einiger Kritikpunkte sein Einverständnis zu der Geschichte gegeben. Alexandra erblickte am 19. Mai vor 70 Jahren als Doris Treitz im memelländischen Heydekrug das Licht der Welt. Von ihrer Heimat hat sie nicht viel mitbekommen, denn 1944 musste Mutter Wally Treitz mit ihren drei Töchtern vor den anrückenden Russen fliehen. Vater August war zum Volkssturm eingezogen worden. Ihre ebenso energische wie temperamentvolle Mutter sorgte dafür, dass ihr Nesthäkchen Doris trotz vieler Schwierigkeiten in der Nachkriegszeit eine Musik- und Schauspielausbildung erhielt. Die Mutter war es auch, die mit Erzählungen, denen die Kinder gebannt lauschten, die Erinnerung an die Heimat wach hielt. Gegenüber dem Ostpreußenblatt äußerte Alexandra einmal mit Stolz: „Ich bin Memelländerin.“ Von Zigeunern, die mit ihren Tanzbären ins Memelland kamen, erzählte die Mutter. „Zigeunerjunge“ war deshalb eines von Alexandras Lieblingsliedern. Ob man ihr heute noch ein Lied mit solch politisch unkorrektem Titel durchgehen ließe? Interessant wäre es gewesen, zu erfahren, was aus Alexandras vielseitigem Talent − sie spielte mehrere Instrumente, komponierte, textete und schauspielerte − geworden wäre. Hatte es ihr anfangs gefallen, auf der damals populären „Russenwelle“ zu schwimmen, wollte sie nach zwei Jahren, in denen sie von Termin zu Termin gehetzt war und singen musste, was im Vertrag stand, etwas anderes. Talentiert, ehrgeizig und fleißig, wie sie war, und mit der Fähigkeit, sich durchzusetzen, hätte ihr eine Karriere als Liedermacherin und Schauspielerin gelingen können. Den Grundstein hatte sie am 31. Juli 1969, ihrem Todestag bereits gelegt: Sie unterzeichnete einen Fünfjahresvertrag mit der Phonogramm in Hamburg und plante ihre Rückkehr von München in die Hansestadt. Sie wollte Chansons singen, mit eigenen Texten und Kompositionen. „Zu schwermütig, unverkäuflich“, urteilte ihr Management. Der Begriff „Liedermacher“ wurde erst ein paar Jahre später erfunden, Jahre, die ihr nicht mehr blieben. Nicht zuletzt durch den Einsatz des seit 2003 bestehenden „Alexandra-Freunde-Vereins“ wird das Gedenken an das Ausnahme-Talent wachgehalten. So konnten Vereinsmitglieder Städte und Orte, die mit Alexandras Schicksal verbunden sind, dazu bewegen, etwas zum Gedenken an die Sängerin zu tun: Die Gemeinde Tellingstedt in Schlewig-Holstein, wo die recht ungeübte Autofahrerin Alexandra an einer berüchtigten Todeskreuzung verunglückte, stimmte zu, am 31. Juli 2006, dem 37. Todestag, an der Unfallstelle einen Gedenkstein aufzustellen. 2007 benannte die Freie und Hansestadt Hamburg am 65. Geburtstag einen kleinen Weg in der Nähe des Wohnhauses in der Arbeitersiedlung Rothenburgsort, in dem Alexandra vor ihrem Durchbruch gewohnt hatte, in „Alexandra-Stieg“ um. Zur Einweihung waren neben Vertretern der Politik und Fans auch der damalige litauische Botschafter Evaldas Ignatavicius gekommen. Zum 67. Geburtstag benannte die Stadt Kiel einen kleinen Platz in „Alexandra-Platz“ um, auf dem später die Alexandra-Freunde einen Baum pflanzen ließen und eine Parkbank mit Widmungstafel aufstellten. Im Knooper Weg 163, ganz in der Nähe des Alexandra-Platzes, hatte Familie Treitz, nachdem der Vater aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekommen war, eine Bleibe in einer geräumigen Altbauwohnung gefunden. Als Höhepunkt in der Reihe der Ehrungen kann sicherlich das Anbringen einer Gedenktafel an dem Ort, wo Alexandras Geburtshaus stand, gesehen werden. Evaldas Ignatavicius hatte sein Versprechen von 2007 wahr gemacht und sich für die Einrichtung einer Alexandra-Stube im Museum von Heydekrug eingesetzt. Während des Heydekruger Stadtfestes wurde am 24. September 2011 dann die Gedenktafel enthüllt. Neben solchen Ehrungen bleibt Alexandra auch in
Hörfunk und Fernsehen präsent. Viele Sender spielen ihre größten Hits
„Zigeunerjunge“, „Sehnsucht“ und „Mein Freund, der Baum“. Im Fernsehen werden
Marc Böttchers Dokumentarfilm „Alexandra − Legende einer Sängerin“ und Dunja Stamers Dokumentation in der Reihe „Legenden“ des NDR im Spätprogramm oft
wiederholt. |