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Großes Ostpreußen-Jubiläum
in Rostock
2.000 Besucher beim 15. Landestreffen in Mecklenburg-Vorpommern
ROSTOCK - Zum 15. Landestreffen der Ostpreußen in Mecklenburg-Vorpommern waren am
Sonnabend, dem 25. September 2010, mehr als 2.000 Besucher in die Stadthalle Rostock
gekommen. Mit etlichen Bussen reisten wieder ganze Kreis- und Ortsgruppen an, darunter
drei Busse aus dem Raum Anklam-Greifswald-Neubrandenburg. Die Organisatoren hatten
zuvor 70 Zeitungen angeschrieben und viele Einladungen verschickt. 30 Helfer aus
Anklam, Neubrandenburg und Rostock sorgten für einen reibungslosen Ablauf. Als sehr
nützlich erwiesen sich wieder die anderthalb Meter großen selbstgefertigten Schilder
aller 40 ostpreußischen Heimatkreise auf den Tischen mit den dazugehörigen Anwesenheitslisten.
So konnten sich die Landsleute anhand der Eintragungen leichter finden. Ungezählte
Wiedersehensfreude war zu beobachten. Wer kurz vor Beginn den brechend vollen Saal
betrat, fand nur noch auf den Rängen Platz.
Feierstunde
Der Landesvorsitzende der Ostpreußen in Mecklenburg-Vorpommern, Manfred Schukat,
eröffnete eines der bestbesuchten Landestreffen. Er konnte fast 300 neue Gäste begrüßen,
die erstmalig dabei waren, darunter die mit 99 Jahren älteste Teilnehmerin Frieda
Glanden aus Garbassen, Kreis Treuburg, und die Studentin der Universität Quebec,
Gesa Bierwerth aus Kanada. Einmal im Jahr ist so eine symbolische Auferstehung Ostpreußens
zu erleben. Ohne den Fall der Mauer, ohne die Wiedervereinigung Deutschlands vor
20 Jahren wäre dies alles unmöglich, so Manfred Schukat unter dem Beifall der Gäste.
Den musikalischen Auftakt machte das Blasorchester der Hansestadt Rostock. Umrahmt
vom Marsch „Preußens Gloria“ zogen die Fahnen aller 40 ostpreußischen Heimatkreise
und 20 weitere landsmannschaftliche Fahnen ein, von den Teilnehmern mit stehendem
Applaus begrüßt. Danach sprach Pfarrer Dr. Daniel Havemann das geistliche Wort über
die Heilung eines Taubstummen, den Jesus berührte und zu dem er sagte „Hephata –
tu dich auf“. Pfr. Dr. Havemann verband dies mit einer sehr persönlichen Familiengeschichte:
1945 war seine Großmutter eine junge Frau, die mit ihrer Mutter und ihrem Töchterchen
aus Tilsit bis Rathenow geflüchtet war. Nach einem Bombenangriff lag das Kleinkind
reglos in seinem Wäschekorb – tot? Nein, es lebte noch und wurde später seine –
des Pfarrers – Mutter. Auch der Korb hatte die Zeiten überstanden und war in der
Familie in Gebrauch. Niemand wusste um seine Geschichte – bis die Großmutter sie
vor kurzem erzählte. Diesen Wäschekorb hatte der Pfarrer mitgebracht. Leid und Heimatverlust
hatten viele Flüchtlinge stumm gemacht – und ihre Umwelt taub für das Schicksal
dieser Menschen. Es bedurfte der Berührung und der Bereitschaft zum Zuhören, damit
der andere sich öffnen und endlich sprechen konnte. Im Saal herrschte feierliche
Stille – so sehr hatte Pfr. Dr. Havemann die Ohren und Herzen seiner Zuhörer erreicht.
Sie erhoben sich zum Totengedenken mit dem Gedicht „Wagen an Wagen“ von Agnes Miegel,
begleitet vom Bläserstück „Ich bete an die Macht der Liebe“, und stimmten anschließend
in ihre Heimathymne - das Ostpreußenlied - ein.
Litauischer Botschafter
Zum zweiten Mal konnten die Ostpreußen in M-V den Botschafter der Republik Litauen
in Deutschland in ihrer Mitte begrüßen – diesmal S.E. Mindaugas Butkus, der seit
einem Jahr sein Land in Berlin vertritt und die Veranstaltung in Rostock mit seinem
Besuch beehrte. Der Botschafter betonte vor allem die 700-jährige deutsch-litauische
Nachbarschaft und das überwiegend fruchtbare Verhältnis Ostpreußen - Litauen. Dafür
stehen Namen wie Christian Donalitius, Dr. Wilhelm Storost-Vydunas, Johannes Bobrowski
und andere. Viele Ortsnamen auf den Schildern waren ihm bekannt. Und so lud er die
Teilnehmer zu Besuch in das heutige Litauen ein. Für seine Ausführungen erntete
der Botschafter nicht nur den Applaus der versammelten Ostpreußen und herzliche
Dankesworte, sondern auch echten ostpreußischen „Meschkinnes“ – eine Flasche Bärenfang.
Die Grüße der Landsmannschaft Ostpreußen überbrachte Hubertus Hilgendorf, Kreisvertreter
von Rastenburg. Weitere Grußworte entboten Holger Matthäus, Senator der gastgebenden
Hansestadt Rostock, MR Ulrich Hojczyk vom Kultusministerium M-V, Barbara Rużewicz
vom Dachverband der deutschen Vereine in Ermland-Masuren und Reinhard Wegener vom
Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge. In seiner Entgegnung berichtete Manfred
Schukat von zahlreichen Besuchen der Soldatenfriedhöfe in Ostpreußen, Pommern und
Schlesien mit seinen Heimatreisegruppen. Eine spontan durchgeführte Spendensammlung
erbrachte über 1.300,-€ für die umfangreiche Arbeit der Kriegsgräberfürsorge. Die
Feierstunde wurde in dankbarem Gedenken an 20 Jahre Wiedervereinigung mit dem stehend
gesungenen Deutschlandlied und einem Platzkonzert des Blasorchesters der Hansestadt
Rostock beendet.
Grüße aus der Heimat
In der Mittagspause mit Königsberger Klopsen war reichlich Gelegenheit zum Suchen
und Kennenlernen an den Tischen der Heimatkreise. Dicht umlagert wurden auch der
Anklamer Bücherstand mit Heimatliteratur, Landkarten, großen und kleinen Flaschen
„Bärenfang“, dessen Umsätze in die Deckung der Unkosten des Treffens fließen. Der
Bund Junges Ostpreußen, eine Bernsteinverkäuferin und der Handarbeitsstand der Schweriner
Ostpreußengruppe hatten ebenfalls regen Zuspruch. Zur Unterhaltung spielte das Harmonika-Duo
Ulla & Willi auf. Bei Kaffee und Kuchen am Nachmittag richteten sich alle Augen,
Fotoapparate und Kameras auf die mit Fahnen und leuchtenden Sonnenblumen festlich
geschmückte Bühne. Unter der professionellen Moderation von Heimatsänger Bernd Krutzinna
alias „Bernstein“ standen am Nachmittag viele Ensembles auf dem Programm. Zuerst
brachte der Shanty-Chor „De Klaashahns“ aus Rostock-Warnemünde stimmungsvolle Seemannslieder
und -potpourris zu Gehör. Die blauen Jungs hatten ihren Zuhörern zur Freude eigens
das Ostpreußenlied einstudiert. Zu diesem Treffen waren auch wieder etliche Landsleute
aus der Heimat eingeladen. Die Chöre der deutschen Vereine aus Lötzen, Heilsberg,
Bartenstein und Osterode hatten die weite und tagelange Anreise mit zwei Bussen
aus Ostpreußen bis nach Rostock nicht gescheut. Festlich gekleidet zeigten sie ihr
Können mit Heimatliedern und Gedichten. Das Tanzensemble der Jugendgruppe „Tannen“
aus Osterode präsentierte sich mit modern gestalteter Folklore. Eine Augenweide
war ebenfalls die Kinder- und Jugendtanzgruppe „SAGA“ aus Bartenstein, die mit hübschen
ostpreußischen Trachten und Volkstänzen aufwartete. Auch Heimatsänger Bernstein
brachte bekannte und neue, oft selbst verfasste Ostpreußenlieder aus seinem beliebten
Repertoire zu Gehör. Als engagierter Moderator verstand er es, einige Mitwirkende
an das Mikrofon zu holen und selber zu Wort kommen zu lassen. Vom Chor aus Memel,
der aus finanziellen Gründen leider nicht teilnehmen konnte, wurden die Grüße der
Vorsitzenden Magdalena Piklaps übermittelt. Zwischendurch gab es immer wieder Suchanfragen,
die per Mikrofon öffentlich ausgerufen wurden.
Großes Finale
Bis zuletzt ließ in der großen Stadthalle die frohe Stimmung der Ostpreußen nicht
nach. Zum „Großen Finale“ wurden alle Mitwirkenden auf die Bühne gerufen. Gemeinsam
stimmten sie mit den Besuchern noch einmal das Ostpreußenlied an und fassten sich
zum Zeichen der Verbundenheit an die Hände.
Ehe die Busse abfuhren, sprach Manfred Schukat das
Schlusswort. Er dankte der fleißigen Helferschar und lud die Ostpreußen ein
zum Deutschlandtreffen am 28. - 29. Mai 2011 in Erfurt sowie zum nächsten Landestreffen
M-V am 1. Oktober 2011 wieder in der Stadthalle Rostock. Im kommenden Jahr sind
ebenfalls zahlreiche Heimatfahrten geplant. Besonders erfreulich war, dass der NDR
die Veranstaltung filmte und am Abend einen Bericht im Nordmagazin sendete. Ostpreußen
bleibt weiterhin ein Thema, das hat dieses Landestreffen einmal mehr gezeigt.
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